SchifflingenLoyal und diskret: Fabienne Diederich geht nach 32 Jahren als Gemeindesekretärin in Rente

Schifflingen / Loyal und diskret: Fabienne Diederich geht nach 32 Jahren als Gemeindesekretärin in Rente
32 Jahre lang Schifflinger Gemeindesekretärin: Fabienne Diederich Foto: Editpress/Julien Garroy

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Als Fabienne Diederich bei der Schifflinger Gemeinde anfing, da lebten gut 6.000 Menschen im Ort. Inzwischen sind es fast doppelt so viele. Heute Freitag ist ihr letzter Arbeitstag. Ein Rückblick auf 32 Jahre als Gemeindesekretärin. 

Im Escher „Etat Civil“ war es ihr zu langweilig, zuvor hatte sie zwei Jahre bei der WSA gearbeitet. Also wechselte Fabienne Diederich 1988 im Alter von 26 Jahren zur Schifflinger Gemeinde. Zwei Redakteur-Posten waren frei, den anderen besetzte Camille Weiland, der später Gemeindekassierer wurde und unlängst ebenfalls in Rente ging. Als Gemeindesekretär Josy Hansen 1990 plötzlich verstarb, übernahm Diederich mit 28 Jahren seinen Posten. „Das Sekretärexamen konnte man damals nebenbei absolvieren und glücklicherweise hatte ich es in der Tasche, als er starb. Trotzdem wurde ich ins kalte Wasser geworfen und musste mir ein ums andere Mal Ratschläge bei den Kollegen aus den Nachbargemeinden holen“, blickt Fabienne Diederich zurück. „Das hat mich geprägt. Es war eine schwierige Zeit. Bei der Escher Gemeinde hatte ich die Option, zurückzukehren. Darüber habe ich gleich mehrmals ernsthaft nachgedacht“. 

Doch sie blieb in Schifflingen und biss sich durch. „Fünf Jahre habe ich gebraucht, um Ordnung und Routine in meinen Beruf zu bekommen. Als Gemeindesekretärin muss man sich, besonders als junge Frau, den Respekt erst einmal erarbeiten. Das war nicht einfach, denn man hatte es damals fast ausschließlich mit ‚gestandenen’ Herren zu tun“, erzählt Diederich. Sie war in Luxemburg als Frau eine Ausnahme auf dem zentralen Posten der Gemeinde. Dort, wo alle Fäden zusammenlaufen. Und im Schifflinger Rathaus sowieso, in dem sie bei Amtseintritt eine von zwei Frauen war. Insgesamt arbeiteten damals zwölf Leute in der Administration, dazu noch einmal so viele in den Gemeindeateliers. Heute sind es insgesamt 140. Es wurde noch auf Schreibmaschinen geschrieben. Fabienne Diederich war nicht nur Chef der Verwaltung, sondern gleichzeitig der direkte Ansprechpartner innerhalb und außerhalb des Gemeindehauses. „Die Menschen kamen mit ihren Anliegen zu mir. Heute funktioniert das alles über E-Mail, was ja auch nicht schlecht ist. Trotzdem ist der direkte Kontakt mit den Menschen in den Gemeinden im Laufe der Zeit verloren gegangen, das bedauere ich.“  

Vier Bürgermeister

Sie diente unter vier verschiedenen Bürgermeistern: Nicolas Frisch (LSAP, 1985-1993), Nelly Stein (CSV, 1994-2002), Roland Schreiner (LSAP, 2003-2017) und Paul Weimerskirch (CSV, seit 2017). „Die vier sind nicht miteinander zu vergleichen“, sagt Fabienne Diederich heute, „ich habe es aber immer als meine Pflicht gesehen, ihnen gegenüber loyal und diskret zu sein, egal ob ich jetzt gut oder schlecht mit jemandem zurechtkam“. Der Gemeindesekretär ist so etwas wie die rechte Hand des Bürgermeisters und sollte stets für ihn erreichbar sein. „Auch wenn es keine Bereitschaftsprämie gab, so habe ich es als normal empfunden, zu jeder Zeit für den Bürgermeister erreichbar zu sein.“

Fabienne Diederich in ihrem Büro im Schifflinger Rathaus
Fabienne Diederich in ihrem Büro im Schifflinger Rathaus Foto: Editpress/Julien Garroy

Das kann Roland Schreiner bestätigen: „Ich war an einem Wochenende in Nancy, weil meine Tochter dort studieren sollte, und demnach schlecht erreichbar. Da gab es einen schlimmen Hausbrand in Schifflingen. Als ich es erfuhr, telefonierte ich mit Fabienne und fragte sie, ob ich zurückkommen solle. Da hatte sie aber schon alles organisiert, um die Familie umzuquartieren. Ich bräuchte die Familie nur im Krankenhaus zu besuchen und ihnen Mut zusprechen, sagte sie. Das tat ich und Fabienne hatte mir sogar Stofftiere besorgt, um den Kindern zu schenken.“ Kompetent, fleißig, pflichtbewusst, gut organisiert und loyal, so beschreibt der Ex-Bürgermeister seine frühere rechte Hand. „Fabienne war nicht nur zu mir als Bürgermeister, sondern auch zu mir als Mensch loyal. Im Laufe der Jahre ist so eine Freundschaft entstanden“, sagt Schreiner.

