Opfer des Diesel-Bashings: Arbeiter in Frankreich

Opfer des Diesel-Bashings: Arbeiter in Frankreich
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In Südfrankreich sorgen sich zwischen 400 und 700 Arbeiter um ihren Arbeitsplatz: Sie stellen High-Tech-Teile für Dieselmotoren her.

Der deutsche Hightech-Konzern Bosch ist 1962, vor 56 Jahren, nach Rodez gekommen. Er hat damals die „Compagnie électrique du Rouergue“ gekauft. Zwei Jahre später integrierte Bosch die Fabrik als Niederlassung in den Konzern. Heute ist sie ein Ort für Hightech-Produkte für Dieselmotoren, unverzichtbar für den Konzern. In Rodez arbeiten 1.600 Mitarbeiter des Unternehmens. Sie stellen jährlich 20 Millionen Diesel-Glühkerzen her, sechs Millionen Einspritzdüsen und 2,8 Millionen „Common Rail“-Einspritzsysteme (CDI).

Und dann kam das „VW Dieselgate“. Nachfolgend setzte in Frankreich – ausgehend von der Pariser Bürgermeisterin Anne Hidalgo, gefolgt von den Umweltpolitikern mit Umweltminister Nicolas Hulot – das Diesel-Bashing ein, das sich auf ganz Europa erstreckte. Die Selbstzünder-Motoren wurden als Grund allen Übels dargestellt.

Umweltminister Hulot kündigte ein Verbot des Verkaufs von Dieselautos ab 2030 an. Dieselkraftstoff wurde Anfang 2018 um sieben Cent pro Liter teurer und kostet jetzt rund 1,40 Euro pro Liter. Auf der Autobahn findet man Preise in der Nähe von 1,50 Euro pro Liter. Diesel soll so teuer wie Benzin werden. Gleichzeitig aber wurden die Benzinpreise erhöht. Eine Politik, die für Städte angebracht sein mag. Frankreich aber ist überwiegend ländlich strukturiert – ohne den notwendigen öffentlichen Nahverkehr.

Diesel-Bashing überfordert Landbevölkerung

Das Auto ist auf dem Land unverzichtbar. Diesel-Bashing macht die ländliche Bevölkerung zum ersten Opfer dieser Politik. Die ländliche Bevölkerung in Frankreich gehört weder zur finanziellen Mittel- noch zur Oberschicht. Sie krebst mit schmalen Renten und Mini-Einkommen vor sich hin. Diese ländliche Bevölkerung soll mit einer auf die Stadtbevölkerung zugeschnittenen Umweltpolitik davon überzeugt werden, sich Benzin- oder Elektroautos zuzulegen.

Stattdessen kann man auf dem Lande beobachten, dass mancher Landwirt oder Rentner seinen alten Renault 4 pflegt oder sogar wieder im Citroën 2CV fährt. Ganz zu schweigen vom Peugeot 205, der in manchem Hangar noch herumsteht. Die staatlichen Zuschüsse zum Autokauf fordern viel von einem Staatshaushalt, der in diesem Jahr über 80 Milliarden neue Schulden macht. Sparen geht da anders.

Dennoch: Diesel-Bashing hat Erfolg in Frankreich. Der Verkauf von Dieselautos ist drastisch eingebrochen. Die wichtigen Automobilhersteller sind alle Kunden von Bosch  – und haben angekündigt, dass sie sich vom Diesel abwenden und Hybridfahrzeugen oder Elektroautos zuwenden wollen. Nur die deutsche Bundesregierung verlangt statt der Einstellung des Diesels eine Nachrüstung der Wagen.

Modernisierung in Rodez aufgeschoben

In Rodez haben sich Zweifel eingestellt: Eigentlich hatte Bosch beabsichtigt, Rodez zu modernisieren und dort die modernsten „Common Rail“-Einspritzer zu fertigen. Diese arbeiten mit sehr hohem Druck bis 2.000 Bar, wodurch Kraftstoff besser genutzt wird. Angesichts der Folgen des Diesel-Bashings zögert das Stuttgarter Unternehmen aber mit einer Investition von 17 Millionen Euro.

Die Gewerkschaften befürchten den Abbau von 400 bis 700 Arbeitsplätzen, wenn Bosch nur eine Produktionsstraße stilllegen würde. Erfolgt keine Investition, dann stehen in der strukturschwachen Region mit 80.000 Einwohnern zwischen 8.000 und 10.000 Arbeitsplätze zur Disposition.

