MonarchieVor einem Jahr starb Großherzog Jean: Zwischen Symbol und Empathie

Monarchie / Vor einem Jahr starb Großherzog Jean: Zwischen Symbol und Empathie
Kondolenzbuch für die Symbolfigur Jean de Luxembourg Foto: Editpress

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Vor einem Jahr verlor Luxemburg mit Großherzog Jean eine Symbolfigur, aber auch einen zuvorkommenden, vielseitig interessierten Menschen. Ein emotionaler Rückblick.

Bereits seine Geburt am 5. Januar 1921 war ein Ereignis. Der kleine Prinz war der erste männliche Nachfolger der Nassauer Dynastie, der in Luxemburg das Licht der Welt erblickte. Erst drei Jahre zuvor hatte seine Mutter unter schwierigen Voraussetzungen ihr Amt übernommen und war bemüht, Sympathie und Vertrauen der Bevölkerung zu gewinnen. Nach politisch und persönlich schmerzhaften Jahren war ein männlicher Nachfolger willkommen, um die Vergangenheit zu löschen. Für die mehrheitlich katholische Bevölkerung Luxemburgs war es zudem nicht unwichtig, dass Papst Benedikt XV. die Patenschaft übernahm.

Zusammen mit vier Schwestern und einem Bruder wuchs Prinz Jean auf Schloss Berg auf, eingeschult unter der Obhut von Marie Knaff, die schon seine Mutter unterrichtet hatte und von den Kindern liebevoll „Maman Joffer” genannt wurde. Prinz Félix sorgte dafür, dass das Programm dem im Land üblichen Niveau entsprach. Auch die Landessprache musste der junge Prinz lernen, bevor er 1934, mit gerade mal 13 Jahren, ins Benediktiner-College im britischen Ampleforth geschickt wurde.

Er erhielt dort eine klassische Ausbildung, studierte Latein und Griechisch, moderne Wissenschaften und Sprachen. Er konnte Luxemburgisch, Englisch, Französisch, Deutsch und Italienisch. Auch sportlich war er aktiv, spielte Tennis, Fussball und Rugby, war ein guter Reiter und ein hervorragender Schütze, was sehr nützlich war, als der Prinz in die militärische Sektion überwechselte, wo künftige Offiziere auf ihre Aufgaben vorbereitet wurden.

1938, mit knapp 17 Jahren, kam der Thronfolger nach Luxemburg zurück. Hier wurde er zunächst wieder privat unterrichtet und besuchte dann den „Cours supérieur“. Seine letzte Chemiestunde war am 9. Mai 1940, unmittelbar vor der Flucht. Am 5. Januar 1939, bei seiner Großjährigkeit, wurde Prinz Jean offiziell Erbgroßherzog und Leutnant der Freiwilligenkompagnie. An der Seite seiner Mutter war er am 22. und 23. April 1939 bei den Feiern zum 100. Jubiläum der Unabhängigkeit, die angesichts der drohenden Entwicklung im Nachbarland eine ganz besondere Bedeutung bekamen.

Schnelle Reife

Der Ausbruch des Krieges ließ den eher zurückhaltenden, noch sehr jungenhaften Prinzen heranreifen. Die Überfahrt in die USA unternahm er an der Seite seines Vaters, sein Studium an der Laval-Universität in Québec meisterte er jedoch allein, daneben war er in die amerikanischen Good-Will-Tours seiner Mutter eingebunden, bereiste die Vereinigten Staaten und Südamerika.

Gleichzeitig war in Luxemburger Exilkreisen die Rede eines militärischen Engagements des Erbgroßherzogs. Das wurde im Herbst 1942 Wirklichkeit, als Prinz Jean zu den Irish Guards ging, wo er im Februar 1944 im 3. Bataillon den aktiven Wehrdienst antrat.

„Von da an bereiteten wir aktiv die Landung in der Normandie vor“, schrieb Großherzog Jean in einem Beitrag des „Guards Magazine“. Am 11. Juni ist er in der Normandie, in der Nähe von Bayeux, gelandet, zehn Tage später folgte sein Bataillon, das sofort in die Befreiung der Stadt Caen eingebunden wurde. Er war bei der Befreiung von Brüssel, als am 7. September der Befehl kam, zusammen mit seinem Vater, der in der US-Armee engagiert war, nach Luxemburg zu fahren. Seine Anwesenheit am 10. September und der begeisterte Empfang der Bevölkerung sind Teil seiner Legende. „… without doubt one of the great occasions in my life”, so der Großherzog. Den Konktakt zu den „Irish Guards” hat er sein Leben lang intensiv gepflegt, noch mit über 70 Jahren nahm er neben der Queen das „Trooping the Colors” ab.

Durch seine aktive Rolle bei der Befreiung des Landes hatte der Erbgroßherzog die Herzen und das Vertrauen der Luxemburger gewonnen. Den Wiederaufbau begleitete er als Mitglied des Staatsrates und Chef der internationalen Wirtschaftsmissionen. Er vertrat seine Eltern bei der Hochzeit der künftigen Königin Elizabeth und in Den Haag bei der Krönung von Königin Juliane.

