Formel 1Ende im Kiesbett: Verstappen und Hamilton crashen in Monza, Ricciardo siegt

Formel 1 / Ende im Kiesbett: Verstappen und Hamilton crashen in Monza, Ricciardo siegt
Bedient: Lewis Hamilton konnte das Rennen nach dem Crash mit Max Verstappen nicht fortsetzen Foto: Andrej isakovic/AFP

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Ein spektakulärer Unfall beendet beim Formel-1-Klassiker in Monza das Rennen der WM-Jäger Max Verstappen und Lewis Hamilton. Davon profitiert vor allem das McLaren-Team, dem mit Daniel Ricciardo und Lando Norris ein Doppel-Erfolg gelingt.

Max Verstappen stapfte nach dem irren Crash von Monza zurück in die Garage, Lewis Hamilton kletterte ungläubig aus seinem demolierten Mercedes. Gestrandet im Kiesbett und mit ineinander verkeilten Autos endete für die Formel-1-Titelrivalen am Sonntag der Große Preis von Italien vorzeitig. Lachender Dritter nach dem erneut überharten Zweikampf zwischen WM-Spitzenreiter Verstappen und Weltmeister Hamilton war der Australier Daniel Ricciardo, der McLaren nach neun Jahren den ersten Grand-Prix-Sieg bescherte. Zweiter des 14. Saisonlaufs wurde sein britischer Teamkollege Lando Norris vor dem von ganz hinten gestarteten Valtteri Bottas im Mercedes.

Pereira nach enttäuschendem Supercup-Finale siebter

„Ich wäre froh, wenn ich diese Saison auf dem dritten Platz abschließen könnte“, sagte Dylan Pereira vor knapp drei Wochen, als er in Spa-Francorchamps seinen ersten Saisonsieg im Porsche-Supercup einfuhr. Dafür sollte es am Ende nicht reichen. Nach dem Erfolg in Belgien vor drei Wochen lag der Luxemburger zwar noch auf Podestkurs – das Podium konnte er in den drei abschließenden Saisonrennen aber nicht verteidigen. Nach dem sechsten Platz in Zandvoort lief auch das Saisonfinale im italienischen Monza alles andere als wie geplant. Bereits im Qualifying lief es nicht rund: Von Platz neun startete Pereira am Samstag in den ersten von zwei Läufen. Zu Beginn des Rennens war der Lechner-Racing-Pilot dann nach einer Berührung mit einem gegnerischen Auto zu einem Ausflug in den Kies gezwungen – das Rennen beendete er anschließend auf Platz 21. Auch im zweiten Lauf am Sonntag lief es nicht gut. Von Startplatz acht kämpfte sich Pereira zunächst nach vorn. Doch auch diesmal warfen ihn eine Berührung und einige Fahrfehler weit zurück – das letzte Saisonrennen beendete er auf Rang 13. Während der Niederländer Larry ten Voorde, wie schon im Vorjahr, den Gesamtsieg holte, musste sich Pereira nach einem ernüchternden Jahr im Supercup mit dem siebten Platz zufriedengeben. „Insgesamt war es eine schwierige Saison, in der ich sehr oft vom Pech verfolgt war. Der Speed war da, aber es sind einfach zu viele Dinge schiefgelaufen“, analysierte Pereira. (jw)

Durch den Unfall in der 26. Runde und das Doppel-Aus behauptete Verstappen seine WM-Führung mit fünf Punkten Vorsprung auf Hamilton. Bei der heftigen Kollision waren beide unverletzt geblieben. Die Bilder aber waren spektakulär, als Verstappens Red Bull abhob und auf Hamiltons Mercedes landete. Beide Autos rutschten neben die Strecke und blieben dort stecken. „Das passiert, wenn du keinen Raum lässt“, funkte Verstappen an die Box.