Die Gewerkschaften haben aufgrund der drohenden Schwierigkeiten Wirtschaftsminister Bruno Le Maire eingeschaltet. Der hat zwar weder Aktien bei Bosch noch einen Staatsvertreter im Aufsichtsrat – aber klare Forderungen: Das Unternehmen soll investieren, einen Arbeitsplatzabbau vermeiden und seine Produktion diversifizieren. Im Klartext: Bosch soll die Folgen des politischen Diesel-Bashings der Regierung tragen und sie ausbügeln.

Le Maire will am Montag mit dem Bosch-Vorstandsvorsitzenden in Versailles reden. Dort trifft sich Europas Hightech-Elite und soll vom Wirtschaftsstandort Frankreich überzeugt werden. Mitglieder des Bosch-Vorstandes werden am kommenden Freitag der Belegschaft die nötigen Entscheidungen mitteilen.

Lebensader Dieselmotor

Bosch ist nicht der einzige Fall, bei dem es um Folgen der Anti-Diesel-Politik geht: In der Region Lothringen hängen 12.000 Arbeitsplätze direkt von der Automobilindustrie ab, sagt Wirtschaftsminister Le Maire, dem die Gesamtproblematik wohlbekannt ist. Diese Industrie ersetzte die Stahlindustrie, nachdem in den 1970er bis 1990er Jahren Werk um Werk geschlossen wurde. Von der luxemburgischen Grenze bis in die Vogesen arbeiten hochspezialisierte kleine und große Unternehmen für die Automobilindustrie. Produziert wird in Lothringen nur ein Kastenwagen von Renault. Das gilt auch für das Elsass. In Molsheim lässt Mercedes seine Autos auf französische Normen anpassen und im Elsass wird der 1.000-PS-Bolide Bugatti gebaut.

Mit dem politisch gewollten Ende des Verbrennungsmotors stehen in Lothringen und im Elsass Fabriken und Service-Unternehmen mit über 20.000 Beschäftigten vor der Zukunftsfrage. Lothringen allein wird bei einem zu vermutenden Auslaufen der Verbrennungsmotoren um 2050 innerhalb von 70 Jahren nach der Stahl- und der Automobilzeit erneut wirtschaftlich umstrukturieren müssen. Dabei ist derzeit nicht einmal der Schock aus der Stahlzeit verdaut.

Manche sind für die Zukunft gerüstet

Jeden Morgen fahren aus Lothringen die Grenzgänger aus Luxemburg an der größten Motorenfabrik der Welt vorbei: In Tremery werden auf 90 Hektar Fläche von 5.000 Mitarbeitern Diesel- und Benzinmotoren und von 2019 an Motoren für Elektroautos gebaut. Tremery ist eine völlig integrierte und digitalisierte „4.0-Fabrik“, die bis in den letzten Winkel durchstrukturiert ist und die Manager mit einheitlicher Hard- und Software ausrüstet. Hier lag das Herz für die Dieselmotoren.

Peugeot war in Frankreich ohne Dieselmotor nicht denkbar. Auf dem französischen Markt ist der Anteil von Dieselmotoren unter 50 Prozent gesunken. Der Konzern selbst hat dafür Vorsorge getroffen. Die Fabrik in Tremery ist von den Produkten her so flexibilisiert, dass sie derzeit alle Arten der Verbrennungsmotoren herstellt. Was aber für Bosch in Südfrankreich und für die PSA-Gruppe in Metz und in Tremery als Anpassung bis zum Verkauf des letzten Verbrennungsmotors 2030 möglich ist, gilt für kleine und mittlere Unternehmen nicht: Das Aus für den Verbrennungsmotor wird die französische Regierung vor Probleme stellen, bei deren Bewältigung es nicht mehr reichen wird, Investitionen und Diversifizierung zu verlangen.

Grober Jean-Paul
25. Januar 2018 - 9.36

Bleibe bei meinem alten Diesel bis er den Geist aufgibt. Bitte trotzdem um Erklärung. Haben vor 6 Monaten einen kleinen Eigentest gemacht, zwischen einem 5 Jahre alten 2 l Diesel und einem neuen 1,6 l neuen Benziner. Test mit Filtertüte am Auspuff. Mal raten wo nach dem 10 minutigen Test am meisten schwarzer „Dreck“ drin war! Bisher konnte mir das keiner glaubhaft erklären.