Spanien / Immer mehr Staaten raten von Ferien an der Costa Brava ab

Kaum Touristen auf den Ramblas von Barcelona: Immer mehr Staaten raten von Reisen nach Katalonien ab
Die Szenen könnten kaum widersprüchlicher sein: Spaniens Strände sind voller Menschen, die mit Sonnenschirmen und Handtüchern bewaffnet ihren Platz an der Sonne sichern. Auf öffentlichen oder privaten Partys und Sommerfiestas sieht man Hunderte Personen, die ohne Mundschutz und Sicherheitsabstand unbeschwert feiern. Und zugleich breitet sich im Land eine neue Viruswelle aus – was in ganz Europa zunehmend Sorgen auslöst. Wird Spanien wieder zu Corona-Risikozone?
Immer mehr europäische Länder raten vom Besuch der Iberischen Halbinsel ab oder beschließen eine Quarantänepflicht für Spanien-Rückkehrer. Die vorerst letzte Hiobsbotschaft kam vom deutschen Außenministerium, das seine Reisehinweise für Spanien verschärfte und empfahl, derzeit besser auf einen Urlaub in den nördlichen Regionen Spaniens zu verzichten.
Wörtlich heißt es in den aktualisierten Hinweisen Berlins: „Von nicht notwendigen, touristischen Reisen in die autonomen Gemeinschaften Aragón, Katalonien und Navarra wird derzeit aufgrund erneut hoher Infektionszahlen und örtlicher Absperrungen abgeraten.“
Zuvor hatten bereits Großbritannien, Irland, Frankreich, Belgien, die Niederlande und Norwegen ihre Bürger aufgefordert, momentan nicht nach Katalonien zu fahren. Österreich warnt generell vor Spanien-Ferien. London verhängte einen Quarantänezwang für alle Spanien-Rückkehrer, der Zehntausende britische Urlauber auf Mallorca und an der spanischen Festlandküste kalt erwischte.
Nach den warnenden Worten aus Berlin dürfte nun auch der Sommerurlaub vieler Familien an den populären katalanischen Ferienküsten Costa Brava oder Costa Dorada in den Sternen stehen. Ein Besuch der katalanischen Regionalhauptstadt Barcelona, die mit ihrer berühmten Basilika „Heilige Familie“ jeden Sommer Hunderttausende Touristen anzieht, scheint nun nicht mehr empfehlenswert.
Barcelona ist mit seinen 1,6 Millionen Einwohnern derzeit der schlimmste Corona-Brennpunkt Kataloniens. Täglich werden nahezu 1.000 neue Infektionen allein aus dieser Region gemeldet. Die Behörden räumen ein, dass die Lage dort außer Kontrolle geraten ist.
Nicht besser sieht die epidemiologische Lage in den benachbarten nordspanischen Pyrenäenregionen Aragonien und Navarra aus, die vor allem bei Wanderern und Bergsteigern beliebt sind. In Navarras größter Stadt Pamplona finden jedes Jahr im Juli die weltberühmten, aber umstrittenen Stiertreiben statt. Diese Stierhatz wurde wegen Corona abgesagt – was Tierschützer jubeln ließ.
„Die Saison ist praktisch verloren“
Der internationale Tourismus in Katalonien, der sich nach dem Corona-Ausbruch im Frühjahr gerade erst wieder leicht erholt hatte, steht erneut vor dem Zusammenbruch. „Wir sind schon fast im August und die Saison ist praktisch verloren“, sagte Martín Sarrate, Chef des katalanischen Reisebüroverbandes.
Die Mittelmeerregion ist noch vor Mallorca und den Kanarischen Inseln das meistbesuchte Ferienziel auf der Iberischen Halbinsel. Deutsche, Briten und Franzosen machten in 2019 allein fast die Hälfte der 19 Millionen internationalen Touristen in dieser nordostspanischen Region aus, in der 7,6 Millionen Einwohner leben.
Niemand kann ausschließen, dass die neue Viruswelle demnächst auch andere Landesteile Spaniens überrollt. Die Ansteckungszahlen gehen landesweit langsam, aber sicher nach oben. Obwohl Ferienregionen wie die südlich Kataloniens liegende Costa Blanca oder die gegenüberliegende Insel Mallorca derzeit schwören, dass in ihrem Territorium die Lage noch unter Kontrolle sei und es nur wenige Corona-Fälle gebe.
Kataloniens Ministerpräsident Quim Torra warnt derweil seine Bürger: „Die Lage ist kritisch.“ Wenn es nicht gelinge, den regionalen Virus-Ausbruch schnell einzudämmen, dann drohten wieder harte Ausgangsbeschränkungen wie auf dem Höhepunkt der ersten Epidemie-Welle.
Bereits vor einigen Tagen hatte Torra die katalanische Bevölkerung im Großraum Barcelonas aufgefordert, zu Hause zu bleiben und nur zum Einkaufen oder Arbeiten auf die Straße zu gehen. Doch der Aufruf zur freiwilligen Quarantäne verhallte, ohne Wirkung zu zeigen: Die Strände, Barterrassen und Straßen Barcelonas sind weiterhin so gut von Einheimischen und spanischen Touristen besucht, als ob es keinen Corona-Ausbruch geben würde.
Die in Katalonien geltende Maskenpflicht in der Öffentlichkeit wird ebenfalls nicht besonders ernst genommen: „Diesen Morgen habe ich meinen Hund Gassi geführt und bin dann in der Nähe einkaufen gegangen. Auf dem Weg von nicht einmal 300 Metern habe ich rund 50 Leute gesehen, die gegen die Maskenpflicht verstießen“, empört sich der Barcelona-Bewohner Frederic Lloret in einem Leserbeitrag, den die katalanische Zeitung El Periódico veröffentlichte.
Nachtklubs größte Virenschleudern
Lediglich die Nachtklubs und Diskotheken, die derzeit als Kataloniens größte Virenschleudern gelten, leerten sich. Aber auch nur, weil sie von den Behörden zwangsweise dichtgemacht worden sind. Nächtliche Fiestas in Klubs oder an der Playa, bei denen die meist jüngeren Feiernden auf die Hygieneregeln pfeifen, gelten derzeit in Spanien als das größte Sicherheitsrisiko. Die meisten Corona-Infizierten gehören deswegen entsprechend der jüngeren Generation an.
Die Zahl der Neuinfektionen liegt in Katalonien und den ebenfalls betroffenen Nachbarregionen inzwischen weit über jener kritischen Marke von 50 Fällen pro 100.000 Einwohner, die in Europa als Risiko-Schwellenwert und somit allgemein als Auslöser von Reisewarnungen gilt.
Nach Angaben des spanischen Gesundheitsministeriums wurden in Katalonien in den letzten sieben Tagen 71 Fälle pro 100.000 Einwohner registriert. In den beiden Nachbarregionen Aragonien und Navarra liegt der Wert sogar mit 200 und 87,1 noch höher. Diese örtlichen Spitzenwerte drücken Spaniens landesweite Sieben-Tage-Fallzahl in die Höhe, die inzwischen mit 27,9 die höchste aller südeuropäischen Urlaubsländer ist. Doch die regionalen Unterschiede in Spanien sind groß: Auf den Balearischen Inseln mit Mallorca liegt der statistische Infektionswert derzeit bei 6,7, auf den Kanaren bei 2,7.
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