Am Sonntag wird gefeiert: 35 Jahre Schengener Abkommen und ein klares Bekenntnis zu einem gemeinsamen und grenzenlosen Europa. Einmal mehr wird man bei dieser Feierstunde im Europazentrum in Schengen feststellen können, dass im Dreiländereck an der Mosel nicht nur hervorragender Wein gedeiht, sondern auch zusammenwächst, was zusammengehört. Und das nicht erst seit gestern!
Freundschaften und Solidaritätsbekundungen zwischen den Bewohnern gibt es hier seit ewigen Zeiten. Die Römer und die moselfränkische Mundart beispielsweise haben die Kulturlandschaft geprägt. Maßgeblich zur Entwicklung der Region beigetragen aber hat die Europäische Union und vor allem das Abkommen von Schengen. 35 Jahre sind es her, dass es im gleichnamigen luxemburgischen Moseldorf gegenüber von Deutschland und Frankreich unterschrieben wurde.
Dieses Abkommen und vor allem der daraus entstandene Wegfall der Grenzkontrollen vor 25 Jahren hat der Region zu noch mehr Dynamik und Potenzial verholfen. Die Entwicklung ist nicht abgeschlossen, und der Wille ist vorhanden, sie weiter voranzutreiben. Bestehende bürokratische Hindernisse sollen beseitigt und die Region autonomer werden. Die Corona-bedingten Grenzschließungen haben diese Überzeugung bei den Menschen der Region nicht brechen können. Einen nachhaltigen Schaden werde der Ausnahmezustand nicht bewirken, erklären unisono die Gemeindeverantwortlichen aus der Region.
Bürgermeister fahren Bus
Um ihrer proeuropäischen Haltung und zukünftiger Absicht Ausdruck zu verleihen, haben sieben Bürgermeister aus dem Dreiländereck am vergangenen Samstag eine Busfahrt durch ihre Region unternommen. Kein gewöhnlicher Ausflug, sondern eine seit Wochen gemeinsam geplante Aktion – im Zeichen der Solidarität und der Freundschaft.
Europa muss tagtäglich von seinen Bürgern gelebt werden!
Emilie Feltz-Villain (Apach), Fernand Lucas (Contz), Rémi Schwenck (Rettel), Ralf Uhlenbruch (Perl), Steve Reckel (Mondorf), Jacques Sitz (Remich) und Michel Gloden (Schengen) wollen vor allem zeigen, dass sie sich nicht einschüchtern lassen von Entscheidungen, die weit weg und meistens über ihre Köpfe hinweg getroffen wurden. Sie wollen sich weiterhin gemeinsam für ihre Region einsetzen.
Das Dreiländereck an der Mosel muss man erleben, um es zu verstehen. Seine wirtschaftliche, kulturelle und kulinarische Dimension spüren und genießen. In dieser Optik kann man sich an vielen Stellen über die Möglichkeiten schlaumachen, zum Beispiel in Remich, im Tourist-Info auf der Esplanade, dort, wo die Bürgermeister-Reisegruppe startet. Nur wenige Meter entfernt liegen die Moselpassagierschiffe. „Nächstes Mal, wenn mehr Leute zusammenkommen dürfen, fahren wir mit dem Boot!“, sagt Michel Gloden: „Wir wollen unsere Zusammenarbeit in Zukunft noch öfters und auf verschiedenste Art und Weisen zeigen.“ Diesmal ist aber erst mal Bus angesagt.
Von Remich nach Nennig
Von Remich aus geht es in die Gemeinde Schengen nach Remerschen zum Wasserturm. In seiner Grundstruktur stammt er aus dem Jahr 1934. Oben auf der rund 40 Meter hohen Plattform – wer trotz Aufzug Treppen steigt, ist selber schuld – wäre eine Kneipe nicht schlecht oder eine andere touristische Nutzung. Jedenfalls hat man von da oben einen beeindruckenden Panoramablick auf die Dreiländerregion. Auch bis nach Mondorf, wo der weitläufige Park des Thermalstädtchens und das Flugzeugmuseum die dritte Etappe der Reise bilden.
Die freie Fahrt über Grenzen hat die ganze Region geprägt!
Weiter geht es nach Contz in Frankreich. Da die Grenzen zu Frankreich für Tourismus offiziell noch geschlossen sind, hat die Gruppe einen Passierschein dabei. Er wird nicht gebraucht. Keine Kontrollen. „Die gab es aber auch die vergangenen Wochen nicht oft“, sagt Gérard Sonntag vom Weingut Sonntag. Im nahen Rettel bestaunt die Reisegruppe die im 14. Jahrhundert im spätgotischen Stil erbaute „Maison de la Dîme“. Anschließend geht es nach Apach. Wie auch in Contz und Rettel wohnen hier viele Grenzgänger, die in Deutschland oder Luxemburg arbeiten. Die Alteingesessenen sprechen noch Luxemburgisch.
