BildungswesenLob und Kritik an den sanitären Maßnahmen zur „Rentrée“

Bildungswesen / Lob und Kritik an den sanitären Maßnahmen zur „Rentrée“
In rund einer Woche öffnen die Schulen wieder ihre Türen. Die neuen Covid-Maßnahmen sollen so viel Normalität wie möglich zulassen. Doch nicht alle Akteure des Bildungswesens sind damit einverstanden. Foto: dpa/Sebastian Gollnow

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Die „Rentrée“ steht vor der Tür. In rund einer Woche werden Luxemburgs Schüler wieder zum Unterricht gehen. Bildungsminister Claude Meisch kündigte vergangene Woche die neuen Covid-Maßnahmen an. Wir haben bei unterschiedlichen Akteuren des Bildungswesens nachgefragt. Nicht alle sind mit den Maßnahmen zufrieden.

Patrick Arendt, Präsident der Lehrergewerkschaft OGBL/SEW und zuständig für die Grundschulen, zeigt sich auf Tageblatt-Nachfrage zufrieden, dass nun versucht wird, eine gewisse Normalität in die Schule zu bringen. „Ich glaube, jeder ist froh, dass es jetzt in diese Richtung geht“, sagt er. Bildungsminister Claude Meisch hatte vergangene Woche zusammen mit Gesundheitsministerin Paulette Lenert die neuen Covid-Maßnahmen zur „Rentrée“ vorgestellt. Insbesondere die Maskenpflicht wird demnach gelockert. Gleichzeitig soll sich die Schulgemeinschaft zweimal in der Woche einem freiwilligen Selbsttest unterziehen.

Die Idee, wie das Bildungsministerium nun vorgehen möchte, findet Patrick Arendt, Präsident der Lehrergewerkschaft SEW/OGBL, gut. Aber mit den Prozeduren ist er nicht einverstanden.
Die Idee, wie das Bildungsministerium nun vorgehen möchte, findet Patrick Arendt, Präsident der Lehrergewerkschaft SEW/OGBL, gut. Aber mit den Prozeduren ist er nicht einverstanden. Foto: Editpress/Didier Sylvestre

Allerdings moniert Arendt, dass man sich nicht im Vorfeld mit allen Partnern aus der Schule zusammengesetzt habe, um auszuloten, was die Bedingungen sind und wo die reellen Gefahren lauern. Der Präsident des SEW/OGBL bedauert, dass aus diesem Grund keine mittelfristige Planung möglich ist. „Ich glaube, viele Lehrer, aber auch Eltern haben immer noch das Gefühl, dass auf vieles noch sehr kurzfristig reagiert wird.“ Laut Arendt sei es demnach möglich, dass in 14 Tagen wieder alles, was nun beschlossen wurde, über Bord geworfen werde. Ihn stört vor allem, dass es keine Begründung für die Maßnahmen gibt. Er fragt: „Wieso sind sie anders als vergangenes Jahr? Auf welchen Erkenntnissen basiert das?“ Von der Idee her, wie das Bildungsministerium nun vorgehen möchte, ist Arendt einverstanden. Aber die Prozeduren seien nicht bis zum Schluss durchdacht, sagt er.

Ich glaube, dass eine sehr große Mehrheit von Eltern und Schülern gegen das Tragen von Masken im Unterricht ist

Alain Massen, Präsident der Nationalen Elternvertretung

Die Lehrergewerkschaft Féduse/CGFP für den Bereich „Secondaire“ hatte sich bereits vor der Pressekonferenz für die Einführung des Covid-Checks an Schulen eingesetzt. Claude Meisch hat dies zwar verworfen, aber dennoch nun das 3G-Regime eingeführt, aber nur im Falle einer Infektion an einer Schule. „Wir haben den Covid-Check gefordert, weil wir nicht nur mehr Normalität in der Schule wollen, sondern auch mehr Sicherheit“, so Gewerkschaftspräsident Raoul Scholtes gegenüber Tageblatt. Für ihn ist der Unterricht mit Maske enorm schwierig. Mit dem Covid-Check hätte man seiner Meinung nach die Maske mit weniger Risiko ausziehen können. Aus der Tatsache, dass 3G erst eingesetzt wird, wenn das Virus bereits in der Schule ist, schließt Scholtes, dass davor keine Vorsichtsmaßnahme ergriffen wird.