Am 9. April 1953 heiratete er die belgische Prinzessin Joséphine-Charlotte. Das Paar hatte fünf Kinder, wovon der heutige Großherzog Henri das zweite ist. Die familiäre Beziehung war sehr eng, Großherzog Jean ein sehr herzlicher und liberaler Vater. Am 28. April 1961 wurde der Erbgroßherzog zum Lieutenant-Représentant seiner Mutter ernannt, am 12. November 1964 trat er ihre Nachfolge an. Das Ereignis war von Bedeutung: Zum ersten Mal vollzog sich der Thronwechsel gewollt und vorbereitet in einem friedlichen Umfeld.

Charisma und Respekt

Hatte er zunächst noch in ihrem Schatten gestanden, so gewann Großherzog Jean sehr schnell jedoch deutlich an Charisma, nicht zuletzt im Kampf um die wirtschaftliche Neugestaltung unseres Landes. Die Stahlindustrie war beim Thronwechsel zwar noch auf ihrem Höhepunkt, die Risiken des industriellen Monolithismus jedoch schon spürbar.

Auch die Gesellschaft war im Wandel. Schweren Herzens und gegen seine persönliche Überzeugung unterzeichnete Großherzog Jean 1974 das erste Gesetz zur Bewilligung der Abtreibung. „Ich respektiere den Willen des Volkes“, hatte er damals gesagt. Mit dem Aufschwung des Finanzsektors konnte Luxemburg den Einbruch der Stahlindustrie verhältnismäßig schnell überwinden, auch hier dank der engagierten Hilfe des Landesfürsten, der sämtliche große Bauprojekte aus der Nähe verfolgte. Mit dieser Entwicklung einher ging der Aufbau einer umfassenden Sozialhilfe.

Without doubt one of the great occasions in my life

Großherzog Jean über die Befreiung Luxemburgs

Auch zum internationalen Renommee hat Großherzog Jean dank der im Krieg entstandenen engen Verbindungen zu Großbritannien viel beigetragen. Er hat auch den Aufbau Europas begleitet, genau wie die ÖffnungOsteuropas und die Entwicklung des Satelliten-Standortes.

Geholfen hat ihm eine große politische Stabilität. Lediglich vier Regierungschefs (Pierre Werner, Gaston Thorn, Jacques Santer und Jean-Claude Juncker) begleiteten seine 36-jährige Amtszeit. Er selbst achtete streng auf seine politische Neutralität. Interviews hat er nie gegeben, er hat in seinen Ansprachen auch keine kontroversen Themen aufgegriffen, sondern über Lebensqualität und Menschenrechte gesprochen. Im Namen des Volkes hat Großherzog Jean am 8. Mai 1986 den Internationalen Karlspreis entgegengenommen.

Persönliche Interessen

Bekannt war die enge Verbundenheit des Großherzogs zur Natur, seine Liebe zur Fotografie und zur Musik. Er war auch ein begeisterter Sammler von Briefmarken und Porzellan sowie von Büchern, die aus der Bibliothek auf Schloss Berg eine der größten des Landes machten. Er hat zudem eine umfangreiche Sammlung an Eskimo-Kunst zusammengetragen.

Großherzog Jean war ein guter Sportler und engagierter Förderer des Sportes. Am 3. September 1946 wurde er Mitglied des Internationalen Olympischen Komitees, das er am 6. Februar 1998 als dienstältestes Mitglied verließ. Er war dabei, als Josy Barthel 1952 in Helsinki die erste und bisher einzige Goldmedaille gewann. Er hat in seiner Amtszeit alle olympischen Begegnungen vor Ort verfolgt, hat sich aber auch für die Spiele der Kleinen Länder Europas eingesetzt und sich bis ins hohe Alter hinein für die Tour de France interessiert. Er liebte und pflegte die Begegnungen mit der Sportwelt.

Genauso aktiv war der Großherzog ab 1945 bei den Pfadfindern. Als Chef-Scout nahm er an zahlreichen Versammlungen und Begegnungen teil und wurde 1995 von König Carl Gustaf von Schweden mit dem „Loup de Bronze“ ausgezeichnet, der nur an Personen geht, die dem Weltpfadfindertum außergewöhnliche Dienste leisten.

Nachdem er die Verantwortung am 7. Oktober 2000 seinem Sohn Henri übertragen hatte, zog sich Großherzog Jean weitgehend aus dem öffentlichen Leben zurück. Er pflegte jedoch stets ein offenes Haus, in dem seine Freunde, seine fünf Kinder, 21 Enkelkinder und zehn Urenkel stets willkommen waren.

Zehn Tage nach seinem Tod wurde der Großherzog am 4. Mai 2019 mit allen zeremoniellen Ehren von seiner Familie, Vertretern vieler europäischer Königshäuser, von Sportlern, Pfadfindern, Kunstfreunden und natürlich von der Luxemburger Bevölkerung in einer bewegenden Zeremonie beigesetzt.

Joëlle
23. April 2020 - 20.41

Kënnt der net einfach eng Joermass kafen an eis net mat sou zoufällegen Datums-'Neiegkeete' verschounen?