Lëtzebuerger Denkmalschutz-Federatioun„Schönheit ist kein Kriterium“: Neuer Dachverband will einheitliche Regeln

Lëtzebuerger Denkmalschutz-Federatioun / „Schönheit ist kein Kriterium“: Neuer Dachverband will einheitliche Regeln
Die Vereinigung "Quo vadis Kaerch" ist dabei, ein Inventar aller schützenswerter Bauwerke und Objekte in der Gemeinde aufzustellen. © Editpress/Didier Sylvestre

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Die vor kurzem gegründete „Lëtzebuerger Denkmalschutz-Federatioun” (LDF) tritt für einen einheitlichen Denkmalschutz im Land ein, der einer einzigen Autorität, dem Kulturministerium, unterstellt ist. Dass jede Gemeinde über ihren Flächennutzungsplan allein entscheiden darüber könne, was kommunal schützenswert sei, führe zudem nur zu Chaos, sagt der Präsident der LDF, Paul Ewen. Zudem sprächen wirtschaftliche Interessen für mehr Denkmalschutz, denn alte Bausubstanz ziehe auch Touristen an.

Denkmalschutz ist eines der Themen, das regelmäßig Bürger auf die Barrikaden treibt. Zu oft werde erhaltenswertes Kulturgut Opfer des Baggers und den Interessen des Immobilienmarktes, lautet der oft gehörte Vorwurf von Denkmalschützern. Regelmäßig entbrennt ein Streit nach dem Motto „Ist das Kunst oder kann das weg?“. Das aktuellste Beispiel ist die Debatte um das Rathaus in Sandweiler: Der Schöffenrat sagt, es kann weg, weil es nicht mehr funktionell mehr sei. Die Opposition hingegen will es erhalten, weil es ihrer Meinung nach ein Stück Zeitgeschichte sei.

Mehrere Initiativen zeigen, es ist ein Thema, das vielen ganz oben liegt. Eine Petition diesbezüglich hat im vorigen Herbst die nötigen Unterschriften erhalten und schaffte es bis zur Anhörung im Parlament. Eine parlamentarische Anfrage der Piratenpartei im Oktober wurde sehr knapp beantwortet: „Was den Erhalt von existierender Bausubstanz vor dem Hintergrund des Denkmalschutzes angeht, ist das Potenzial von bewohntem und bewohnbarem (…) Patrimoine in Luxemburg groß.“

Mehrere Vereinigungen haben sich das Anliegen auf ihre Fahnen geschrieben, wobei sich die meisten allerdings lokalen Themen verschrieben haben. Um gegenüber der Politik stärker auftreten und mit einer Stimme sprechen zu können, haben sechs solcher Organisationen* nun einen Dachverband gegründet, die „Lëtzebuerger Denkmalschutz-Federatioun“ (LDF). Mitglied werden kann jede Vereinigung, die den Schutz des gebauten Kulturerbes in ihren Statuten als Ziel stehen hat, was implizit bedeutet, es muss ein eingetragener Verein sein.

Legislatives Ping-Pong

Es geht dem Verband nicht um den Schutz einzelner Gebäude, sondern um das allgemeine Prinzip. In diesem Fall bedeutet dies: ein einheitliches Instrument zum Schutz erhaltenswerter Bauten. Als grundlegendes Problem sieht die LDF die Tatsache, dass der Denkmalschutz in Luxemburg nicht Sache eines Ministeriums allein ist, sondern auch noch der Gemeinden. Beide Seiten würden sich oft und gerne den schwarzen Peter zuschieben, wenn wieder etwas abgerissen wird.

Hinzu komme, dass es auch im Grunde zwei Gesetze seien, die den Denkmalschutz regeln: zum einen jenes aus dem Jahr 1983 („Texte coordonné de la loi modifiée du 18 juillet 1983 concernant la conservation et la protection des sites et monuments nationaux“) und zum anderen das Raumordnungsgesetz von 2011, in dem festgehalten wird, welche Kriterien im kommunalen PAG berücksichtigt werden müssen. „Oft ist das Ergebnis ein legislatives Ping-Pong, was dazu führt, dass es in der Realität zu keinem Schutz kommt“, sagt Paul Ewen.

