Afghanistan / Proteste gegen die Taliban breiten sich aus: „Wir brauchen mehr Waffen, mehr Munition, mehr Nachschub“
In Afghanistan kommt es vermehrt zu Protesten gegen die Taliban. Die USA wollen nun doch vielleicht über den 31. August hinaus bleiben. Besonders in einem Tal treffen die Taliban auf erbitterten Widerstand.
In Afghanistan flammen nach der Übernahme der Macht durch die radikal-islamischen Taliban erstmals in mehreren Teilen des Landes Proteste auf. Am Nationalfeiertag sei es in Kabul und in mehreren Städten im Osten des Landes zu Menschenansammlungen gekommen, bei denen afghanische Fahnen geschwenkt wurden, berichteten Augenzeugen.
In Asadabad seien mehrere Menschen bei Protesten ums Leben gekommen, doch sei unklar, ob sie durch Schüsse der Taliban oder eine anschließende Massenpanik getötet worden seien, sagte ein Zeuge. In Kabul kam es ebenfalls zu Protesten. Ein AFP-Mitarbeiter sah am Donnerstag, wie eine Gruppe von Männern und Frauen in einem Vorort der Hauptstadt zur Feier des Unabhängigkeitstages eine große afghanische Flagge entrollte. Die Taliban hatten seit ihrem Einmarsch die afghanischen Flaggen an offiziellen Gebäuden eingeholt und durch ihr weißes Banner mit arabischem Schriftzug ersetzt.
Nach Angaben des AFP-Mitarbeiters fuhr ein Pick-up-Truck mit Taliban-Kämpfern an der Menschenansammlung vorbei und verringerte dabei seine Geschwindigkeit. Die Islamisten beließen es demnach aber bei neugierigen Blicken und setzten ihren Weg fort. Die Lage um den Flughafen blieb unübersichtlich. Viele Afghanen versuchen weiter verzweifelt, diesen zu erreichen, um nach der Einnahme Kabuls durch die Taliban aus dem Land zu fliehen.
Höchste Anspannung am Flughafen
„Die Situation ist angespannt“, sagte Brigadegeneral Jens Arlt in Kabul. Die Menschen müssten Kontrollringe der Taliban überwinden, um zum Airport zu kommen. Ein Taliban-Vertreter rief Menschen ohne Ausreise-Erlaubnis auf, den Flughafen zu verlassen. Seit Sonntag sind dort Taliban und NATO zufolge zwölf Menschen ums Leben gekommen.
US-Präsident Joe Biden schloss nicht aus, dass die US-Streitkräfte über den genannten Abzugstermin (31. August) hinaus im Land bleiben würden. Voraussetzung für den Abzug sei eine vorherige Evakuierung aller Amerikaner.
Unklar blieb weiter, wie die vielen Ortskräfte, die sich in Kabul aus Sorge um ihr Leben vor den Taliban verstecken, zum Flughafen kommen und ausgeflogen werden können. Der äußere Bereich des Flughafens gleiche angesichts der Menschenmassen „einem überfluteten Fußballstadion“, sagte Arlt. In der Masse müssten dann Menschen gefunden werden, die Ausreisen könnten und in den inneren Bereich gebracht werden. Dies gleiche der Suche nach einer Nadel im Heuhaufen. Bekannt ist indes, dass Gespräche mit den Taliban über eine sichere Passage für Ausreisende geführt werden. Offen ist aber, welche möglichen Zugeständnisse oder Angebote die Länder den Fundamentalisten machen.
In Asadabad, Hauptstadt der Ost-Provinz Kunar, strömten dem Augenzeugen Mohammed Salim zufolge Hunderte von Menschen auf die Straßen. Sie schwenkten afghanische Fahnen. Dann habe es Schüsse der Taliban und eine Massenpanik gegeben. Am Mittwoch war es zu Protesten gegen die Islamisten in Dschalalabad gekommen. Dort wurden mindestens drei Menschen getötet und mehr als ein Dutzend verletzt. Die Taliban, die Gewaltverzicht versprochen hatten, kommentierten die Vorfälle zunächst nicht.
