LuxemburgTäglich 1,2 Milliarden Euro weniger: Wachstum am Fondsplatz gerät ins Stocken

Luxemburg / Täglich 1,2 Milliarden Euro weniger: Wachstum am Fondsplatz gerät ins Stocken
Über die Jahre hat sich die „Steuer auf Investmentfonds“, nach den Steuern auf Privateinkommen, der Mehrwertsteuer, den Unternehmenssteuern und den Zöllen und Akzisen, zur fünftwichtigsten Geldquelle des Staates entwickelt Foto: Editpress/Fabrizio Pizzolante

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Während vielen Jahren hat der Sektor der Investmentfonds den Finanzplatz angetrieben. Seit 2022 scheint es nun jedoch mit dem explosionsartigen Wachstum vorbei zu sein. Zwischen Dezember 2021 und Oktober 2023 ist das von Luxemburger Fonds verwaltete Geldvermögen täglich um 1,2 Milliarden Euro geschrumpft.

Der weltweite Vertrieb von Investmentfonds ist seit vielen Jahren eine Erfolgsgeschichte für den Luxemburger Finanzplatz. Innerhalb der letzten zehn Jahre wurde das von dem Sektor verwaltete Geldvolumen mehr als verdoppelt. 2009 lag die Summe der investierten Gelder noch weit unter 2.000 Milliarden Euro (1.526,6 Milliarden). Die 3.000-Milliarden-Marke wurde 2014 überschritten – die 4.000-Milliarden-Marke nur drei Jahre später. Anfang 2021 wurde die 5.000-Milliarden-Marke durchbrochen.

Auch im Dezember 2021 lief es noch rund. Um mehr als 100 zusätzliche Milliarden stieg das von den Luxemburger Fonds verwaltete Kapital auf die fast unvorstellbar hohe Rekordsumme von 5.859 Milliarden Euro. Die Marke von 6.000 Milliarden Euro geriet in Reichweite. Doch dazu sollte es nicht mehr kommen. Im Gegenteil.

Mit dem Aufmarsch an der Grenze und dem späteren Einmarsch der russischen Truppen in der Ukraine brach die Zuversicht in die weitere wirtschaftliche Entwicklung ein. An den Börsen taumelten die Kurse nach unten. Die von den Fonds gekauften Wertpapiere verloren an Wert. Ende Dezember 2022 verwalten die Fonds am Finanzplatz Luxemburg „nur“ noch 5.028,5 Milliarden Euro. Ein Minus von 831 Milliarden Euro (oder 14,8 Prozent), verglichen mit den Zahlen vom Vorjahr.

Es war eines der schlechtesten Jahre überhaupt für die Branche hierzulande. In den zehn Jahren zuvor war das Geldvolumen in den Luxemburger Fonds im Schnitt um 376,3 Milliarden Euro pro Jahr gewachsen. Selbst im Corona-Jahr 2020 war ein Zuwachs (plus 254,9 Milliarden) verbucht worden. Das letzte Mal, dass ein ähnlich starkes Minus verbucht wurde, war im Jahr der Finanzkrise von 2008.

Von dem Einbruch in 2022 scheint sich die Branche 2023 noch nicht zu erholen, auch wenn es zu Jahresbeginn nach neuem Wachstum ausgesehen hatte. Im Monat Oktober (letzte verfügbare Zahlen) lag das Volumen der von Luxemburger Fonds verwalteten Geldern nur noch bei 5.008 Milliarden Euro, wie die Finanzaufsicht CSSF letzte Woche in einer Pressemeldung mitgeteilt hat. Das letzte Mal, dass die Branche weniger Geldvermögen unter Verwaltung hatte, war vor mehr als zwei Jahren, im Dezember 2020.

Investoren ziehen Gelder ab

Erschwerend für den Finanzplatz kommt hinzu, dass 2023, wie auch bereits 2022, Investoren mehr Geld aus den Luxemburger Fonds herausnahmen, als sie in ihnen neu anlegten. Das zeigen Zahlen der Zentralbank.

In den ersten zehn Monaten 2023 hat die Branche an den Märkten ein Plus von fast 43 Milliarden Euro für ihre Kunden erwirtschaftet. Trotzdem haben die Investoren bisher (netto) 63 Milliarden Euro aus den Luxemburger Fonds abgezogen. 2022 war es ein Minus von netto 168 Milliarden Euro. 2021 hatten sie noch 394 neue Milliarden in Luxemburger Fonds eingebracht.

Der Rückgang der Vermögenswerte in den Fonds hat Folgen für den Finanzplatz. Er belastet die Aktivitäten und die Wertschöpfung von Dienstleistern und Depotbanken. Vereinfacht gesagt: Auf „kleineren“ Summen gibt es kleinere Kommissionen zu erwirtschaften. So war das Geschäft mit den Kommissionen, die die Banken auf Finanzgeschäften erwirtschaften, im ersten Halbjahr um 6,6 Prozent spürbar rückläufig.

Auch die Zahl der Fonds schrumpft

Wichtig für den Standort ist zudem nicht nur das verwaltete Geldvolumen. Für die Beschäftigung am Finanzplatz ist die Zahl der Fonds das wichtigere Kriterium. Im Schnitt heißt es, dass jeder Fonds rund drei Jobs im Land schafft. Die schlechte Neuigkeit: In den letzten Jahren ist die Zahl der Fonds spürbar geschrumpft. Während es laut Zahlen der Zentralbank Ende Dezember 2016 insgesamt 4.144 Fonds in Luxemburg gab, ist ihre Zahl im März 2018 unter die Marke von 4.000 gefallen. 2020 fiel ihre Zahl auf unter 3.700. Im Dezember 2022 waren es nur noch 3.377 Fonds. Im Oktober 2023 nun nur noch 3.303.

