LuxemburgPetruss-Kasematten sind ab dem 5. Juni wieder zugänglich – mit Lichtspielen und Soundeffekten

Luxemburg / Petruss-Kasematten sind ab dem 5. Juni wieder zugänglich – mit Lichtspielen und Soundeffekten
 Foto: Editpress/Hervé Montaigu

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2015 wurden die Petruss-Kasematten wegen Sicherheitsbedenken geschlossen. Ab dem 5. Juni werden sie wieder für das Publikum geöffnet sein. Nach den Renovierungsarbeiten erwartet eine audiovisuelle Szenografie mit Lichtspielen und Soundeffekten die Besucher.

Für etliche Primärschulkinder gehörte der Besuch der Kasematten zum Pflichtprogramm eines Ausflugs in die „Stad“. Der Präsident des Luxemburg City Tourist Office (LCTO), Marc Angel, erinnert sich noch daran, wie er in seiner Jugend als Fremdenführer arbeitete und froh war, an schwülen Sommertagen Schulklassen in die Kasematten unter der „Gëlle Fra“ zu führen. „Hier unten ist es immer schön kühl, egal wie heiß es draußen ist.“

Seit 2015 war allerdings (vorläufig) Schluss mit der Attraktion: Sicherheitsbedenken veranlassten die Verantwortlichen, die Petruss-Kasematten zu schließen und umfangreiche Arbeiten durchzuführen. „Kabel hingen von der Decke, und mit dem vielen Wasser hier unten war das schon ein Problem“, sagte Angel während einer Presseführung durch die alten Gänge.

Die Feuchtigkeit innerhalb der mittelalterlichen Anlage sei in der Tat eines der größten Probleme bei den Renovierungsarbeiten gewesen, erklärte der zuständige Ingenieur Jean Hertges vom Ingenieursbüro Jean Schmit Engineering. „Man muss wissen, wenn es draußen regnet, regnet es 14 Tage später hier unten. Als wir mit den Arbeiten angefangen haben, stand quasi alles unter Wasser. Also mussten wir erst mal für einen Abfluss sorgen.“ Rund 20 Schächte von etwa einem halben Meter Durchmesser bohrten die Arbeiter sechs Meter tief in den Felsen, sodass das sich ständig ansammelnde Wasser rasch ablaufen kann. Die Wege in den Kasematten wurden teilweise mit Schotter ausgelegt oder es wurden Übergänge angefertigt. „Wir haben alles so gebaut, dass wir die Aufbauten wieder rausnehmen können, falls eines Tages verlangt werden sollte, die Räume wieder in ihren Originalzustand zu versetzten“, so Hertges.

Die Verantwortlichen beließen es allerdings nicht bei Sicherheitsarbeiten: Die unterirdischen Gänge wurden hinsichtlich der zukünftigen Touristen aufgewertet, mit Infotafeln zur Geschichte der Kasematten und – dem Höhepunkt – einer Videoshow in einem der unterirdischen Räume über die Verwendung der Gänge im Laufe der Zeit.

Obwohl sie zu einem Verteidigungszweck gebaut wurden, fanden in den Kasematten unter der „Gëlle Fra“ nie kriegerische Handlungen statt, erklärte Pit Bixius, Verantwortlicher für die Kasematten beim LCTO. Das einzige „kriegerische“ Überbleibsel in der Anlage ist in der Tat eine Kanone aus dem Jahr 1834, die von der Luxemburger Armee bei patriotischen Feiern genutzt wurde, das letzte Mal übrigens am 5. Januar 1921, als 101 Salutschüsse zur Geburt von Prinz Jean abgefeuert wurden. 2018 wurde die Kanone restauriert.

„Den Sand nicht vergessen“

Nach der Schleifung der Festung betrieb der Schützenverein „d’Schéiss“ dort Schießstände. In den neunziger Jahren des 19. Jahrhunderts nutzen Gärtner die unterirdischen Kammern im Ravelin, genannt „Pastetchen“, zum Pilzezüchten, und die „Compagnie des grands vins de Champagne E. Mercier“ lagerte ihre Flaschen in den kühlen Räumen. Anfang des 20. Jahrhunderts fanden sogar kulturelle Events wie Konzerte, Bierfeste und Wohltätigkeitsbasare unter Tage statt. Während der beiden Weltkriege wurden die Petruss- und die Bock-Kasematten als Luftschutzbunker genutzt: 35.000 Menschen konnten dort im Notfall Platz finden. Aus dieser Zeit stammt zudem eine „modernere“ Ziegelsteinkonstruktion: drei Latrinen mit der Aufschrift „Den Sand nicht vergessen“ erinnern an traurigere Zeiten.

Schon vor dem Zweiten Weltkrieg, ab dem 22. Juli 1933, dienten die Petruss-Kasematten dann als Touristenattraktion. Damals musste man allerdings noch mit Fackeln runtersteigen, heute sorgt eine LED-Beleuchtung für ausreichend Licht. Bereits in ihrer ersten Saison besuchten 5.000 Besucher die Anlage; im Jahr 2015, dem Jahr der vorläufigen Schließung, waren es 13.724.

Einer der Höhepunkte der modernen Szenografie des Innenarchitekten Tido Brussig ist eine Lichtinstallation genau unter dem Denkmal der „Gëlle Fra“: Goldener Regen umgibt dort die Besucher. Die symbolische Interpretation der Installation sei jedem selbst überlassen, so LCTO-Direktor Tom Bellion. Sogar das an einigen Stellen wachsende Moos sei auf eventuelle Gesundheitsgefährdung untersucht worden.

2,5 Millionen Euro kosteten die Renovierungsarbeiten, allein zwei Drittel der Summe waren für die Sicherheitsmaßnahmen, der Rest für die Sanierung und Modernisierung, erklärte Tom Bellion.

Offiziell eröffnet wurden die Kasematten am 2. Juni von Großherzog Henri, bevor sie ab Pfingstsonntag, 5. Juni, wieder dem Publikum zugänglich sind.

Historie

Die ersten Kasematten entstanden zur Zeit der spanischen Herrschaft im Jahr 1644. Von 1746 bis 1751 sprengten die Österreicher die unterirdischen Verteidigungsanlagen in den Felsen unter der heutigen „Gëlle Fra“. Das taten allerdings keine lokalen Arbeiter oder ihre Soldaten, sondern Fachleute, die extra dafür aus den österreichischen Bergbaugebieten nach Luxemburg kamen. Spuren der Bohrer sind noch heute sichtbar. Die Kasematten erstrecken sich über mehrere Ebenen und erreichen eine Tiefe von bis zu 40 Metern. Nach der Schleifung der Festung ab dem Jahre 1867 (die Arbeiten dauerten 16 Jahre) blieben von den ursprünglich 23 Kilometern lediglich insgesamt 17 übrig.