Wir wissen aus Erfahrung, was auf uns zukommt. Aber wir brauchen mehr Waffen, mehr Munition und mehr NachschubAnführer der Nationalen Widerstandsfront Afghanistans im noch nicht von Taliban eingenommenen Pandschschir-Tal
Widerstand bildete sich auch im Pandschschir-Tal, einer Hochburg der Tadschiken nordöstlich von Kabul. In der Washington Post forderte ihr Anführer Ahmad Massud, Chef der Nationalen Widerstandsfront Afghanistans, Waffen für den Kampf gegen die Taliban. Er wolle den Kampf für eine freiheitliche Gesellschaft fortsetzen. „Wenn die Taliban-Warlords einen Angriff starten, werden sie auf unseren entschiedenen Widerstand stoßen“, schreibt Massud in seinem Meinungsbeitrag. Die Fahne der Nationalen Widerstandsfront werde „über jeder Position wehen, die sie einzunehmen versuchen, so wie die Fahne der Nationalen Einheitsfront vor 20 Jahren wehte“.
Der Westen solle sich bewusst sein, so Massud, dass Millionen Afghanen seine Werte teilen. Die Taliban seien „nicht nur ein Problem für das afghanische Volk“. Unter der Kontrolle der Taliban werde „Afghanistan zweifellos zum Ground Zero des radikal-islamistischen Terrorismus werden; hier werden erneut Komplotte gegen Demokratien ausgebrütet werden“.
Egal, was passiere, seine Mudschaheddin-Kämpfer und er selber, so Massud, würden Panjshir „als letzte Bastion der afghanischen Freiheit verteidigen“. Ihre Moral sei intakt. „Wir wissen aus Erfahrung, was auf uns zukommt. Aber wir brauchen mehr Waffen, mehr Munition und mehr Nachschub.“
Es gebe noch viel, was Amerika und seine demokratischen Verbündeten tun könnten, „um die Sache der Freiheit zu unterstützen“. „Sie sind unsere einzige verbleibende Hoffnung“, beendet der Chef der Nationalen Widerstandsfront Afghanistans seinen Meinungsbeitrag. (A.B., Reuters, AFP)
Finanzierungsprobleme
Der Internationale Währungsfonds (IWF) kündigte an, den Zugang zu IWF-Ressourcen für Afghanistan aufgrund der unsicheren politischen Lage auszusetzen. „Derzeit herrscht innerhalb der internationalen Gemeinschaft Unklarheit über die Anerkennung einer Regierung in Afghanistan, was dazu führt, dass das Land keinen Zugang zu SZR (Sonderziehungsrechten) oder anderen IWF-Ressourcen hat“, erklärte eine IWF-Sprecherin am Mittwoch.
Laut IWF beliefen sich die Reserven der afghanischen Zentralbank Ende April auf 9,4 Milliarden Dollar. Ein Großteil des Geldes befinde sich außerhalb Afghanistans, hieß es. Der ins Ausland geflohene Chef der afghanischen Zentralbank, Adschmal Achmady, erklärte, die Taliban hätten lediglich Zugang zu 0,1 oder 0,2 Prozent der Reserven des Landes. Achmady teilte zudem mit, dass die Lieferung von Dollar in das Land „unterbrochen“ sei. Dollar in Form von Bargeld seien dort kaum noch erhältlich.
Viele Afghanen sind nun auf Überweisungen von im Ausland lebenden Familienmitgliedern angewiesen. Der Finanzdienstleister Western Union hat jedoch die Aussetzung von Überweisungen in das Land angekündigt. Der Wert der afghanischen Währung ist seit der Machtübernahme der Islamisten stark gefallen. (AFP)
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Klingt zwar absurd , bin trotzdem für reine Geldhilfe an den « Widerstand « , jegliche Waffenlieferung natürlich ausgeschlossen , da wir ja bis heute nicht die geringste Ahnung haben wo unsere bisherigen Auslandhilfen schlussendlich gelandet sind.