MenschenrechtspolitikStaatliche Unternehmen offenbaren mangelndes Engagement

Menschenrechtspolitik / Staatliche Unternehmen offenbaren mangelndes Engagement
Cédric Reichel, Nadine Haas und Antoniya Argirova geben staatlichen Unternehmen eine schlechte Note in Sachen Menschenrechtspolitik Foto: Editpress/Didier Sylvestre

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Die luxemburgischen staatlichen Unternehmen sind in Sachen Menschenrechtspolitik weit von einer Vorreiterrolle entfernt, sagt die „Action solidarité tiers monde“ (ASTM). Sie hat 27 Unternehmen mit mehrheitlicher staatlicher Beteiligung untersucht und kommt zu der Schlussfolgerung, dass deren Engagement in Sachen Menschenrechte weit von den angekündigten Zielen der Regierung entfernt sei. ASTM spricht von gescheiterten Ambitionen und fordert ein verbindliches Gesetz.

Entsprechend den UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte, die 2011 vom Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen verabschiedet wurden, verpflichten sich die Staaten zu einem Schutz vor Menschenrechtsverletzungen, in die Unternehmen verwickelt sind. Nicht nur sollen Menschenrechte respektiert werden, zudem sollen die Firmen offen und transparent über ihr diesbezügliches Engagement kommunizieren.

2020 nahm die luxemburgische Regierung den „Plan national sur les entreprises et droits humains“ mit 20 konkreten Maßnahmen an. Staatliche Unternehmen wurden u.a. aufgefordert, eine angemessene Sorgfaltspflicht einzuführen und dafür zu sorgen, dass die Menschenrechte in ihren Aktivitäten respektiert werden.

Die Transparenz im Vordergrund

Die ASTM untersuchte nun nach Ablauf des Aktionsplans 27 „staatliche“ Firmen – 17 private Unternehmen und zehn öffentliche Einrichtungen – und prüfte, inwiefern diese ihren Verpflichtungen nachgekommen sind. Es handelt sich um Firmen, die in einem Bereich aktiv sind, in dem Menschenrechte ein heikles Thema sind und in denen der luxemburgische Staat der größte oder relativ größte Anteilhaber ist. Deshalb tauchen in der Liste (s. Infobox) u.a. Unternehmen wie Fonds Belval, Fonds Kirchberg und „Fonds du logement“ auf, was auf den ersten Blick überraschen mag. Ihre Präsenz – und auch die anderer Firmen – auf der Liste erklärt sich dadurch, dass sie in einem Wirtschaftszweig – z.B. dem Bausektor – aktiv sind, der für Arbeitsrechtsverletzungen bekannt ist.

Es geht in der von der ASTM am Dienstag vorgestellten Analyse nicht um Menschenrechtsverletzung per se, sondern darum, welche Verpflichtungen die Firmen diesbezüglich eingehen und auch nach außen kommunizieren. Bei der Studie stand die Transparenz der Unternehmen im Vordergrund. Die Basis für die Bestandsaufnahme bilden öffentlich zugängliche Dokumente der Firmen. Ein mangelhaftes Abschneiden bedeutet nicht automatisch, dass eine Firma in Menschenrechtsverletzungen verwickelt ist.

Nach der verwendeten Methodik erreichte keine der untersuchten Firmen auch nur die Hälfte der möglichen Punktzahl. Am besten schnitt der „Forestry and Climate Change Fund“ ab, der es auf zehn von 24 möglichen Punkten brachte, gefolgt von der Cargolux (5,5 Punkte) und dem „Office du ducroire“ (5). Letztere geben zwar an, dass sie Verfahren zur Risikoidentifizierung veröffentlicht hätten, aber diese seien nicht auf Menschenrechte ausgerichtet, schreibt die ASTM.

18 der 27 untersuchten Unternehmen hätten überhaupt kein Dokument veröffentlicht, in dem sie darauf hinweisen, dass in ihren Aktivitäten Menschenrechte respektiert werden. Es scheint, als ob sich die untersuchten Firmen ihrer Verantwortung in Sachen Menschenrechte überhaupt nicht bewusst seien, sagte Nadine Haas, Forschungsbeauftragte der ASTM, gestern Morgen vor der Presse.

Personen, deren Menschenrechte durch Unternehmen verletzt wurden, müssen wirksame Abhilfe erhalten. Dazu gehören der Zugang zu staatlichen und nicht-staatlichen Beschwerdestellen sowie die Möglichkeit, den Rechtsweg beschreiten zu können. Es sei der am schwächsten entwickelte Bereich, schreibt die ASTM: Lediglich drei Unternehmen besäßen Beschwerdeverfahren. Keine einzige Firma weise zudem auf die Verantwortung hin, die es auf der Ebene der Firmenleitung bezüglich der Einhaltung der Menschenrechte gebe, und nicht ein Unternehmen zeige eine vollständige Ausrichtung auf die Achtung der Menschenrechte, wie sie in den Leitprinzipien der Vereinten Nationen definiert ist.

Aufgrund dieser doch enttäuschenden Analyse fordert die ASTM einen verbindlichen gesetzlichen Rahmen, da freiwillige Selbstverpflichtungen offenbar nicht ausreichen. Bis es so weit ist, müsse die Regierung dafür sorgen, dass die staatlichen Unternehmen die UN-Leitprinzipien einhalten.

Die untersuchten Firmen

Forestry and Climate Change Fund, Cargolux, Office du ducroire, Luxair, Luxembourg Microfinance and Development Fund, Post, CFL, LuxConnect, Nordstad Entwécklungsgesellschaft, Agence luxembourgeoise pour la sécurité aérienne, Banque Centrale du Luxembourg, Fonds Belval, Fonds Kirchberg, Fonds du logement, Fonds souverain intergénérationnel du Luxembourg, Lux-Airport, Luxembourg Congrès, LuxSE, LuxTram, LuxTrust, Port de Mertert, Société nationale de cirulation automobile, Société nationale des habitations à bon marché, Spuerkeess, Technoport, WSA

Den vollständigen ASTM-Bericht „Entreprises de l’Etat au Luxembourg: des modèles en matière de droits humains?“ finden Sie unter www.droitshumains-entreprises.org.