Schulen geschlossenWie eine Schülerin den Distanzunterricht erlebt

Schulen geschlossen / Wie eine Schülerin den Distanzunterricht erlebt
Eine ganze Woche lang werden die Schüler aus Luxemburgs Grund- und Sekundarschulen zu Hause via Distanzkurs unterrichtet  Symbolbild: dpa/Ulrich Perrey

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Seit Montag und bis Ende der Woche funktioniert der Schulbetrieb in Luxemburg nur noch über den Distanzunterricht. Was das nun bedeutet und wie das funktioniert, erläutert das Tageblatt anhand der Erfahrung einer Schülerin, die zum ersten Mal am Online-Unterricht teilnimmt.

Elina ist aufgeregt. Zum ersten Mal in ihrem Leben soll sie nun an einer Videokonferenz ihrer Klasse teilnehmen. Die Klassenlehrerin hat ihren Zyklus 2 (1. und 2. Klasse) auf dem „Kannercampus Belval“ in zwei Gruppen eingeteilt, damit es übersichtlich bleibt. Einige Tage zuvor hatte sie den Eltern über den SMS-Dienst WhatsApp die Zugangsdaten für das Programm „MS-Teams“ samt Anleitung, wie man dieses auf dem Computer installiert, zugeschickt. Am Sonntag hat sie jedem Kind eine Mappe mit Arbeitsblättern im Briefkasten hinterlegt.

Kurz vor den Weihnachtsferien befanden sich die Infektionszahlen in Luxemburg auf Rekordniveau. Die Regierung sah sich gezwungen, striktere Maßnahmen zu ergreifen. Auch das Bildungsministerium von Claude Meisch sah sich infolgedessen dazu verpflichtet, den Präsenzunterricht eine Woche lang auf Eis zu legen. Das bedeutet allerdings nicht, dass die Schüler verlängerte Ferien haben. Diese Woche – also noch bis zum 8. Januar – werden Luxemburgs Schüler auf Distanz unterrichtet.

Die Devise „minimale Chancen für das Virus und maximale Chancen für die Bildung“ habe auch nach dieser Entscheidung mehr denn je Bestand, schreibt das Bildungsministerium auf seiner Webseite. Dennoch habe man organisatorisch das Limit erreicht, sagte Meisch am 22. Dezember auf einer Pressekonferenz. Mit bis zu 800 positiv getesteten Schülern und Lehrern innerhalb einer Woche sei es nun sehr schwierig, das Lernen, die Logistik und das Testing weiterhin zu gewährleisten.

Die Schule ist nicht völlig verschwunden

Montagmorgen, 10 Uhr. Elina sitzt vor dem Laptop. Ihr Vater, der am Vorabend das Programm draufgeladen hatte, zeigt ihr, wie man das Mikrofon und die Kamera aus- und einschaltet. Elina setzt sich vor den Laptop, ihre Eltern nehmen neben ihr Platz, um die technische Assistenz zu gewährleisten. Der Stuhl ist nicht hoch genug, Elinas Gesicht passt nicht ganz aufs Bild. Ihr Vater passt den Winkel des Bildschirms an. Nun funktioniert es besser.

Eine knappe Stunde dauert Elinas erster Online-Unterricht. Die anfängliche Aufgeregtheit weicht langsam, aber sicher einer gewissen Beruhigung, dass die Schule nicht völlig aus ihrem Alltag verschwunden ist. Sichtlich gerührt ist Elina beim Anblick der Gesichter ihrer Klassenkameraden und der Lehrerin. Die Kinder dürfen darüber erzählen, was sie in den Ferien erlebt haben. Wer nicht spricht, sollte das Mikrofon ausschalten, so die Anweisung der Lehrerin, da sonst die Hintergrundgeräusche aus den verschiedenen Haushalten die Stimme jener, die gerade reden, teils überdecken. Die Kinder haben viele Fragen. Dazu strecken sie die Hand aus oder klicken bei Teams die Funktion „Hand hoch“ an. Die Lehrerin gibt Erklärungen zu den Arbeitsblättern und zum Pensum, das in dieser Woche ansteht. Gemeinsam singen sie ein Lied.

Bei eventuellen Schwierigkeiten dürfen sich die Kinder bzw. deren Eltern stets bei der Lehrerin melden. Einige Schüler, bei denen niemand zu Hause helfen kann, unterrichtet die Lehrerin jeden Tag über Teams.

