TiergesundheitNoch kein Impfstoff gegen die afrikanische Schweinepest entwickelt 

Tiergesundheit / Noch kein Impfstoff gegen die afrikanische Schweinepest entwickelt 
Forstwirte stellen einen Schutzzaun gegen die Afrikanische Schweinepest auf.  Foto: dpa

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Schon lange wird vor der Afrikanischen Schweinepest gewarnt, sie treibt viele Landwirte um. Gegen andere Krankheiten können sie ihre Tiere impfen. Das verursacht Kosten. Hersteller von Impfstoffen oder Medikamenten wie Boehringer investieren in den Wachstumsmarkt.

Groß ist die Angst vor einem Einschleppen der Afrikanischen Schweinepest (ASP). Luxemburg hat einen Zaun an der Grenze zu Belgien gebaut, wo es einen Ausbruch gab. Im Saarland gibt es einen auf Kadaver von Wildschweinen spezialisierten Suchhund. Neben ASP gibt es noch zahlreiche weitere gefährliche Krankheiten, die rheinland-pfälzische Umweltministerin Ulrike Höfken (Grüne) sprach 2019 von einer zugespitzten Tierseuchensituation – für Landwirte zwischen Westerwald und Pfalz ein Riesenthema. Impfungen, die es zwar für die ASP nicht gibt, wohl aber für andere Krankheiten sind für Betriebe längst ein echter Kostenfaktor geworden. Ein Branchenriese für Tiermedikamente und Impfstoffe sitzt in Rheinland-Pfalz: Boehringer Ingelheim.

„Die Sorgen der Landwirte vor infektiösen Tierkrankheiten sind berechtigterweise sehr groß“, sagt Roland Labohm, Geschäftsführer der bei der Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz ansässigen Tierseuchenkasse. „Impfungen bei Nutztieren sind inzwischen ein unverzichtbarer Teil der Tierhaltung und Tierproduktion.“ Routine in Betrieben seien bei Schweinen unter anderem Impfungen gegen Erkrankungen der Atemwege, des Darms oder des „Fortpflanzungsapparates“, wie Labohm es nennt.

Impfungen bei Sauen notwendig 

Als problematischen Erreger nennt der Experte etwa das Circovirus, PRRS, das Porzine Reproduktive und Respiratorische Syndrom, das zu Fruchtbarkeitsstörungen oder Lungenentzündungen führen kann, und die Lawsonien-Ileitis. „Ohne die Krankheitsvorbeuge durch Impfungen wäre eine wirtschaftliche und mit dem Tierschutz vereinbare Tierhaltung in den heutigen Größenordnungen nicht möglich“, sagt Labohm. Impfungen dienten auch dazu, den Einsatz von Antibiotika zu reduzieren – auch in der Geflügelhaltung.

Das bestätigt Uwe Bißbort, Vorsitzender der Tierseuchenkasse und Schweinehalter in Pirmasens. Er hat rund 160 Muttersauen und in der Regel zwischen 750 und 800 Ferkel und setzt auf Schutzimpfungen. „Meiner Meinung nach ist das viel sinnvoller, als kranke Tiere zu behandeln“, sagt er. „Wir brauchen kaum noch Antibiotika.“

Impfen sei zwar ein enormer Aufwand, der gesamte Bestand an Sauen werde dreimal im Jahr geimpft – beispielsweise gegen das Circovirus, die Darmerkrankung PIA (Porcine intestinale Adenomatose) oder Mykoplasmen, also Bakterien, die bei Schweinen zum Beispiel eine Lungenkrankheit hervorrufen können. Pro Ferkel komme er auf Impfkosten von sechs Euro, sagt Bißbort. Bei rund 4000 Ferkeln, die pro Jahr den Betrieb durchliefen, seien das 24 000 Euro. Hinzu kämen Impfkosten für die Sauen von etwa 2500 Euro. Bei Schweinen gebe es anders als bei mancher Rinderimpfung keine Bezuschussung.