Marktanteile im ersten Halbjahr 2023
Marktanteile im ersten Halbjahr 2023

Dennoch kann sich der Sektor auch weiterhin sehen lassen: Das Großherzogtum ist nach wie vor der zweitwichtigste Fondsstandort weltweit – nach den USA. Was Fonds angeht, die grenzüberschreitend verkauft werden, ist Luxemburg die Nummer eins.

Insgesamt 8,1 Prozent aller Gelder, die weltweit in Fonds angelegt werden, waren Mitte 2023 in Luxemburger Fonds investiert, wie Zahlen vom Branchenverband Efama zeigen. Das ist deutlich mehr als in anderen Ländern: Irland hat 5,9 Prozent Weltmarktanteil, Deutschland 4 Prozent, Frankreich 3,4 Prozent. Doch der Wettbewerb ist hart: Vor vier Jahren hielt Luxemburg noch einen weltweiten Marktanteil von 9 Prozent. Vor neun Jahren waren es 9,4 Prozent.

Der Sektor der Investmentfonds bleibt ein wichtiger Bestandteil der Luxemburger Wirtschaft. Ein kleiner Teil der riesigen Summe bleibt bei den Firmen, etwa als Bearbeitungsgebühren. Die Branche beschäftigt einige Tausend Mitarbeiter hierzulande.

Auch für die Steuereinnahmen ist der Bereich von Bedeutung: Neben den Abgaben auf Gehältern und Gewinnen zahlt die Branche zusätzlich eine Steuer auf dem verwalteten Geldvolumen. Allein im Jahr 2021 hatte diese „Taxe d’abonnement“ einen Rekord von 1,3 Milliarden Euro in die Staatskasse gespült. Seit 2018 handelt es sich um mehr als eine Milliarde Euro pro Jahr. Zum Vergleich: Die jährlichen Einnahmen und Ausgaben des Luxemburger Staates liegen bei etwas über 20 Milliarden Euro.

Aktuell jedoch ist die Summe der Steuereinnahmen, bedingt durch das kleinere Geldvolumen, wieder leicht gesunken. Mit dem explosionsartigen Wachstum dürfte es vorerst vorbei sein. In ihrem Koalitionsabkommen hatte die neue Regierung erklärt, die Möglichkeit analysieren zu wollen, die „Taxe d’abonnement“ für manche Arten von Investmentfonds, etwa für nachhaltige oder aktiv verwaltete ETF-Fonds, zu senken.

Die Maßnahme ist gedacht als Stärkung des Finanzplatzes, im Wettbewerb der Standorte. In drei Monaten, von April bis Juni, war das Fondsvermögen in Luxemburg, Efama (European Fund and Asset Management Association) zufolge, um 26,5 Milliarden geschrumpft. Europaweit ist das Volumen der in Fonds investierten Gelder jedoch um fast 10 Milliarden gewachsen. Besonders stark zugelegt hat das verwaltete Vermögen in den drei Monaten in Irland (9,7 Milliarden), Deutschland (7,3 Milliarden), Frankreich (6,9 Milliarden) und den Niederlanden (7,4 Milliarden).

Luxemburg bleibt jedoch unangefochten der größte Fondsstandort in Europa. Luxemburgs nächster Wettbewerber ist Irland. Auf der Grünen Insel werden Fonds mit einem Volumen von insgesamt 3.800 Milliarden Euro verwaltet. Doch Irland ist dabei, aufzuholen. In den letzten sechs Jahren ist es von 4,5 auf 6 Prozent Weltmarktanteil gewachsen. Hinter Irland folgt Deutschland mit 2.600 Milliarden.

Dass Luxemburg sich zu einem Zentrum der Investmentfonds entwickelt hat, geht auf das Jahr 1985 zurück. Damals hatte Luxemburg als erster EU-Mitgliedstaat eine neue gemeinschaftliche Regelung zur Schaffung eines Binnenmarkts für Investmentfonds umgesetzt. Die ersten Unternehmen, die die neuen grenzüberschreitenden Möglichkeiten nutzen wollten, kamen. Ein ganzes Netz an spezialisierten Dienstleistern, von Anwaltskanzleien bis Depotbanken, entstand. Heute werden Investmentfonds aus Luxemburg in rund 80 Ländern verkauft, mit Fokus auf Europa, Asien, Lateinamerika und dem Nahen Osten.

Was ist ein Investmentfonds?

Ein Investmentfonds ist wie eine Gemeinschaft, ein Topf, in dem mehrere Menschen Geld zusammenlegen. Dieses wird dann von den professionellen Managern des Fonds angelegt (beispielsweise in Aktien, Metalle, Kunstgegenstände oder Immobilien). Die erwirtschafteten Gewinne werden dann an die Investoren verteilt. Die Manager erhalten eine Kommission. Der Fonds ermöglicht es dem einzelnen Investor, in Werte zu investieren, zu denen ein einzelner kleiner Anleger keinen Zugang hätte, und er ermöglicht eine Diversifizierung des Risikos.

 Foto: Editpress/Fabrizio Pizzolante

Grober J-P.
15. Dezember 2023 - 10.43

Die Fassade bröckelt so langsam. Leider versäumt man, bis heute, in was Handfestes, produzierende Industrie zu investieren, nicht nur Yoghurtfabriken! Wo haben unsere Wirtschaftsminister die ganze Zeit …… Urlaub… Mal kucken ob der Lex mit seinen "Bussines Events 2030" was bewirken kann. Hat er schon die Guptas und Mendozas und Co. kontaktiert?