Jeden Tag sollen die Eltern die jeweils abgearbeiteten Arbeitsblätter abfotografieren und der Lehrerin zusenden, damit sie diese korrigieren kann. Jede Gruppe wird sich alle zwei Tage für jeweils eine Stunde über Teams digital austauschen. Die restliche Zeit arbeiten die Schüler die Arbeitsblätter ab, die für den jeweiligen Tag vorgesehen sind. Nicht zwingend, aber freiwillig können die Kinder zusätzliche Aufgaben, unter anderem über die App „Anton“, lösen. Bei eventuellen Schwierigkeiten dürfen sich die Kinder bzw. deren Eltern stets bei der Lehrerin melden. Einige Schüler, bei denen niemand zu Hause helfen kann, unterrichtet die Lehrerin jeden Tag über Teams.

Alle Schüler sollten sich testen lassen

Laut Vorgabe des Bildungsministeriums soll in den Grundschulen während dieser Woche das Erlernte des ersten Trimesters wiederholt werden. In den Sekundarschulen, die aufgrund der Corona-Krise dieses Schuljahr nicht mehr in Trimester, sondern in Semester eingeteilt wurden, stehen dagegen nicht die Wiederholungen im Fokus. Hier soll Neues erlernt werden. Das Schulprogramm wird also über den Distanzunterricht fortgesetzt. Prüfungen, auch für die Abiturklassen, werden in dieser Woche ausgesetzt. Für die Primaner wird das Semester, das bis zu den Karnevalsferien dauert, um eine Woche verlängert.

Der Regionaldirektor der Grundschulen in der Region Sanem, Philippe Kloos, erläutert in einem Brief an die Eltern einige Punkte zur Organisation in der Woche vom 4. Januar. So schreibt Kloos einen punktuellen und täglichen Austausch zwischen den Klassenlehrern und ihren Schülern über die Plattform „Teams“ vor, um die didaktische und pädagogische Begleitung sicherzustellen. Ein fortlaufender Distanzunterricht während der gesamten Schulstunden ist dagegen nicht vorgesehen. Für den Zyklus 1, also die „Spillschoul“, gelten besondere Regeln. Hier soll der Distanzunterricht den Bedürfnissen der Schüler angepasst werden.

Die Distanzunterrichtswoche wurde eingeführt, um Infektionsketten zu unterbrechen und um die Anzahl positiver Fälle in den Schulen herunterzuschrauben. In diesem Zusammenhang wurden präventiv auch Einladungen zum „Large Scale Testing“ an sämtliche Schüler und Lehrkräfte verschickt. Kloos erinnert in seinem Brief an die Eltern daran, wie wichtig es ist, dass sich die Schüler vor Schulbeginn am 11. Januar testen lassen. Eltern, deren Kinder an jenem Tag Symptome von Covid-19 aufweisen, sollten diese nicht in die Schule schicken. Auch Kinder, deren Testresultat noch offenstehe, sollten an diesem Tag zu Hause bleiben.

In der jetzigen Woche finden auch der Musikunterricht und die Erwachsenenbildung ausschließlich in digitaler Form statt. Betreuungseinrichtungen wie „Crèches“, „Maisons relais“ und „Foyers de jours“ wurden bereits am 28. Dezember geschlossen und werden erst am 11. Januar ihre Türen wieder öffnen. Eltern, die keine Betreuungsmöglichkeiten für ihre Kinder haben, können während dieser Zeit auf den „Congé pour raisons familiales“ zurückgreifen. Sämtliche außerschulische Aktivitäten müssen bis zum 11. Januar ebenfalls ausgesetzt werden. Dazu zählen unter anderem Jugendhäuser, Pfadfinder-Vereinigungen sowie Vereine im Allgemeinen.

Schouldoheem.lu

Die Webseite schouldoheem.lu des Bildungsministeriums bietet Schülern und Lehrern der Grundschule ab dem heutigen Dienstag täglich vier bis fünf Unterrichtseinheiten zu je 30 bis 45 Minuten. Diese Sequenzen werden per Livestream von 9.15 Uhr bis 16.45 Uhr ausgestrahlt. Laut Bildungsministerium haben diese Einheiten den Anspruch, gefällig und amüsant zu sein. Sie sollen sich einfach in das Schulprogramm einfügen lassen und decken folgende Aktivitäten ab: Theater, Musik, Tanz und Coding. Auch Eltern können mit reinschauen und an den Aktivitäten teilnehmen. Das Angebot auf schouldoheem.lu wurde einerseits von Mitarbeitern der Webseiten, die dem Script („Service de coordination de la recherche et de l’innovation pédagogiques et technologioques“) unterstehen, entwickelt. Dazu gehören mimamu.lu („Mir maache Musek“) und makedra.lu („Maach (k)een Drama“). Andererseits waren auch spezialisierte Lehrer in Digitalkompetenzen sowie der „Ecole nationale de l’éducation physique et des sports“ an der Entwicklung beteiligt. Das Programm kann über den Link schouldoheem.lu/on-air abgerufen werden und ist in fünf Sprachen verfügbar.