Von Apach ist es ein Katzensprung bis nach Perl. Der deutsche Grenzort hat unter den Grenzschließungen besonders gelitten. Die ganze Geschäftswelt dort hat sich hinsichtlich der Kunden aus drei Ländern entwickelt. Wenn zwei wegbrechen, ist schnell Ende mit lustig. Deshalb freut man sich, dass die Luxemburger jetzt wieder zum Einkaufen kommen dürfen und die Franzosen hoffentlich ab Montag.
In der weitläufigen deutschen Gemeinde befindet sich auch die Villa Borg, eine auf bestehenden Fundamenten originalgetreu aufgebaute Römervilla. Dort kann man übrigens sehr lecker speisen und vor allem aber erfahren, wie die Römer hier in der Region ihr Weltreich zelebrierten.
Mehr regionale Autonomie
Abschluss der Reise ist Schloss Berg in Nennig direkt gegenüber von Remich. In der gediegenen Atmosphäre vom historischen Schloss mit seinem Hotel, den Restaurants und dem Spielcasino darf Bilanz des zehnstündigen gemeinsamen Ausflugs durch die drei Länder gezogen werden.
Schön sei es gewesen, meinen alle. Interessant auch, vor allem, weil nicht jeder der Teilnehmer von sich behaupten kann, sämtliche Ortschaften der Reise bereits besichtigt zu haben. Und lecker sei es natürlich auch gewesen mit all den kleinen Verköstigungen von lokalen Spezialitäten wie zum Beispiel Erdbeeren, Ziegenkäse, Honig, Rieslingspastete oder Mettwurst nach Römerart.
Die Bürgermeister der sieben Dreiländereck-Ortschaften wollen sich in Zukunft öfters in dieser oder in größerer Runde treffen und sich gegenseitige Besuche abstatten. Eine Initiative, die es durchaus verdient, auch von Bürgern der Region nachgeahmt zu werden.
„Europa muss tagtäglich von seinen Bürgern gelebt werden“, sagt Michel Gloden: „Besonders im Rahmen der Großregion sollen lokale und regionale Initiativen viel mehr einfließen.“ Dem widerspricht keiner der Anwesenden. Sollte man also mehr Autonomie für die Region fordern?
Jeder soll wissen, wie wir Europa leben und auch weiterhin leben wollen!
„Unbedingt mehr Selbstständigkeit, damit sich Situationen wie in den letzten Wochen nicht wiederholen“, fordert Rémi Schwenk. „Es ist schade, dass wir 35 Jahre nach Schengen immer noch von Paris abhängen, wenn es um grenzüberschreitende Projekte hier im Dreiländereck geht“, so Fernand Lucas. „In Paris sind sie sich nicht wirklich unserer besonderen geografischen Lage bewusst, sie wissen auch nicht, dass 60% unserer Einwohner Grenzgänger sind“, so Emilie Feltz-Villain. Erst seit kurzem ist sie Bürgermeisterin von Apach – und sehr motiviert. Auch sie ist Grenzgängerin und arbeitet bei einer großen Bank in Luxemburg. Als Luxemburgerin würden ihr mindestens 13 Stunden politischer Urlaub zur Verfügung stehen. Als Französin hat sie kein Recht darauf. „Das ist sehr bedenklich“, findet auch Michel Gloden. Zumindest ist es kein Ausdruck von Gleichbehandlung und von Respekt vor der regionalen – und von EU-Autoritäten immer gewünschten – Zusammenarbeit. Hier besteht also noch Luft nach oben.
35 Jahre Schengener Abkommen
In Schengen wird am Sonntag gefeiert. Genau 35 Jahren sind es dann her, seit am 14. Juni 1985 Staatssekretäre aus Frankreich, Belgien, den Niederlanden, Deutschland und Luxemburg im Moseldorf das „Schengener Abkommen“ unterzeichnet haben. Für das Großherzogtum unterschreibt Robert Goebbels. Es handelt sich um eine Absichtserklärung. 1990 folgt das Umsetzungsprotokoll „Schengen 2“, jener Vertrag, der regelt, wie und unter welchen Bedingungen die Grenzen geöffnet werden. 1995 wird der Vertrag in die Praxis umgesetzt. Die Grenzen fallen. Von den ursprünglichen fünf Gründungsmitgliedern ist die Zahl der Mitglieder mittlerweile auf 26 angewachsen. Das weltweit bekannte Schengener Abkommen gilt als Meilenstein europäischer Politik. Unumstritten ist es nicht. Dass es ohne Rücksicht auf Verluste einfach außer Kraft gesetzt werden kann, hat die Corona-Krise bewiesen. Die Feierstunde am Sonntag um 11 Uhr beim Europazentrum in Schengen soll, genau wie die Busfahrt der Bürgermeister, ein Zeichen dafür sein, dass man das nicht hinnehmen muss und darf.
