CoronavirusTausche Horn gegen Hörer: Militärmusiker helfen in Hotlinezentrale der Regierung

Coronavirus / Tausche Horn gegen Hörer: Militärmusiker helfen in Hotlinezentrale der Regierung
Die Hotline-Zentrale unter der Koordination des CGDIS: Ungewohntes Terrain für die Militärmusiker Foto: CGDIS

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Sergent Pit Keller ist Musiker in der Militärmusik, Lieutenant-Colonel Jean Claude Braun sein Dirigent. Eigentlich, denn in Zeiten der Krise hat sich das grundlegend geändert. Der Musiker hat sein Horn gegen einen Telefonhörer getauscht, ein Dreiergespann hat die Leitung der „Musique militaire grand-ducale“ übernommen: CGDIS, Ärzte und Mitarbeiter aus dem Wirtschaftsministerium dirigieren momentan die Militärmusiker, die in der kurzfristig eingerichteten Hotline-Zentrale der Regierung aushelfen.

Seit vergangenem Donnerstag hat sich das Arbeitsumfeld von Sergent Pit Keller grundlegend geändert. Durch die Ausbreitung des Coronavirus wurden alle Konzerte der großherzoglichen Militärmusik bis auf Weiteres abgesagt. Auch in den Proben kann der nötige Sicherheitsabstand nicht eingehalten werden, sodass der reguläre Betrieb erst mal eingestellt werden musste. „Am vergangenen Freitag hätten wir ein Konzert in Mersch spielen sollen. Das wurde am Donnerstagabend abgesagt“, erklärt Keller. Dass die Militärmusiker schon am Wochenende zum Telefonhörer greifen würden, war zu diesem Zeitpunkt keinem bewusst. „Wir haben eigentlich am Abend aus der Presse erfahren, dass wir beim CGDIS aushelfen sollten.“

Dann ging alles sehr schnell. Freitagmorgens wurden die Musiker in einem Briefing von ihrer neuen Aufgabe offiziell unterrichtet, am Samstagmorgen saßen die ersten bereits in der CGDIS-Zentrale. „Um 6 Uhr war Einsatzbesprechung, die vom CGDIS, medizinischem Fachpersonal und Vertretern aus dem Wirtschaftsministerium geführt wurde. Um 7 Uhr fing unsere erste Schicht an.“

Die Telefonzentrale besteht aus vier Räumen. In zwei davon sitzen die Militärmusiker, freiwillige Helfer und Mitarbeiter des CGDIS. Im dritten und vierten Saal sind die Vertreter des Wirtschaftsministeriums und die Ärzte untergebracht. „Bei spezifischen Fragen, die wir Laien nicht beantworten können, halten wir Rücksprache mit den Experten oder leiten die Anrufe weiter.“

Komplette Überlastung

Vor allem am Anfang wurden die Experten stark in Anspruch genommen: „Die Ärzte waren zu Beginn wegen der vielen Anrufe komplett überlastet. Deshalb wurde eine Checkliste für uns erstellt, auf der Fragen und Antworten zu Symptomen und andere relevante Informationen vermerkt sind.“ Schnell wurde auch die Präsenz der Musiker von drei auf fünf bis sechs Personen hochgestuft und die Schichten wurden verlängert, um alle Anrufe beantworten zu können. „Insgesamt sind bis zu 24 Personen in der Zentrale von 6 bis 23 Uhr im Einsatz.“

Ein wesentlicher Unterschied zum sonstigen Alltag der Musiker. Jeden Morgen treffen sie sich eigentlich zum gemeinsamen Proben. Am Nachmittag hat dann jeder Zeit für sich, um noch einmal über die Partituren zu schauen und besonders schwierige Passagen einzustudieren. Anstelle von Musiknoten werden jetzt Formulare aufgeschlüsselt. Ob auf die Musiker noch weitere Aufgaben zukommen, stehe noch offen, so der Sergent.

Ärzte entscheiden

Bei jedem eingehenden Anruf wird unterschieden: Ruft die Person wegen gesundheitlicher Fragen oder wegen der Arbeit an? „Bei gesundheitlichen Fragen müssen wir die Symptome vermerken und ob die Person zu einer Risikogruppe gehört oder nicht. Das Formular wird anschließend den Ärzten übergeben, die dann über die weitere Vorgehensweise entscheiden“, schildert Pit Keller. 

„Die meisten wollen eigentlich wissen, was zu tun ist, wenn sie mit jemandem in Kontakt waren, der positiv getestet wurde“, resümiert Keller den Großteil der Anrufe. Fragen, wie bei leichten Symptomen vorgegangen werden soll, sowie zu den Grenzschließungen stehen auf den Plätzen zwei und drei. 

Home-Office für Militärmusiker

Jeder Musiker, der nicht zu einer Risikogruppe gehört oder wegen Kinderbetreuung zu Hause bleibt, muss derzeit aushelfen. „Schätzungsweise muss ich jede vierte bis fünfte Schicht in der Zentrale besetzen“, sagt Pit Keller. Und wenn die Musiker nicht gerade in der Zentrale sind? „Home-Office, wie jeder andere auch“, antwortet Keller lachend. „Mein Horn liegt griffbereit hier neben mir auf der Couch.“ Auch wird von der Zwangspause profitiert, um alte Partituren auf dem Computer neu abzutippen. „Einige alte Notenblätter fallen fast auseinander, das war dringend notwendig.“

In der Hotline wurde es in letzter Zeit etwas ruhiger: „In der letzten Schicht kamen schätzungsweise jede 20 bis 30 Minuten ein Anruf bei mir rein. Besonders nach den Regierungserklärungen oder Pressekonferenzen haben die Leute öfters angerufen: „Sie waren verunsichert und wussten nicht, was die Maßnahmen konkret bedeuten.“ Ein Datum, wann die Musiker wieder zum gemeinschaftlichen Proben zusammenkommen können, gibt es allerdings noch nicht, alle Konzerte wurden bis einschließlich 19. April abgesagt. Ehe also wieder die ersten Noten im Probesaal erklingen, heißt es bis auf Weiteres: „Hotline vun der Regierung, gudde Mëtteg.“

Wie schützt man sich am besten vor einer Ansteckung?

Die Schutzmaßnahmen sind die gleichen wie bei anderen Infektionen der Atemwege: Hände regelmäßig und gründlich waschen, in den Ellbogen oder in ein Papiertaschentuch niesen und das Taschentuch sofort in einem abgedeckten Mülleimer entsorgen, Händeschütteln und Küssen vermeiden, von engem Kontakt mit kranken Menschen absehen, zu Hause bleiben, wenn man krank ist, und es unterlassen, das Gesicht mit den Händen zu berühren.

Seit dem 2. März 2020 ist eine Hotline für die Öffentlichkeit unter der Nummer 80 02 80 80 in Betrieb.

Menschen mit Symptomen einer Infektion oder solche, die aus einem Risikogebiet zurückkehren, sollen nicht zum Arzt oder in die Notaufnahme gehen, sondern die Nummer 80 02 80 80 (oder im Notfall 112) anrufen. Darüber hinaus sollten sie von Besuchen bei gefährdeten Personen absehen.

Das Coronavirus im Steckbrief

– Name: Coronavirus, Covid-19
– Übertragungsweg: Tröpfcheninfektion
– Am meisten betroffene Körperregion: Lungen
– Symptome: trockener Husten, Fieber, Atemnot
– Inkubationszeit: bis zu 14 Tagen
– Gefährlich besonders für ältere Menschen oder Personen, die schon (schwere) gesundheitliche Probleme haben