FinanzplatzRaiffeisen-Geschäftsführer Laurent Zahles: „Der Immobilienmarkt wird schwierig bleiben“

Finanzplatz / Raiffeisen-Geschäftsführer Laurent Zahles: „Der Immobilienmarkt wird schwierig bleiben“
Laurent Zahles ist seit Jahresbeginn neuer Geschäftsführer bei der Luxemburger Raiffeisen-Bank Foto: Editpress/Fabrizio Pizzolante

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Seit Anfang dieses Jahres hat die Luxemburger Raiffeisen-Bank mit Laurent Zahles einen neuen Geschäftsführer. Das Tageblatt hat sich mit ihm über die Entwicklung der einzigen Genossenschaftsbank des Landes und über die angespannte Situation am Luxemburger Immobilienmarkt unterhalten.

Nach einigen Jahren mit rasanten Preissteigerungen ist die Aktivität am Luxemburger Immobilienmarkt, zusammen mit den steigenden Zinsen, seit Ende 2022 sprichwörtlich eingebrochen. Es werden deutlich weniger Wohnungen verkauft und es wird spürbar weniger gebaut.

Von dieser heftigen Entwicklung bleibt auch die Raiffeisen-Bank, für die Immobilienkredite ein traditionell wichtiger Geschäftszweig sind, nicht verschont: Bei den Anfragen nach neuen Darlehen wurde letztes Jahr ein „solider Rückgang“ von mehr als 40 Prozent verzeichnet, so Laurent Zahles. Vor allem im Bereich Neubau herrsche fast Stillstand, lediglich bei bestehenden Wohnungen gebe es noch „etwas Bewegung“.

Der Rückgang an neuen Kreditanfragen 2023 war heftiger ausgefallen als von der Bank erwartet. „Die Kunden zögern, wenn es ums Kaufen geht“, so der neue Geschäftsführer gegenüber dem Tageblatt. „Die Leute warten weiter ab, wie sich die Preise, die Zinsen und das Vertrauen insgesamt entwickeln.“

Was das Portfolio an bestehenden Immobilienkrediten angeht, so sei das jedoch immer noch „sehr gesund“, hebt er hervor. Zwar gebe es „leicht mehr“ Darlehen als sonst, die Sorgen bereiten – doch halte sich das alles in annehmbaren Größen. Die „traditionell vorsichtige Herangehensweise“ (d.h. den Kunden nur so hohe Kredite bieten, wie sie auch schultern können) habe dabei geholfen.

Seit 2007 bei Raiffeisen

Laurent Zahles ist der neue Geschäftsführer von Raiffeisen. Er ist Nachfolger von Yves Biewer, der nach mehreren leitenden Funktionen bei der Genossenschaftsbank, davon fast drei Jahre an der Spitze des Direktionskomitees, zu Jahresbeginn in Rente ging.

Zahles, der fast zeitgleich mit seinem Amtsantritt auch seinen 47. Geburtstag gefeiert hat, arbeitet bereits seit 2007 bei Raiffeisen. „Ich habe meinen Weg hier intern bei Raiffeisen gemacht“, sagt er. „Es ist eine Bank, wo man schnell in allen Themen drin ist.“ Bereits 2009 war er zuständig für die Zusammenarbeit mit den Unternehmen, einige Jahre später kamen dann Bereiche wie „Privatbank“ und „Netz der Schalterbanken“ hinzu. Seit April 2020 ist er Mitglied im Direktionskomitee, an dessen Spitze er nun seit 2024 steht.

Vor seinem Eintritt bei Raiffeisen hat er, wie einige seiner Vorgänger, mehrere Jahre bei der BGL gearbeitet. Studiert hat er an der „Université Louis Pasteur“ in Straßburg.

Letztes Jahr sei ein eher „atypisches Jahr“ gewesen, sagt er weiter zu 2023. Die Anzahl der Kreditanfragen sei zwar deutlich niedriger, doch habe sich die Zahl der Kunden, wie auch der Bereich „Sparen und Geldanlage“, weiterhin gut entwickelt. In einem steigenden Zinsumfeld haben sich zudem die auf den Eigenmitteln erwirtschafteten Zinsen positiv entwickelt. Für 2023 erwartet er ein „solides Resultat“, aber „keine wahnsinnigen Sprünge im operativen Geschäft“.

Im Vorjahr 2022 hatte die Bank ihr Ergebnis, trotz höherer Rückstellungen und Kosten, deutlich steigern können. Ende 2022 stand bei der Genossenschaftsbank ein Nettogewinn von 23,7 Millionen Euro in den Büchern. Das ist der bisher zweithöchste Jahresgewinn in der Geschichte der Bank.

Laurent Zahles rechnet für 2023 mit einem „soliden Resultat“, aber keinen wahnsinnigen Sprüngen im operativen Geschäft
Laurent Zahles rechnet für 2023 mit einem „soliden Resultat“, aber keinen wahnsinnigen Sprüngen im operativen Geschäft Foto: Editpress/Fabrizio Pizzolante

Mit einer deutlichen, kurzfristigen Verbesserung im Kredit- und Immobilienmarkt rechnet er 2024 nicht. Nach wie vor gebe es viele Ungewissheiten. „Der Markt wird schwierig bleiben. Die Nachfrage der Haushalte nach neuen Immobilienkrediten stagniert zu Jahresbeginn auf niedrigem Niveau. (…) Wir erwarten noch keinen großen Zulauf.“ Die Bank rechnet 2024 mit ähnlich wenigen neuen Dossiers wie 2023.

