Gaddafis eingefrorene Milliarden – Die Spur des libyschen Geldes führt nach Luxemburg

Gaddafis eingefrorene Milliarden – Die Spur des libyschen Geldes führt nach Luxemburg

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Als der Bürgerkrieg in Libyen ausbrach, ließen die Vereinten Nationen das Vermögen des Diktators Muammar Gaddafi einfrieren. Mittlerweile ist ein Teil dieser Gelder aus einem Bankkonto in Belgien verschwunden. Und in Luxemburg aufgetaucht.

Am 19. März 2011 fielen die ersten Bomben. Die Vereinten Nationen hatten kurz davor in einer Resolution entschieden, die Zivilisten in Libyen „mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln“ zu schützen.

Frankreich folgte dem Ruf der UN und schickte Bomberflieger in das nordafrikanische Land. Später schlossen sich weitere Länder, darunter Belgien und die Vereinigten Staaten, der französischen Intervention an. Der Arabische Frühling hatte einen Monat zuvor Libyen erreicht. Oppositionelle zogen durch die Straßen, um den Rücktritt des langjährigen Diktators Muammar Gaddafi zu fordern. Doch der Aufstand geriet aus den Fugen. Gaddafis Soldaten eröffneten das Feuer, töteten Tausende Zivilisten und lösten einen Bürgerkrieg aus, der Libyen in ein unregierbares Chaos stürzte. Gaddafi selbst wurde am 20. Oktober 2011 erschossen. Doch die Fraktionen, die sich damals und danach bildeten, bekriegen sich bis heute um die Vorherrschaft.

Bevor Frankreich Libyen bombardierte, hatten die UN am 26. Februar 2011 beschlossen, ein Reiseverbot für mehrere libysche Politiker auszusprechen und die Gelder der Familie des Diktators im Ausland einzufrieren. Gaddafi soll laut ehemaligen libyschen Offiziellen Zugriff auf 200 Milliarden Dollar gehabt haben. Ob es sein Privatvermögen oder das Geld des libyschen Staates war, ist unklar. Nach 40 Jahren Herrschaft waren die Grenzen fließend.

Geld verschwindet auf Bankkonten in Bahrain – und nach Luxemburg

Sieben Jahre später, Februar 2018. Die belgische Presse beginnt, über einen sich aufbauenden Skandal zu berichten. Die Libyan Investment Authority (LIA), ein staatlicher Fonds, den Gaddafi gegründet hatte, um seine Gelder im Ausland zu investieren, hatte einen Teil dieses Vermögens beim belgischen Zahlungsdienstleister Euroclear geparkt. Gelder, die eigentlich eingefroren waren. Doch mehrere Milliarden waren plötzlich weg. Das Geld war abgeflossen. Eine Journalistin des Polit-Magazins Politico erhielt Dokumente, aus denen hervorgeht, dass das belgische Finanzministerium darüber Bescheid wusste. Ein Mitarbeiter der Bank hatte erklärt, dass das Einfrieren der Gelder nach der Auffassung von Euroclear nicht für die Zinsen und Dividenden gelte, die Wertpapiere abwerfen. Eine Interpretation der Sanktionen, die das belgische Finanzministerium bis heute stützt.

Aus den Dokumenten, die die Journalistin erhielt, ging auch hervor, wohin das Geld geflossen ist: auf Bankkonten in Bahrain – und nach Luxemburg. Der Euroclear-Mitarbeiter erklärt in einem Schreiben an das belgische Finanzministerium von Dezember 2013, dass 28 Millionen auf ein Konto der Bank HSBC Security Services in Luxemburg überwiesen wurden, das der LIA gehört. Es handelt sich hierbei um einen Teil der Zinsen und Dividenden von September 2011 bis Oktober 2013. „Wir werden das generierte Geld in Zukunft monatlich überweisen“, fügt er hinzu. Laut den Dokumenten liegen bei der HSBC in Luxemburg zu dem Zeitpunkt 707 Millionen Euro auf dem Girokonto – weitere 2,5 Milliarden Euro wurden über das Konto in Wertpapiere investiert.

„Wenn Gelder, die eigentlich eingefroren sind, nach Luxemburg fließen, dann müssen wir benachrichtigt werden“, erklärt ein Mitarbeiter des luxemburgischen Finanzministeriums auf Nachfrage des Tageblatt. Nur ist das nie passiert. Belgien sah hierfür keinen Anlass. „Sowohl der juristische als auch der außenpolitische Dienst der EU hat in einer Sitzung unsere Auffassung der Sanktionen geteilt, die besagt, dass Zinsen und Dividenden fließen dürfen“, sagt eine Sprecherin des belgischen Finanzministeriums gegenüber dem Tageblatt. Luxemburg sei bei dieser Sitzung mit dabei und demnach informiert gewesen. Dass diese Sitzung erst im Jahr 2016, also drei Jahre nach der ersten Transaktion der Gaddafi-Gelder von Belgien nach Luxemburg stattgefunden hat, verschweigt sie.