Mehrheit gegen Maskenpflicht im Unterricht

Für Alain Massen, Präsident der Nationalen Elternvertretung, ist das Tragen von Masken beim Sitzen im Klassenzimmer sowie im Schulhof nicht notwendig. „Das kann man nicht noch ein Jahr so weiterführen, mit all den negativen Effekten, die das mit sich bringt“, sagt er gegenüber dem Tageblatt. Die Eltern sind laut Massen bei diesem Thema gespalten. „Ich glaube, dass eine sehr große Mehrheit von Eltern und Schülern gegen das Tragen von Masken im Unterricht ist.“ Es gebe allerdings auch einige Hardliner, die der Meinung seien, dass eine Maske nach wie vor sehr wichtig im Unterricht ist, so der Präsident der Nationalen Elternvertretung. „Sie sehen ihre Kinder als Teil eines Experimentes.“

Wir nehmen die Maskenpflicht weg und ersetzen sie durch nichts

Raoul Scholtes, Präsident Féduse/CGFP

Raoul Scholtes, Präsident der Lehrergewerkschaft Féduse/CGFP, kann sich mit der Lockerung der Maskenpflicht bei gleichzeitiger Freiwilligkeit der Selbsttests nicht anfreunden
Raoul Scholtes, Präsident der Lehrergewerkschaft Féduse/CGFP, kann sich mit der Lockerung der Maskenpflicht bei gleichzeitiger Freiwilligkeit der Selbsttests nicht anfreunden Foto: Editpress/Hervé Montaigu

Raoul Scholtes stört sich daran, dass die Selbsttests nur auf freiwilliger Basis stattfinden. Das Einführen eines Stäbchens in die Nase sei schließlich kein medizinischer Eingriff. Claude Meisch nannte eine 90-prozentige Teilnehmerquote bei den Schnelltests. Mit einer Testpflicht könne man, so Scholtes, eine Quote von 98 bis 99 Prozent erreichen. Für die restlichen ein bis zwei Prozent fände sich eine andere Lösung. Scholtes formuliert es so: „Wir nehmen die Maskenpflicht weg und ersetzen sie durch nichts.“ Dadurch setze man die Gefahr hoch. Kinder würden in der Regel nicht so krank werden wie Erwachsene, dennoch dürfe man nicht vergessen, dass auch Kinder langfristigen Krankheiten durch Covid-19 ausgesetzt sein können.

Alain Massen findet die nun von Claude Meisch gewählte Option der freiwilligen Tests eine gute Lösung. Ohne Maske im Klassenzimmer sollte man die Schüler laut Massen zwei- bis dreimal in der Woche testen, am besten montags und mittwochs, um eine gewisse Garantie zu haben. In dieser Logik sollten jene, die sich nicht testen oder impfen lassen wollen, eine Maske anziehen. Doch dies ist für Massen keine Option, da es sich bei den Testverweigern bloß um eine Minorität von rund zehn Prozent handele. Das seien ein bis zwei Kinder pro Klasse. Man würde diese zu Unrecht stigmatisieren, indem nur sie eine Maske tragen müssten. Diese Schüler könnten den Spott der anderen auf sich ziehen und zu Mobbing-Opfern werden. Dies sollte man unbedingt vermeiden, so Massen.

Schule als Druckmittel zum Impfen

Impfungen sind in Luxemburg bislang nur für Kinder ab 12 Jahren zugelassen. In der Grundschule sind die Schüler bei der „Rentrée“ demnach noch nicht geimpft, die meisten Lehrer aber schon. Patrick Arendt sagt, dass er kein Experte ist und demnach nicht darüber urteilen kann, ob das Wegfallen der Maskenpflicht im Klassenzimmer eine Gefahr darstellt oder nicht. „Wir wissen nicht, ob sich die vielen ungeimpften Kinder gegenseitig anstecken werden und was die Folgen sein werden.“ Arendt vermisst eine klare Ansage seitens des Bildungsministers. Die richtige Argumentation würde ihm zufolge zu einer breiteren Akzeptanz führen. Im Ausland sehe man, dass sich die Kinder nach 14 Tagen Unterricht anstecken. Dies hätte man klar formulieren sollen mit dem Zusatz, dass man das in Kauf nimmt, weil Unterricht mit Maske nicht viel bringt.