Warten auf staatliche Initiativen

Pessimistisch will er jedoch auch nicht sein. „Mal sehen, was künftig mit den Leitzinsen, und mit staatlichen Maßnahmen passieren wird“, sagt er mit einer gewissen Hoffnung. Immerhin sei der Bedarf, die Nachfrage nach Wohnraum ja weiterhin hoch. „Nur warten die Leute ab. Wir sind wohl jetzt in der Talsohle. Ich hoffe, dass staatliche Initiativen das Vertrauen der Kunden wieder ankurbeln können. Hoffentlich finden die Kunden bald wieder den Weg zu den Banken.“

Auch was die Entwicklung der Leitzinsen in diesem Jahr angeht, bleibt Zahles vorsichtig. „Ich erwarte zwar keine substantiellen Erhöhungen mehr – kann aber auch nichts ausschließen.“ Den Optimismus mancher Marktbeobachter, die 2024 wieder mit deutlichen Rückgängen bei den Leitzinsen rechnen, teilt er nur bedingt. Vielleicht könne dieses Jahr der eine oder andere „leichte Rückgang“ bei den Zinsen kommen. „Aber voraussichtlich keine massiven Schritte. (…) Ich bin nicht der Meinung, dass die Leitzinsen nun so schnell wieder fallen werden. Man muss vorsichtig bleiben.“

Komplementarität sorgt für Ruhe und Stabilität

Erfreut ist er über die Komplementarität der einzelnen Geschäftssparten der Bank. Das sorge für Ruhe und Stabilität. So ist er zuversichtlich gestimmt, dass die Bank in den Bereichen Sparen & Geldanlage und Unternehmen auch wachsen kann, wenn die Immobilienkredite langsamer drehen. „Über die nächsten Jahre rechnen wir mit einer guten Entwicklung.“

Ausbauen will er den Bereich der Unternehmensfinanzierungen, wie auch den ESG-Bereich (Umwelt und Soziales). „Da will ich, dass wir uns verstärkt positionieren.“ Dabei denkt er beispielsweise an die Renovation von Häusern und an Projekte, um Firmen fit für die Zukunft zu machen.

„Alles anders machen“ will der neue Geschäftsführer derweil nicht. Es gelte, eine „Kontinuität“ sicherzustellen, erklärt er. „Das ist bei uns extrem wichtig. Passend zu unseren Werten.“ Man werde auch weiter auf ein „hybrides und nachhaltiges Modell“ setzen, sagt er. Damit meint er, dass das digitale Angebot, wie auch die persönliche Beratung, weiter ausgebaut werden sollen. Es gelte, „das Beste aus beiden Welten zu kombinieren“. Die Zufriedenheit und das Vertrauen der rund 130.000 Kunden seien Leitmotiv.

Für Kontinuität sorge auch, dass sich an der Spitze des Verwaltungsrates nichts ändere, so Zahles weiter. Der heutige Präsident des Bankenverbandes ABBL, Guy Hoffmann, war von 2011 bis 2020 Präsident des Direktionskomitees der einzigen Genossenschaftsbank des Landes. Seit 2020 ist er Verwaltungsratspräsident.

Ein weiterer Faktor für Stabilität und Rentabilität seien derweil die „kooperativen Strukturen“ der Genossenschaftsbank, die nicht im Besitz von anonymen Aktienbesitzern ist, sagt er weiter. „Es werden keine Dividenden ausbezahlt. Das Geld, das wir verdienen, bleibt in der Bank. Es fließt in die Reserven und wird genutzt, um in unsere Mitarbeiter zu investieren, und um unsere Rolle in der Wirtschaft (d.h. Finanzierung von Projekten) zu spielen.“

„Es ist keine Kürzung der Arbeitszeit“

Als eine der größten Herausforderungen für sein Unternehmen bezeichnet er den Fachkräftemangel, das Finden und das Halten von qualifizierten Mitarbeitern. Gerade für eine Bank „ist das Personal das wichtigste Kapital“. Um dementsprechend attraktiver als andere zu sein, hat sich die Bank vor kurzem einige Maßnahmen ausgedacht, um mittels mehr Flexibilität eine bessere Work-Life-Balance zu ermöglichen. Für viel Aufmerksamkeit gesorgt hatte dabei, neben flexibleren Arbeitszeiten und zwei Tagen Homeoffice pro Woche, die Einführung eines sogenannten „Quality Time“-Konzepts. Dieses erlaubt es jedem Mitarbeiter, unter gewissen Bedingungen, zusätzlich zum gesetzlichen und dem im Kollektivvertrag vorgesehenen Urlaub, noch einen oder zwei halbe Tage pro Monat freizuhaben.

Mit dem neuen System sei man bisher zufrieden, so Laurent Zahles. Es handle sich aber um „keine Reduzierung der Arbeitszeit“ und es sei auch kein vertraglich gesicherter „acquis“, hebt er hervor. Der neue „freie Tag“ könne nur genommen werden, wenn es von Nutzen für Bank, Kunden und Mitarbeiter sei. „Die Abteilung muss funktionieren, der Manager muss zustimmen.“ Zudem seien die Tage nicht kumulierbar. „In Zeiten mit viel Arbeit, oder wenn viele in Urlaub sind, können die Tage nicht genommen werden.“ Die Erfahrungen seien jedoch positiv. Das System werde von den Mitarbeitern gut umgesetzt. Rund 80 Prozent der verfügbaren „quality days“ würden genommen.

Der Hauptsitz der einzigen Luxemburger Genossenschaftsbank in Leudelingen
Der Hauptsitz der einzigen Luxemburger Genossenschaftsbank in Leudelingen Foto: Editpress/Hervé Montaigu

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