Keine Alternative zu Schengen
„Durch mehr regionale Autonomie ließen sich insbesondere direkt den Bürger vor Ort betreffende Entscheidungen nachvollziehbarer und transparenter darlegen“, sagt Ralf Uhlenbruch. „Wenn Meinungen und Überzeugungen von Grenzregionen nicht zählen und ignoriert werden, kann Europa nicht zusammenwachsen!“ fügt Jacques Sitz hinzu. Steve Reckel will nicht unbedingt mehr Autonomie, „weil wir kein Europa in Europa wollen. Aber die politisch Verantwortlichen dort oben sollen wissen, wie wir Europa hier leben und dass es überall so sein sollte!“
Am Sonntag werden sich die Gemeindeverantwortlichen aus dem Dreiländereck vermutlich alle in Schengen bei der Jubiläumsfeier wiedersehen. Nicht alle werden eine Rede halten, dennoch ist ihre Botschaft klar. „Die vor 35 Jahren entstandene Idee ist heute wichtiger denn je“, so Reckel. „Das Abkommen ist eine richtige Entscheidung gewesen“, sagt Sitz. Fernand Lucas und Rémi Schwenk stimmen zu: „Wir müssen uns bewusst sein, wie zerbrechlich der Schengen-Raum ist.“ „Corona hat deutlich gemacht, dass wir noch stärker an einem gemeinsamen Europa arbeiten müssen“, sagt Ralf Uhlenbruch. „Es geht darum, die Grenzen ein für allemal zu überwinden, den Reichtum der Region zu teilen und solidarisch zusammenzuleben“, so Emilie Feltz-Villain.
Abschließend meint Michel Gloden: „Betont werden muss am Sonntag, dass wir aus den Fehlern der Vergangenheit, der jüngeren und der älteren, lernen müssen. Zu einem gemeinsamen Europa gibt es keine Alternative, zumindest keine bessere!“
In dem Sinne: bis am Sonntag 11 Uhr in Schengen.
„Marie-Astrid“ zurückbringen
Unterschrieben wurde das Schengener Abkommen auf dem damaligen Moselpassagierschiff „Prinzessin Marie-Astrid“. Das Schiff wurde später ausgemustert und durch eine größere „Marie-Astrid“ ersetzt. Das historische Schiff existiert aber nach wie vor. Unter dem Namen „MS Regensburg“ tuckert es heute, fast unverändert, auf der Donau. Bestrebungen, es nach Schengen zurückzubringen, gibt es seit langem. Zum 35. Jubiläum wird die Prinzessin nicht da sein. Aber vielleicht erfährt man am Sonntag mehr über das Schicksal des Schiffes, auf dem unwiderruflich europäische Geschichte geschrieben wurde.
@ Scholer Sie haben vergessen Luxemburg zu erwähnen wo unter einem proeuropäischen Deckmäntelchen mit viel Fleiß und Bauernschlauheit daran gearbeitet wird, wie man sich die dicksten Pfründe sichert. Oder liegen die "graue Liste" und Lux-Leaks schon wieder unter dem luxemburgischen Teppich des vergessen ;) Nichts für ungut, aber wer mit dem Finger auf andere zeigt, zeigt mit vieren auf sich.
Mehr regionale Zusammenarbeit beginnt damit, dass der luxemburgische Staat auch einen Teil der Lohnsteuer an die angrenzenden Gemeinden überweist. Leben dort doch immer mehr Menschen die zwar Steuern in Luxemburg zahlen, aber Infrastrukturen am Wohnort brauchen.
Nicht die Einwohner des Dreiländereckes , die EU Bürger tragen die Schuld am Scheitern der europäischen Idee . Allein die Politik mit unsozialen, unsolidarischen Entscheidungen, eine inkompetente EU Kommission , inkompetentes Parlament, wie auch Machtstreben und Vorteilsnahme der Politiker, Parteien führen die europäische Idee, das Zusammenleben auf das Schafott. Voran Deutschland mit den Helfern Niederlande, Österreich betreiben eine zerstörerische EU Politik.Pervers an dieser Politik, in die Kamera lächeln, Schönwetter verbreiten und die eigenen Schäfchen sprich Vorteile in den Stall führen.
An den Con-Tribuable ass emmer den Gebiichten !
Die Corona-Krise ist nicht nur alleine Schuld an dem Schengendebakel,vorher gab es auch schon Unstimmigkeiten, die EU ist sowieso ein politischer Flopp,nur Verpolfern von Steuergeldern, aber dann am 35ten Jahrestag sind wieder alle präsent,Schampagner in sich hineinschütten,Magen vollstopfen, Sprüche von sich geben,alles auf Kosten des dummen Bürgers, was sind das nur für lamentabele Korintenkackerten.