Wir stellen uns ein wenig die Frage, ob die Schule nicht dazu benutzt wird, um den Druck auf die Leute zu erhöhen, sich impfen zu lassen

Patrick Arendt, Präsident SEW/OGBL

Für Alain Massen, Präsident der Nationalen Elternvertretung, ist die Maßnahme der freiwilligen Tests eine gute Lösung
Für Alain Massen, Präsident der Nationalen Elternvertretung, ist die Maßnahme der freiwilligen Tests eine gute Lösung Foto: privat

Die Gewerkschafter des SEW/OGBL haben nun einige Fragen, die, wie Arendt sagt, eher ethischer Natur sind, an das Bildungsministerium geschickt. „Wir stellen uns ein wenig die Frage, ob die Schule nicht dazu benutzt wird, um den Druck auf die Leute zu erhöhen, sich impfen zu lassen.“ Arendt erklärt: „Wir schicken die Kinder nun ohne Maske in die Schule, damit die Eltern dann sagen, nun wird das Risiko zu groß, dass wir uns anstecken; nun lassen wir uns impfen.“ Stets höre man folgende Message des Bildungsministeriums zwischen den Zeilen heraus: „Lasst euch impfen, dann habt ihr all diese Probleme nicht.“

Patrick Arendt bedauert, dass noch keine Debatte über die Impfung bei Kindern lanciert wurde. Dabei rechne man damit, dass ein Angebot, um die Kinder unter 12 Jahren zu impfen, in den nächsten Wochen oder Monaten kommen werde. Denn viele Eltern werden sehr vorsichtig sein, was die Impfung ihrer Kinder angeht, so Arendt. Er hat das Gefühl, dass die Impfbereitschaft im „Secondaire“, wo die Schüler eher mitentscheiden können, höher ist. Arendt befürchtet eine Zweiklassen-Gesellschaft in der Impffrage bei den Kindern. Das könne zu einer Stigmatisierung einzelner Schüler führen und sollte vermieden werden. Dies sei bereits der Fall bei den aktuellen Maßnahmen, bei denen man einen negativen PCR-Test braucht, um sich aus der Quarantäne zu befreien. Hier sei man hart an der Grenze zum „Secret médical“, sagt er.

Sowohl Alain Massen als auch die Gewerkschafter Patrick Arendt und Raoul Scholtes stören sich daran, dass sich bei der „Rentrée“ bislang alles nur um die Covid-Maßnahmen dreht. „Wenn der Minister so viel Normalität gerne hätte, dann hoffe ich, dass wir bei all unseren Prozeduren auch wieder auf die Normalität zurückkommen“, sagt Scholtes. Man müsse auch die anderen Probleme wieder anpacken. „Es waren viele Problemfelder da, als die Pandemie angefangen hat. Die wurden nicht weniger“, so Scholtes. Am kommenden Montag wird Bildungsminister Claude Meisch eine weitere Pressekonferenz geben. Diesmal soll der Fokus auf die schulische „Rentrée“ gelegt werden.

Leo
9. September 2021 - 17.55

Wéivill Leit si geimpft? Belgien: 71,8 % vun der Populatioun. Portugal: 77,9 % - Malta: 82,4 % - Dänemark: 73,5 % - Irland 71% Lëtzebuerg: 58,5 % - Mir brauchen eis net ze mengen. Wann ech dann nach bedenken, dass och nach eng oder déi aner Dosis an d'Ausland gangen ass - wäert den realen Taux nach méi déif leien. Dann hoffe mir mol, dass dat gutt ausgeet. Ech schéint mer wéi wann all déi Mesuren zimlech fréi kéimen mat esou engem nidderen Impftaux.