Überraschung im AmokprozessTatverdächtiger war Top-Zeuge in Trierer Totschlagsverfahren

Überraschung im Amokprozess / Tatverdächtiger war Top-Zeuge in Trierer Totschlagsverfahren
Aktuell muss sich der 52-Jährige als mutmaßlicher Täter vor dem Landgericht Trier verantworten Foto: dpa/Harald Tittel

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Ein unerwartetes Detail am Rande des Amokfahrerprozesses: Der 52-jährige Angeklagte ist im Trierer Landgericht kein Unbekannter. Vor sieben Jahren sagte er in einem Totschlagprozess als Zeuge aus. Hat das Auswirkungen auf das aktuelle Verfahren?

Der wegen der Amokfahrt durch die Trierer Fußgängerzone mit vielen Toten und Verletzten angeklagte 52-jährige Mann hat in einem früheren Totschlagsprozess am Landgericht als einer der Hauptbelastungszeugen ausgesagt. Diese Informationen unserer Zeitung wurden am Mittwoch von mehreren Quellen aus Justizkreisen bestätigt. Ob und inwiefern dies im derzeit laufenden Mordprozess eine Rolle spielen wird, ist noch unklar.

Angeklagter sagte schon mal vor dem Landgericht aus

Der Angeklagte war demnach vor sieben Jahren Zeuge im Prozess um den gewaltsamen Tod eines 68-jährigen Mannes in einer Kleingartenanlage zwischen den Trierer Stadtteilen Zewen und Euren. Hintergrund war ein seit Jahren schwelender Nachbarschaftsstreit zweier Kleingärtner, der schließlich an einem Tag im März 2014 eskaliert war. Der 68-Jährige wurde von einem sieben Jahre jüngeren Nachbarn mit einem Kleinkalibergewehr durch einen Schuss in die Brust getötet.

Der jetzt angeklagte mutmaßliche Amokfahrer hatte damals seinem Kumpel, dem späteren Opfer, bei der Gartenarbeit geholfen, als er plötzlich Schreie und einen Schuss hörte. „Ich lief hin, sah ihn dort liegen“, schilderte der Zeuge seinerzeit in der auf die Gewalttat folgenden Verhandlung das Geschehen. Er selbst habe seinen tödlich verletzten Freund noch in die Seitenlage gelegt, der Schütze auf seine Aufforderung hin den Notarzt gerufen. Für den Getroffenen kam aber jede Hilfe zu spät.

Das Landgericht verurteilte den 61-jährigen Täter später wegen Totschlags und unerlaubten Waffenbesitzes zu einer siebeneinhalbjährigen Gefängnisstrafe. Der jetzt wegen der Amokfahrt angeklagte Trier-Zewener hatte seinerzeit durch seine Zeugenaussage mit zu einer Verurteilung beigetragen. Eine zusätzliche Besonderheit ist, dass mit der Vorsitzenden Richterin Petra Schmitz, Oberstaatsanwalt Eric Samel und Rechtsanwalt Andreas Ammer seinerzeit drei Juristen an dem Totschlagsprozess beteiligt waren, die auch im aktuellen Amokfahrerprozess wieder dabei sind.

Zeuge identifiziert den mutmaßlichen Amokfahrer

Die Besonderheit am vierten Verhandlungstag: Erstmals hat ein Zeuge am Mittwoch den Angeklagten eindeutig als den Mann identifiziert, der mit dem Geländewagen am 1. Dezember 2020 durch die Trierer Fußgängerzone gerast sein soll und dabei laut Staatsanwaltschaft fünf Menschen getötet und Dutzende teils schwer verletzt hat. „Der Mann ist ja hier“, antwortet der 17-Jährige auf eine Frage der Vorsitzenden Richterin Petra Schmitz. Auf Nachfrage eines Beisitzers zeigte der Zeuge dann im Gerichtssaal auf den rechts von ihm sitzenden 52-jährigen Angeklagten.

Die an den vorausgegangenen Prozesstagen befragten Polizisten hatten den Angeklagten zwar auch als den mutmaßlichen Amokfahrer identifiziert. Allerdings hatten sie den Tatverdächtigen erst gesehen, nachdem er seinen Wagen in der Christophstraße unweit der Porta Nigra abgestellt und verlassen hatte und rauchend hinter seinem Fahrzeug stand.

Ein anderer Zeuge sagte am dritten Verhandlungstag auf die Frage eines Rechtsanwalts, dass der Angeklagte dem am 1. Dezember 2020 von ihm gesehenen Tatverdächtigen ähnele, er ihn aber kräftiger in Erinnerung habe. Von einem kräftigen, kahlgeschorenen Mann sprachen im bisherigen Verlauf des Mordprozesses auch weitere Zeugen, die den Amokfahrer zumindest kurz zu Gesicht bekommen hatten. Einig waren sich bislang aber alle vom Landgericht gehörten Zeugen, dass sie außer dem Fahrer keine weitere Person in dem erheblich beschädigten Geländefahrzeug gesehen haben.

Der Angeklagte selbst hat sich bislang weder zu den Vorwürfen noch zu seiner Person geäußert. Der Prozess wird am Freitag fortgesetzt. Insgesamt sind bis Januar 25 Verhandlungstage terminiert.

Rosie
26. September 2021 - 16.45

"Hat das Auswirkungen auf das aktuelle Verfahren?" Hat das Auswirkungen auf das Totschlagsurteil?