Fabienne Diederich wurde am 28. August 1962 in Schifflingen geboren. Ihre Hebamme war keine Geringere als Léonie Koullen, nach der jetzt in Schifflingen ein Park benannt ist. Fabienne ist ein Einzelkind, ihr Vater Aloyse Diederich war Hausmeister in der Escher Dellhéicht-Schule und ein passionierter Sportler bis ins hohe Alter. Er verstarb vor rund einem Jahr mit 88 Jahren, Mutter Marie-Louise Feiereisen war 2016 gestorben. Fabienne Diederich wuchs in Esch auf, besuchte das „Meedercherslycée“. Das anschließende Jurastudium in Nancy brach sie nach einem Jahr ab. „Ich habe versucht, es mit 35 parallel zur Arbeit weiterzuführen. Doch war das zeitlich nicht machbar“, sagt sie. Zweimal war Diederich verheiratet, nun ist sie seit 17 Jahren Single, lebt im Escher Bourgronn. Ihre Engagements sind vielfältig. So gehört sie als administrative Sekretärin seit vielen Jahren dem Vorstand des HB Esch an, zudem hat sie vor kurzem eine Tischtennis-Lizenz beim DT Schifflingen beantragt. Ab kommender Saison wird sie so im Meisterschaftsgeschehen an der Platte mitmischen. Außerdem engagiert sich Fabienne Diederich für den Tierschutz und kümmert sich um ihr bald 16-jähriges Patenkind Théo.   

In Frauenhand

„Ich glaube nicht, dass ich Probleme haben werden, mir die Zeit auszufüllen. Im Gegenteil. Auch wenn die Arbeit mir immer Spaß gemacht hat und ich meine Leute auf der Gemeinde ganz sicher vermissen werde, so freue ich mich doch auf meine Pensionierung“, blickt Diederich voraus. Eine letzte, riesige Herausforderung musste sie zum Schluss ihrer Karriere noch meistern: die Pandemie. „Wir haben während Corona richtig viel gearbeitet. Ich war froh, dem Bürgermeister und meiner Gemeinde in dieser Situation mit meiner Erfahrung richtig helfen zu können. Wenn so etwas passiert, dann rücken die Menschen zusammen“, sagt sie. 

Stehe Fabienne Diederich noch einmal vor der Wahl, dann würde sie den gleichen Berufsweg einschlagen: „Ich habe auf meinem Arbeitsplatz fürs Leben gelernt. Gelernt, mich durchzusetzen, gelernt, mich zu organisieren und gelernt, meinen Hitzkopf zu zügeln. Und ich weiß, wie viel ein laufender Meter Straße kostet“, sagt sie lachend, bevor das Gespräch zu ernst wird. Ihrer Nachfolgerin Mandy Manternach wünscht sie ein gutes Händchen im nicht immer einfachen Umgang mit Bürgermeistern und Schöffenräten. „Heute sind bei Gemeindesekretären mehr denn je Managerqualitäten gefragt“, weiß Diederich.

Mandy Manternach tritt in große Fußstapfen. Der wichtigste Posten in der Schifflinger Gemeindeadministration bleibt in Frauenhand. „Ich habe mich immer für Frauen eingesetzt. Aber ich habe auch stets darauf gepocht, dass ich der Gemeindesekretär bin, nicht die Gemeindesekretärin. Ich gehe auf die Barrikaden, wenn Frauen für die gleiche Arbeit weniger verdienen als Männer. Aber nicht, wenn sie Menschin genannt werden wollen“, nimmt sie den „Genderwahn“ auf die Schippe. Sie kann das sagen, schließlich musste sie sich als 28-Jährige in der Welt der „gestandenen Männer“ durchsetzen. Ihre Karriere verdient Respekt, was auch Ex-Bürgermeister Roland Schreiner findet: „Wenn ich ein guter Bürgermeister gewesen sein soll, wie mir die Leute das ab und an sagen, dann hatte Fabienne einen großen Anteil daran!“