Mittlerweile haben die Vereinten Nationen einen Bericht zu dem Thema veröffentlicht. Im September dieses Jahres meinte ein Expertenteam, dass die Sanktionen eigentlich klar gewesen seien. Die Gelder, auch die Zinsen und Dividenden, hätten nicht fließen dürfen. Belgien und alle weiteren Länder, die sich seiner Interpretation angeschlossen haben, verstoßen somit gegen UN-Sanktionen. Luxemburg ist der gleichen Auffassung wie die Vereinten Nationen: „Wir wenden die UN-Sanktionen genauestens an“, versichert der Mitarbeiter des Finanzministeriums. Das bedeute, dass weder Zinsen noch Dividenden fließen dürfen.

Das Problem der Zugriffsberechtigung

Wieso also wurde Luxemburg nicht von der HSBC Security Services benachrichtigt? Weil nicht das luxemburgische, sondern das britische Finanzministerium für die Bank zuständig ist. Die HSBC Security Services ist eine Niederlassung der britischen Bank HSBC. Damit steht sie unter Aufsicht des Finanzministeriums im Heimatland der Muttergesellschaft. Hätte die HSBC in Luxemburg eine Filiale und nicht eine Niederlassung eröffnet, wäre Luxemburg zuständig gewesen. Auf den Fall angesprochen, wollte sich das britische Finanzministerium nicht äußern: „Wir kommentieren nicht bei Einzelfällen“, so ein Sprecher gegenüber dem Tageblatt. Die Frage, ob nach Großbritanniens Auffassung die Zinsen und Dividenden fließen dürfen, ließ er unbeantwortet. Die HSBC Security Services war für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.

Mittlerweile hat die LIA laut dem saudischen Fernsehsender Al Arabiya bestätigt, dass Gelder aus Belgien bei ihr angekommen sind. Ob sie jedoch nur über Bahrain oder auch über Luxemburg flossen, lässt sich nicht endgültig klären.

Dass neben den Geldern auf dem HSBC-Konto noch weitere Gaddafi-Gelder auf anderen Konten in Luxemburg liegen, bestreitet das luxemburgische Finanzministerium nicht. Um wie viele Konten es sich dabei handelt – und wie viel Geld sich auf ihnen befindet –, will das Ministerium nicht preisgeben. Sicher ist nur, dass auch Luxemburg in der Vergangenheit Transaktionen genehmigte. Die UN-Sanktionen sehen vor, dass für Notfälle Gelder fließen dürfen. Es gab einige dieser Fälle auch hierzulande. „Wir haben aber nur in Ausnahmefällen Geld fließen lassen“, so ein Sprecher des Finanzministeriums. Bei Arztrechnungen seien schon mal Gelder freigeschaltet worden. Aber: „Vorauszahlungen für Jachten hätten wir nicht genehmigt.“

Das Problem: Es ist nicht bekannt, an wen diese Gelder genau fließen. Die LIA ist umstritten. Die verschiedenen Fraktionen Libyens sehen sich als Herrscher und beanspruchen die Zuständigkeit der LIA für sich. Nicht einmal die UN wissen, wer alles Zugriff auf die Konten hat. Sie gehen in ihrem Bericht von September sogar davon aus, dass die LIA-Gelder „missbraucht“ werden könnten. „Auch deswegen sollte das Geld auf keinen Fall fließen“, schreibt das Expertenteam.

Luxemburg sollte übrigens ebenfalls an diesem Bericht mitwirken. Die Vereinten Nationen hatten zwei Anfragen an die Regierung über eingefrorene Gelder geschickt. Wie aus dem Bericht hervorgeht, blieben beide unbeantwortet. Luxemburg befindet sich damit in guter Gesellschaft: Lediglich Äthiopien beantwortete die Anfragen des UN-Expertenteams nicht. Ein Kritikpunkt, den das luxemburgische Finanzministerium nicht gelten lassen will: „Wir haben beide Anfragen beantwortet“, behauptet der Sprecher des Ministeriums. „Es ist nicht unsere Schuld, wenn die Vereinten Nationen unsere Antworten verloren haben.“ Über den genauen Inhalt der beiden Anfragen wollte er sich jedenfalls nicht äußern.

Soo emol
25. November 2018 - 15.23

Musse mer den nach lang kuken?

roger wohlfart
19. November 2018 - 18.23

Damit hat Luxemburg via Banken seinen Beitrag bei der Befreiung Libyens nachträglich erfüllt!

Nomi
18. November 2018 - 14.05

Solle mer dei' Su'en net an klengen Zommen, Projet gebonnen, zereck an Lybien investei'eren fir Ordnung am Land ze schaafen an Infrastrukturen obze bau'en ?. Ob keen Fall Alles an engem Virement un eng corrupt Regierung !

Schullerpiir
17. November 2018 - 21.34

Selbstverständlich Luxemburg! Wohin sonst? :-)))