NeuseelandKlimakrise, Aktivismus und „Umweltangst“ sollen in den Lehrplan

Neuseeland / Klimakrise, Aktivismus und „Umweltangst“ sollen in den Lehrplan
Die Auswirkungen der Brände in Australien waren auch in Neuseeland spürbar: Die globale Klimakrise kommt nun auf den Lehrplan   (Foto: AAP/Joel Carrett)

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Der Klimawandel wird auch bei uns im Unterricht behandelt. Doch neuseeländische Schulen wollen die Klima-Erziehung nun noch mal ernster nehmen: Künftig sollen Klimakrise, Aktivismus und „Umweltangst“ feste Bestandteile im Lehrplan sein. Auch Italien plant Ähnliches.

Neuseeland will bis 2050 klimaneutral werden und dazu gehört auch, dass Kinder und Jugendliche in der Schule über die globale Klimakrise lernen. Ab diesem Schuljahr erhält jede Schule deswegen Materialien über die Klimakrise, die von den führenden Wissenschaftsagenturen des Landes verfasst wurden. Dazu gehören Tools für Schüler, mit denen sie ihren eigenen Aktivismus planen und ihre Ängste und Gefühle wegen der globalen Erwärmung verarbeiten können. Auch wenn Neuseeland insgesamt für nur einen Bruchteil der weltweiten Treibhausgasemissionen verantwortlich ist, ist der CO2-Fußabdruck des Landes auf Pro-Kopf-Basis nicht unerheblich: Laut der Weltbank liegt er bei 7,7 Tonnen pro Person (Daten aus dem Jahr 2014). Deutschland kam im Vergleich auf 8,9 Tonnen.

Damit der Inselstaat es schafft, bis 2050 klimaneutral zu werden, braucht er die Köpfe, die derzeit noch die Schulbank drücken. Denn das ehrgeizige Ziel kann das Land nur mit Innovation und Technologie schaffen. Ein Beispiel: So arbeiten mehrere Forschungsagenturen derzeit daran, den Methan- und Lachgasausstoß in der Nutztierhaltung einzuschränken. Denn ungefähr ein Drittel der gesamten Treibhausgasemissionen Neuseelands stammt aus der Viehzucht. Augenblicklich wird ein genetisches Programm getestet, um den Methanausstoß von Schafen zu verringern und die Wiederkäuer somit auf Dauer klimafreundlicher zu machen.

Das neuseeländische Programm, das allen Schulen angeboten wird, die 11- bis 15-jährige Schüler unterrichten, ist bisher keine Pflichtlektüre, doch laut James Shaw, Neuseelands Minister für Klimawandel, besteht eine große Nachfrage nach dem Material, da die Kinder das Gespräch über den Klimawandel suchen würden, wie er dem Guardian berichtete. „Sie sehen täglich Dinge in den sozialen Medien, und nichts davon sind gute Nachrichten.“ Daraus würde ein Gefühl der Ohnmacht resultieren und das sei „äußerst beunruhigend“.

Gefühl der Ohnmacht

Hunderttausende von Schülern und Studenten auf der ganzen Welt, darunter auch in Neuseeland, verließen 2019 ihre Klassen, um in der Fridays-for-Future-Bewegung für das Klima zu streiken. Im selben Jahr warnten Wissenschaftler davor, dass der Klimawandel eine „existenzielle Bedrohung für die Zivilisation“ darstellen könnte. Eine Gruppe britischer Psychologen kam im September zu dem Ergebnis, dass sich junge Menschen immer mehr von älteren Generationen betrogen und verlassen fühlten, weil sie in der Klimaproblematik keine Maßnahmen ergriffen hätten. Die Sorge darüber würde zunehmend Angst und Depression auslösen.

„Das Gespräch selbst verursacht Stress“, sagte der Neuseeländer. Um die Klimakrise zu verstehen, müssten die Schüler sich notgedrungen mit vielen schlechten Nachrichten beschäftigen. Ein Beispiel sind die Jahrhundertbrände im benachbarten Australien, die mit dem Klimawandel in Verbindung gebracht werden, der mit höheren Temperaturen und mehr Trockenheit die Feuergefahr erhöht und zeitlich verlängert. Laut Shaw ist es wichtig, mit den Schülern darüber zu sprechen, wie sie sich mit all den negativen Nachrichten fühlen. Die Materialien empfehlen deswegen, dass Schüler ein sogenanntes „Gefühlsthermometer“ führen sollen, um ihre Emotionen auf diese Weise besser im Griff zu haben.

Außerdem helfe es, wenn Kinder erkennen könnten, dass der Klimawandel ein behebbares Problem sei und die Leute daran arbeiten würden. Deswegen beinhaltet der neue neuseeländische Lehrplan auch, dass die Schüler selbst einen Aktionsplan für ein bestimmtes Umweltproblem erstellen und umsetzen – beispielsweise einen essbaren Garten anlegen. Neben Neuseeland wird übrigens auch Italien in diesem Jahr die Themen Nachhaltigkeit und Klimakrise als feste Bestandteile im Lehrplan einführen.