Corona / Keine Impfmüdigkeit in Spanien – in Madrid bilden sich auch nachts Schlangen vor den Impfzentren

Anstehen in Barcelona: In ganz Spanien erhalten täglich etwa 600.000 Menschen die Impfung (Foto: AFP/Lluis Gene)
Spaniens Regierung lehnt einen Impfzwang ab. Aber nicht alle Regionen sind einverstanden damit.
Spaniens Impfkampagne läuft gut. So gut, dass es für die Regierung bisher nicht notwendig war, mit Sanktionen für Impfverweigerer oder mit besonderen Anreizen für Impfwillige nachzuhelfen. „Impfen, Impfen, Impfen“, das sei der beste Weg, um die Pandemie zu besiegen und den Sommer halbwegs genießen zu können, predigt Premier Pedro Sánchez – und kaum jemand widerspricht ihm.
Annähernd die Hälfte der Bevölkerung hat inzwischen den vollen Schutz. Dieses gute Ergebnis kann aber auch nicht verhindern, dass Spanien derzeit eine der höchsten Infektionsraten Europas aufweist. Laut Johns-Hopkins-Universität hatte Spanien zuletzt eine 7-Tage-Inzidenz von 284 Fällen pro 100.000 Einwohner. Nur Zypern, Großbritannien und die Niederlande stehen in Europa noch schlechter da.
Natürlich gibt es auch in Spanien Impfskeptiker, aber immer weniger. Weniger als zehn Prozent der impffähigen Bevölkerung verweigern derzeit die Anti-Covid-Impfung – das hält die Regierung für verkraftbar. Vor einem halben Jahr, zum Start der nationalen Impfkampagne, war die Zahl der Neinsager erheblich größer – wohl auch, weil es noch sehr viel weniger Informationen gab.
Zur großen Impfakzeptanz beigetragen hat vermutlich, dass Spanien seit Beginn der Pandemie eines der am heftigsten von Covid betroffenen Länder Europas ist. Über vier Millionen durch Test bestätigte Infektionen und mehr als 80.000 Covid-Tote wurden bisher registriert.
Nach der Statistik des EU-Zentrums für Krankheitsvorbeugung ECDC gab es in Spanien pro eine Million Einwohner 1.710 Todesopfer. Sehr viele Spanier haben in ihrem Umfeld einen Menschen durch Covid verloren – das hat offenbar das Bewusstsein geschärft, dass die Impfung Leben rettet.
Impfung im Stadion
Überall im Land entstanden riesige Impfzentren. In Madrid zum Beispiel wird unter anderem im Fußballstadion von Atlético de Madrid, dem aktuellen spanischen Meister, geimpft. Rund 5.000 Impfdosen werden hier pro Tag verabreicht. Der Andrang ist riesig. Vor dem Stadion, wie auch vor anderen Impfstationen, bilden sich immer wieder lange Schlangen. Deswegen wird in Madrid inzwischen sogar nachts geimpft und auch zu nachtschlafenden Zeiten ist der Andrang riesengroß.
Landesweit erhalten täglich etwa 600.000 Menschen die Impfung. Rund 48 Prozent der Bevölkerung bekam inzwischen den kompletten Schutz. Das kann sich im europäischen Vergleich sehen lassen – erst recht, wenn man bedenkt, dass Spaniens öffentliches Gesundheitssystem nicht den besten Ruf hat, weil es überall an Geld und Personal fehlt.
Jetzt soll die Zahl der täglichen Impfungen im ganzen Land sogar noch weiter erhöht werden, um die gigantische Virusexplosion im Land zu bremsen. In dieser Welle infizieren sich vor allem jüngere Menschen, die noch nicht geimpft sind. Aber auch immer mehr Menschen, die bisher nur eine Impfdosis oder sogar den vollständigen Impfschutz haben, stecken sich an, was den Virusvarianten Delta und Lambda, die sich bislang in Lateinamerika stark ausgebreitet haben und in Europa angekommen sind, zugeschrieben wird. Die Krankenhäuser füllen sich wieder. Annähernd 4.500 Covid-Patienten liegen inzwischen in spanischen Hospitälern.
Druck aus den Regionen
Nur in der westspanischen Region Galicien hatte man bisher versucht, eine allgemeine Impfpflicht einzuführen – allerdings bisher ohne praktische Auswirkungen. Ein entsprechendes Gesetz, das Strafen von bis zu 60.000 Euro für Impfverweigerer vorsah, wurde inzwischen vom spanischen Verfassungsgericht suspendiert, weil die Entscheidung über die Impfpflicht eine Kompetenz der Staatsregierung ist, die bisher jegliche Zwangsmaßnahmen ablehnt.
Auf den Balearischen Inseln gibt es ebenfalls Überlegungen, mit Druck die Impfwilligkeit zu erhöhen. Derzeit wird im Regionalparlament ein entsprechender Gesetzentwurf beraten, der allerdings nur eine Impfpflicht für Mitarbeiter in Gesundheitszentren und Altenheimen vorsieht. Auch dieser Plan wird vermutlich beim Verfassungsgericht landen, weil er ebenfalls mit den staatlichen Kompetenzen kollidiert.
Spaniens Regierung stellte unterdessen klar, dass derzeit ein Impfzwang nicht infrage kommt. „Die Covid-Impfung geschieht auf freiwilliger Basis“, erklärt das Gesundheitsministerium, „so wie es auch mit allen anderen Schutzimpfungen in Spanien der Fall ist.“
- Dauerbeschuss im Donbass – Tausenden ukrainischen Soldaten droht die Einkesselung - 25. Mai 2022.
- Offener Brief an Außenminister Jean Asselborn: Friddens- a Solidaritéitsplattform Lëtzebuerg zur Ukraine - 25. Mai 2022.
- Neues Datenleck enthüllt Ausmaß der Verfolgung von Uiguren in Xinjiang - 25. Mai 2022.
Sie müssen angemeldet sein um kommentieren zu können.
Melden sie sich an
Registrieren Sie sich kostenlos