Oberstes Ziel der LDF sei ein einheitliches Gesetz, durch das der Denkmalschutz Sache einer nationalen Institution, sprich eines Ministeriums, idealerweise des Kulturministeriums wird. Die Tatsache, dass die Gemeinden über ihren Flächennutzungsplan mitbestimmen, was geschützt wird, habe zu Chaos in der Sache geführt. „Stellen Sie sich vor, jede der 102 Gemeinden hätte eigene Bestimmungen in Sachen Umweltschutz“, sagt Ewen. „Undenkbar.“

Dem LDF schwebt bei geplanten Abrissen eine ähnliche Prozedur vor, wie sie das „Centre de recherche archéologique“ vor jedem Neubau macht: Dazu gehört eine Probebohrung vor Baustart, um zu erkunden, ob sich etwas Schützenswertes im Boden befindet. Durch ein solches Vorgehen von Experten des „Service des sites et monuments nationaux“ bei Abrissen könne innerhalb von zwei bis drei Wochen geklärt werden, ob ein Gebäude schützenswert ist.

Die LDF fordert aber nun nicht, dass jedes Gebäude erhalten bleibt. „Es sind nur drei bis fünf Prozent der Bausubstanz auch erhaltenswert“, sagt Ewen.

Ein weiteres Anliegen ist die leidige Frage eines wissenschaftlichen Inventars der zu schützenden Gebäude. Verschiedene Gemeindeoberhäupter behaupten gerne, der Flächennutzungsplan enthalte doch implizit ein Inventar. Das stimme aber nicht ganz, meint Ewen. Ein wissenschaftliches Inventar beinhalte eine detaillierte Beschreibung sowie Bilder der Objekte, was in den PAGs nicht zu finden sei.

Was in einer Gemeinde geschützt wird, bestimme der Schöffenrat, der sich im Prinzip auf die Empfehlungen der Experten vom „Service des sites et monuments nationaux“ stützen könnte, es aber nicht immer tun. Seit 2010 gingen die Experten durch alle Straßen des Landes und erstellten Listen mit erhaltenswerten Gebäuden. Doch was am Ende tatsächlich geschützt werde, sei das Resultat einer rein politischen Entscheidung.

„Man kann nicht kultur-politisch beliebig handeln“, sagt Ewen. „Das Kulturerbe gehört jedem.“ Dazu gehöre allerdings auch, dass mit öffentlichen Mitteln geschützte Gebäude öffentlich zugänglich seien. „Die Schönheit eines Gebäudes ist kein Kriterium, nach dem geschützt werden soll“, betont Ewen.

Schließlich gebe es noch ein wichtiges wirtschaftliches Argument, das für den Erhalt historischer Gebäude spreche: der Tourismus. „Jährlich besuchen 250.000 Leute die Burg von Vianden. Wenn es keine historischen Gebäude mehr gibt, kommen auch keine Touristen mehr. Was wäre Italien oder Frankreich ohne die zahlreichen historischen Gebäude? Das Gleiche gilt für Luxemburg.“

Kurzfristig wünscht die LDF ein Treffen mit der Innenministerin, um sein Anliegen vorzubringen und längerfristig zusammen einen Plan auszuarbeiten, wie der Denkmalschutz in den Kompetenzbereich des Kulturministeriums verlagert wird.

* Die Gründungsmitglieder der LDF sind: Biergerinitiativ Gemeng Kielen, Biergerinitiativ Quo vadis Käerch, Lampertsbierger Geschichtsfrënn, Comité Alstad, Mouvement patrimonial und Sauvegarde du patrimoine. Mittlerweile ist auch die Industriekultur-CNCI Asbl („Centre national de la culture industrielle”) LDF-Mitglied.

trotinette josy
9. Februar 2021 - 15.56

Da gehört eine Expertenkommission hin, die nicht nur ein Avis abgibt, sondern auf die gehört werden muss und deren Beschluss rechtskräftig ist. Die Schöffenräte entscheiden eh willkürlich und verfügen nicht über die nötige Kompetenz.

Eenheemeschen
9. Februar 2021 - 8.40

Et ass secher eng gudd Idee, dass just op enger Plaatz iwer Denkmalschutz entscheed get. Vu dat eis Staatsbeamten déi ob Direktiounsposte sëtzen awer quasi all an irgend enger Partei sin kann de Buergermeeschter Metty vun Uëwerklengwäinheffen séngem Parteikollég Jempy vum Denkmalschutz secher "erklären" dass e schéint aalt Gebai "muss" opgerappt gin well de Metty mengt dat misst esou sin.