USA und Russland im Clinch nach InterviewPutin zu Bidens „Mörder“-Aussage: „Was man sagt, ist man selber“

USA und Russland im Clinch nach Interview / Putin zu Bidens „Mörder“-Aussage: „Was man sagt, ist man selber“
Der Kreml reagiert gelassen – so sollen sich „Mörder“-Aussagen nicht im öffentlichen Bewusstsein festsetzen  Foto: AFP

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Schon bisher machte sich der Kreml wenig Illusionen über die Beziehungen zwischen Russland und den USA. Moskau reagiert zunächst demonstrativ gelassen.

Wladimir Putins Antwort auf Joe Bidens Skandal-Interview war kurz und knackig. „Ich wünsche ihm Gesundheit“, sagte er am Donnerstag in einer im TV übertragenen Sitzung, deren Thema eigentlich die Entwicklung auf der annektierten Krim war. Ein Glückwunsch des Kreml-Chefs, der sich durchaus zweideutig auslegen lässt. Bidens Aussage, Putin sei ein Mörder, parierte der Präsident mit einem Spruch aus seiner Kindheit in den Höfen Leningrads: „Was man sagt, ist man selber.“ Biden hatte tags zuvor in einem TV-Interview die Frage eines Journalisten bestätigt, ob er Putin für einen Mörder halte: „Das tue ich.“ In welchem Zusammenhang, blieb unklar.

Der Kreml reagiert damit betont gelassen. Bekanntlich hält man in Moskau nichts von lauter „Megafon-Diplomatie“, wie man auch gegenüber Europa gern betont.

Dennoch: Bidens Sager ist ein weiterer Stresstest für die ohnehin schwer angeschlagenen russisch-amerikanischen Beziehungen. Die erste Reaktion Moskaus war es, den russischen Botschafter, Anatolij Antonow, aus Washington zu Beratungen abzuziehen. Antonow soll am 20. März in Moskau eintreffen. Gleichzeitig ist es aufschlussreich, dass die üblicherweise wortgewaltige Sprecherin Maria Sacharowa die Reise des Botschafters als planmäßige Unterredung darstellte.

Verhaltene Reaktion hat mehrere Gründe

Auf das skandalöse Interview vom Vortag ging sie nicht ein. Der Botschafter komme nach Moskau, um die ersten Wochen nach Bidens Amtsantritts zu evaluieren. „Das ist der geeignete Moment, um zu beurteilen, was Bidens Team mehr und was weniger gelingt“, sagte sie, ungewöhnlich diplomatisch. Von Konsequenzen fiel zunächst kein Wort. Auch in den TV-Nachrichten spielte Bidens Interview tags darauf keine Rolle mehr. Stattdessen wurde über die Annexion der Krim berichtet, die „Wiedervereinigung“ genannt wird und sich gestern zum siebenten Mal offiziell jährte.

Zunächst hatten sich die mehrere hochrangige Funktionäre über Bidens Aussage empört. Dazu gehörte der Parlamentsvorsitzende Wjatscheslaw Wolodin, der auf Telegram schrieb: „Putin ist unser Präsident und ein Angriff auf ihn ist ein Angriff auf unser Land.“ Andrej Turtschak, Generalsekretär der Kreml-Partei Einiges Russland, ließ giftig verlauten: „Die Erklärung Bidens ist ein Triumph des politischen Hinschwindens der USA und der Altersdemenz ihres Anführers.“ Und der bekannte Senator und Außenpolitik-Experte Konstantin Kosatschow nannte die Aussagen „inakzeptabel“ und fürchtete eine weitere Verschlechterung des bilateralen Verhältnisses. Es drohten Gegenmaßnahmen, wenn sich die USA nicht entschuldigten oder erklärten.

Man muss allerdings wissen: Die genannten Personen stehen bei aktuellen Kommentaren stets in der ersten Reihe. Wolodin etwa ist als patriotisch-konservativer Einpeitscher bekannt. Doch ist fraglich, wie viele Russen seine These von der kollektiven Beleidigung unterschreiben würden. Interessanter ist, dass sich die wirklichen Entscheider eher zurückhaltend geäußert haben.

Moskaus verhaltene Reaktion in der Affäre hat mehrere Gründe. Einerseits soll verhindert werden, dass sich die indignierenden Aussagen im öffentlichen Bewusstsein festsetzen. Trotz aller Spannungen mit dem Westen will die russische Führung ihren Bürgern beweisen, dass der Kreml-Chef in der internationalen Arena ein geachteter Politiker ist – oder zumindest einer, der gefürchtet wird.

„Putin – Mörder“ auch ein Spruch der Opposition

Die Titulierung als „Schläger“ (wie Biden Putin einmal nannte) und „Killer“ ist trotz der gern gezeigten russischen Muskeln wenig erstrebenswert. Das könnte in die falsche Richtung gehen – zumal der Spruch „Putin – Mörder“ seit dem Giftanschlag auf Alexej Nawalny ein Slogan der russischen Opposition ist. Anhänger Nawalnys äußerten sich denn auch positiv über Bidens Vorwurf. In Kreml-nahen Medien dagegen wurde die Deutung vertreten, dass die US-Politik eben eine „Show“ und die Zurechnungsfähigkeit des 78-jährigen US-Präsidenten fraglich sei.

Eine andere populäre Sichtweise vertrat der Außenpolitik-Experte Fjodor Lukjanow in einem Kommentar für den Kommersant. Für die Demokraten sei die Innenpolitik weiterhin bestimmend, die „antirussische“ Karte stelle noch immer einen Trumpf gegen das Trump-Lager dar. Russland sieht sich also instrumentalisiert. Auch Anschuldigungen wegen Hackerangriffen und Wahlmanipulation wurden und werden nicht als reale Vorwürfe begriffen, sondern als ein Ausdruck des politischen Kampfes in Washington interpretiert.