Schweine in China werden gekeult

„In der Rinderhaltung ist Impfen von geringerer Bedeutung“, erklärt Labohm. Komplett ohne Impfung kämen aber auch hier nur wenige Betriebe aus. Meist gehe es um den Schutz vor Atemwegs- und Durchfallerkrankungen bei Jungtieren. Ein Thema ist bei Rindern auch die Blauzungenkrankheit, die schon in Betrieben nachgewiesen wurde. Impfungen dagegen werden seit November 2019 bei Rindern, Schafen und Ziegen von Land und Tierseuchenkasse bezuschusst.

Dass das Geschäft mit Tier-Impfstoffen oder -medikamenten ein großes ist, zeigen Listen des Paul-Ehrlich-Instituts zu zugelassenen Substanzen: Allein bei Schweinen sind es 87, darunter Produkte des rheinhessischen Pharmakonzerns Boehringer Ingelheim. Das Unternehmen hatte 2017 das Tiermedizin-Geschäft des französischen Konzerns Sanofi namens Merial übernommen und sein Geschäft mit verschreibungsfreien Mitteln zur Selbstmedikation an die Franzosen abgegeben. Damit wurde es endgültig zum mächtigen Akteur auf dem Markt für Tiergesundheit.

Im ersten Halbjahr 2019 machte die Tiergesundheit bei Boehringer einen Umsatzanteil von knapp 23 Prozent aus, neuere Zahlen liegen noch nicht vor. Dass die Erlöse in der Sparte zuletzt etwas zurückgingen, führten die Ingelheimer auf die ASP in China und Südostasien zurück. Dort seien Millionen Schweine gekeult worden, das drücke das Impfstoff-Geschäft. Nichtsdestotrotz sieht Boehringer die Region als wichtigen Wachstumsmarkt für die Tiermedizin.

Digitalisierung spielt eine Rolle

Die Produktpalette umfasst Substanzen für Nutz- und Haustiere. Allein mit dem größten Umsatztreiber, dem Medikament Nexgard gegen Flöhe, Zecken und Würmer bei Hunden erlöste das Unternehmen im Geschäftsjahr 2018 rund 610 Millionen Euro, mit dem Impfstoff Ingelvac Circoflex gegen das Circovirus bei Schweinen etwa 303 Millionen. Auch die Digitalisierung und Algorithmnen spielen eine Rolle. Getestet wird in der Nutztierhaltung gerade ein System, das Tierlaute im Stall analysiert und bei Anomalitäten ein Signal gibt – beispielsweise um Atemwegserkrankungen bei Schweinen früh zu erkennen.

Der in der Unternehmensleitung von Boehringer für die Tiergesundheit zuständige Jean Scheftsik de Szolnok sagt: „Es hat mehrere Vorteile, Medikamente für Mensch und Tier in einem Unternehmen zu vereinen, denn sie ergänzen sich in vielerlei Hinsicht.“ Das betreffe Forschung, Entwicklung, Zulassung und Vermarktung. Die Tiergesundheit sei für Boehringer aus zweierlei Gründen wichtig: Erstens werde die Bindung zwischen Mensch und Hobbytieren immer stärker und zweitens steige die Nachfrage nach Protein mit der wachsenden Weltbevölkerung.

Landwirt Bißbort tut in Pirmasens alles, um die Wahrscheinlichkeit eines ASP-Ausbruchs zu minimieren. „Man kann da nur Biosicherheit betreiben“, sagt er. Gelände seines Betriebs seien eingezäunt, der Personenverkehr werde auf das Nötigste eingeschränkt, Fahrzeuge würden nach einer Fahrt zum Schlachthof gründlich gereinigt. „Das alles macht die Situation für Schweinehalter nicht leichter.“

Sully
15. Januar 2020 - 22.06

Impfen? Wer will denn autistische Koteletts essen? ?

Jacques Zeyen
15. Januar 2020 - 13.25

Sind die Drahtmaschen nicht etwas zu grob für ein Virus??

Jugel
15. Januar 2020 - 8.53

"Gegen andere Krankheiten können sie ihre Tiere impfen. Das verursacht Kosten." Ganze Herden keulen und verbrennen auch.