Der russische Angriffskrieg in der Ukraine und die damit verbundenen Einschränkungen des Luftverkehrs haben unmittelbare Folgen auf die Lieferketten: In der Luftfracht fallen die aus dem EU-Luftraum verbannten russischen Gesellschaften aus, während die westlichen Airlines den Luftraum über dem größten Staat der Erde nicht mehr nutzen können. Flüge aus Mitteleuropa nach Japan, Korea und China verlängern sich teils um mehrere Stunden und können bis zu 20 Prozent weniger Fracht mitnehmen, wie die Lufthansa Cargo berichtete.
Auch die Cargolux muss sich umstellen und an die neuen Begebenheiten anpassen. Dadurch könnten kurz-, mittel- und auch langfristige Schäden für die Firma entstehen. Das Tageblatt hat Verantwortliche der Cargolux kontaktiert, so etwa Finanzvorstand Maxim Straus und Verwaltungsratsmitglied Tom Weisgerber: Beide verwiesen auf die zuständige Pressesprecherin der Firma. Überraschung: Diese war bis Redaktionsschluss nicht erreichbar.
Auch das Transportministerium will keine weiteren Details liefern und verwies das Tageblatt zurück zur Cargolux. Letztlich stand auch François Bausch („déi gréng“) nicht für ein Gespräch zur Verfügung: Das Tageblatt hatte ihn ebenfalls am Montag kontaktiert.
Längere Wege, steigende Kosten und verringerte Kapazitäten
„Die Wege nach Asien werden länger, die Kerosinkosten steigen und die Kapazitäten sinken“, sagte der Frankfurter Fracht-Experte Joachim von Winning gegenüber der Deutschen Presse-Agentur. Zumal die Zulademöglichkeiten in Passagierjets trotz abflauender Corona-Krise absehbar nicht so schnell ausgeweitet würden, wie es zu Friedenszeiten zu erwarten gewesen wäre. Die direkte Folge sei klar: Die ohnehin schon sehr hohen Frachtraten würden auch angesichts der weiterhin bestehenden Probleme bei der Seefracht noch weiter steigen. Profitieren würden vor allem Gesellschaften, die Vollfrachter anbieten können.
Die EU-Außenminister hatten am Sonntagabend entschieden, den Luftraum der Europäischen Union für russische Flieger komplett zu schließen. Eine entsprechende deutsche Regelung war bereits am Sonntagnachmittag in Kraft getreten. Die russische Luftfahrtbehörde Rosawiazija teilte daraufhin am Montag mit, dass Flugzeuge aus Luxemburg, Deutschland und 34 weiteren Staaten nicht mehr über Russland fliegen dürfen.
An den wichtigsten deutschen Fracht-Drehkreuzen Frankfurt und Leipzig ist bereits einige Ladung liegen geblieben, die eigentlich von Frachtern der russischen Volga-Dnepr-Group geflogen werden sollte.
Die Rolle der Cargolux
Wichtigste Anteilseigner der Cargolux sind übrigens die Fluggesellschaft Luxair (35,10 Prozent), das chinesische Logistikunternehmen HNCA (35 Prozent), die BCEE (10,9 Prozent), die staatliche Entwicklungsbank SNCI (10,67 Prozent) sowie der luxemburgische Staat (8,32 Prozent). Bei Luxair haben Staat und BCEE gemeinsam eine Entscheidungsmehrheit von rund 60 Prozent. Das macht den Luxemburger Staat zum wohl wichtigsten Cargolux-Aktionär.
Die Cargolux wird eine zentrale Rolle in der Unterstützung der Alliierten im Ukraine-Krieg spielen. Das Luxemburger Verteidigungsministerium teilte am Montagmorgen mit, dass Luxemburg „den verbündeten Ländern über sein Flugzeug A400M oder den Dienstleistungsvertrag mit dem Unternehmen Cargolux Kapazitäten für den Transport von militärischem oder humanitärem Material“ anbietet.
Das Unternehmen verzeichnete 2020 einen historischen Rekord mit einem Nettogewinn von fast 768,7 Millionen US-Dollar. Die Frachtfluggesellschaft gehört damit zu den eindeutigen Gewinnern der Pandemie. Das unterstrich auch der Geschäftsführer Richard Forson: „Ohne die Pandemie wäre das nicht passiert.“ Da aufgrund der Pandemie viele Passagierflugzeuge ausfielen, die in normalen Zeiten etwa 50 Prozent der Luftfracht transportieren, stieg die Nachfrage nach Transportmöglichkeiten dermaßen, dass sie das Angebot sogar übertraf.
LINK Mehr zu dem historischen Gewinn der Cargolux erfahren Sie hier.
Die Unternehmerin und ehemalige Grünen-Abgeordnete Christianne Wickler wurde am 28. April 2021 zur Präsidentin des Cargolux-Verwaltungsrates gewählt. Während der Pandemie fiel sie als Mitgründerin der umstrittenen Medienplattform Expressis-Verbis auf, die Falschinformationen zur Corona-Pandemie verbreitet. Wickler zog sich schließlich von der Plattform zurück – aufgrund eines mit ihrem neuen Posten verbundenen Zeitmangels, wie sie damals behauptete.
LINK Der Kampf gegen die Verbreitung von Falschinformationen und Propaganda geht derweil in Luxemburg weiter. Mehr dazu erfahren Sie hier.
De Maart
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