Schon bisher herrschte im Kreml die Meinung vor, dass sich unter einem Präsident Biden das bilaterale Verhältnis kaum verbessern werde. Bidens Aussagen verfestigen diesen Eindruck. Ob der US-Präsident mit seinem Plan, die Dinge öffentlich beim Namen zu nennen und in ausgewählten Bereichen wie etwa Abrüstung Kooperationen zu suchen, in Moskau Erfolg hat, ist unsicher. Die neuen Sanktionsdrohungen Washingtons machen die Sache nicht einfacher. Aus Kreml-Sicht ist der „Mörder“-Vorwurf vermutlich nicht einmal das Schlimmste.

de Schmatt
19. März 2021 - 18.34

@Blücher. Wo Sie recht haben, haben Sie recht. Wozu offene Türen einrennen?

Blücher
19. März 2021 - 17.15

@Schmatt: Es ist nicht die feine Art sich in Wahlkämpfe anderer Länder einzumischen , was allerdings viele Geheimdienste der Welt machen, auch die Amerikaner. Zumindest hat die Unterstützung oder Wahlkampfmanipulation keine Toten gefordert.Die Zukunft der Zeitgeschichte wird den autoritäre Regimen der Welt gehören, weil unsere Demokratien am Ende,die westliche Wirtschaft am Rande des Untergangs sind, die Zerwürfnisse der Gesellschaft die friedliche Kohabitationen durch Gewaltbereitschaft ,Aufstand auflösen. Die Welt ist durch Corona im Umbruch.

de Schmatt
19. März 2021 - 16.17

@Blücher. Habe Obama, der zu unrecht den Nobelpreis erhalten hat, nicht heiligesprochen. Die wenigsten Politiker sind Heilige. Die Verschlagenheit und die Hinterlistigkeit eines Putins ( siehe seine listig-geheime Unterstützung Trumps bei den US Wahlen ) müssen erst einmal übertroffen werden. Die Zeschlagung der Oppostion ( Festnahmen, Einkerkerungen, Verschleppungen, Anschläge ) in seinem eigenen Lande sagen mehr über seine Schwäche als über seine Stärke aus. Putin ist ganz einfach ein Despot und spielt den Wolff im Schafspelz. Er ist halt in einer Diktatur gross geworden und hat nichts hinzugelernt. Er ist ein unwürdiger Nachfolger Gorbatschows nach dessen weiser Aussage derjenige, der zu spät kommt, von der Zeit bestraft wird. Und dieses Schicksal wird dem " kleinen Zaren " wohl früher oder später blühen. Ein Regime, das auf Gewalt und Unterdrückung aufgebaut ist, hat auf kurz oder lang keine Chance.

Gastes den Leschten
19. März 2021 - 14.32

Den Ennerscheed zweschen Ägypter an Yankiis. An Ägypten regéierten Pharaonen an dann goufen si als Mumien an Sakofagen agepaakt. An Amerika regéiren Mumien déi aus hiren Biden erausgepaakt goufen.

Blücher
19. März 2021 - 13.40

@Schmatt: Zu Obama gibt es einige interessante Artikel im Netz von renommierten , unabhängigen , westlichen Printmedien zum Thema Obama. Dass Herr Putin kein Heiliger ist wissen wir, aber die Fakten , Hintergrundberichte über die Politik der Geheimdienste, der verdeckten Einsätze, der betriebenen Gefangenenlager ,....lassen Herrn Obama nicht minder heilig dastehen. Hinterhältig wäre man relevante Fakten der Zeitgeschichte verfälscht ,verschweigt und Herrn Obama nur am Rückzug der US Streitkräfte aus dem Irak bewerten würde. Wir Luxemburger haben damit wohl unsere eigene Erfahrungen gemacht, wie man aus Fakten, Tatsachen verschweigen, nach Jahren aus dem Dornröschenschlaf gerüttelt werden kann.

de Schmatt
19. März 2021 - 13.07

Obama mit Putin vergleichen, hiesse Äpfel mit Birnen vergleichen. Putin kommt aus dem Geheimdienst und ist mit allen Wassern gewaschen. Er ist schlicht hinterhältig.

Blücher
19. März 2021 - 12.00

Biden der Wolf im Schafspelz? Schon Obama , mit dem Friedensnobelpreis bedacht , hat in seiner Amtszeit im asymmetrischen Krieg durch Drohnen etwa 280 Einsätze mit 3200 Toten ( darunter auch Amerikaner) angeordnet.Damit ist Obama der Spitzenreiter unter den amerikanischen Präsidenten die Gegner der US Interessen auszuschalten.

d'Boufermamm
19. März 2021 - 10.34

Eine Mentalität wie in der Spielschule. Jetzt versteht man wieso Putin so wortkarg ist.

Nomi
19. März 2021 - 9.28

Keng Sanktio'unen kennen den Krim Problem lei'sen . Europa soll als gudden Nooper mat Russland am Gesprei'ch bleiwen ! Do soll Europa och dem Biden den Punkt ob den i setzen ! Ee schlecht Verhaeltniss mam Nooper brengt nemmen Eskalatio'un vun den Problemer . Et brengt nie eng Lei'sung !

Claude Oswald
18. März 2021 - 19.03

Wenn die Bürger nicht aufpassen, was ihre sogenannten Staatsmänner und Staatsfrauen an Torheiten in die Welt setzen, wird es bald um den Frieden geschehen sein.