Allmählich erinnert das knallharte WM-Duell an die Hass-Zweikämpfe zwischen Ayrton Senna und Alain Prost vor rund 30 Jahren. Schon in Silverstone waren Verstappen und Hamilton Mitte Juli ineinandergerauscht. Damals hatte der Serien-Champion gewonnen, während der 23 Jahre alte Herausforderer ins Krankenhaus musste.

Ernüchtert verließ auch Sebastian Vettel den Königlichen Park. Als Zwölfter blieb der Aston-Martin-Fahrer erneut ohne Punkte. Mick Schumacher wurde schon wieder von seinem Haas-Kollegen Nikita Masepin in eine Kollision verwickelt und beendete das Rennen auf Rang 15.

Unbändig war dagegen der Jubel vor der McLaren-Garage. Der deutsche Teamchef Andreas Seidl schlug kurz die Hände vors Gesicht, ehe er sich von den Emotionen seiner Crew mitreißen ließ. „Ich wusste, es würde etwas Gutes passieren“, sagte Ricciardo, bevor er Champagner aus seinem Rennschuh schlürfte. Dem 32-Jährigen war zuletzt vor drei Jahren in Monaco ein Sieg gelungen, damals noch im Red Bull. „Gewinnen ist das eine, aber ein Doppelsieg ist ein Wahnsinn. Ich habe keine Worte dafür“, schwärmte er.

Bottas drängt sich nach vorne

Zum zweiten Mal hatte die Formel 1 am Samstag mit dem neuen Sprintrennen die Start-Reihenfolge für den Grand Prix ermittelt. Sieger Bottas aber durfte nicht die Pole-Position einnehmen, weil Mercedes aus taktischen Gründen zum vierten Mal in diesem Jahr den Motor im Auto des Finnen wechselte und er den Regeln zufolge ans Ende des Feldes rücken musste. So parkte Verstappen ganz vorn.

Als die Roten Ampeln erloschen, eilte jedoch Ricciardo von Rang zwei unwiderstehlich vorbei. Dahinter setzte sich Hamilton auf Platz drei und griff nach wenigen Kurven auch Verstappen an. Es kam kurz zur Berührung der beiden Autos, diesmal rutschte der Mercedes-Star neben die Strecke und kehrte als Vierter zurück. Weil dahinter Antonio Giovinazzi nach einem Kampf mit beiden Ferrari die Kontrolle über seinen Alfa Romeo verlor und den Frontflügel einbüßte, verordnete die Rennleitung ein virtuelles Safety-Car.

Bald wurde das Rennen wieder freigegeben, an der Spitze aber änderte sich zunächst nichts. Ricciardo hielt Verstappen hinter sich, Norris ließ Hamilton nicht vorbei. Einzig Bottas pflügte im starken Mercedes von hinten durch das Feld und hatte bald die Punkteränge im Visier.

Dann wurde es dramatisch. Verstappens Boxenstopp ging schief, mehr als elf Sekunden brauchten die sonst so flinken Red-Bull-Mechaniker für den Reifenwechsel. Für gewöhnlich dauert dieses Manöver kaum mehr als zwei Sekunden. So fiel der Niederländer weit zurück. Als dann auch Hamilton neue Gummiwalzen holte und wieder aus der Boxengasse fuhr, lagen die beiden WM-Kontrahenten plötzlich direkt nebeneinander. Keiner wollte nachgeben, Verstappen rumpelte über die Randsteine und fand sich dann auf Hamiltons Mercedes wieder.

Das Safety-Car rückte aus, bis die havarierten Boliden aus der Schikane weggeräumt waren. Beim Neustart raste Ricciardo davon. Norris musste gegen Ferrari-Fahrer Charles Leclerc schwer kämpfen, blieb aber am Ende Zweiter. Die Spannung hielt bis zum Schluss an, weil das Feld auf dem Hochgeschwindigkeitskurs eng beeinander blieb. Dann durfte Ricciardo den achten Sieg seiner Formel-1-Karriere bejubeln und McLaren den größten Tag seit langer Zeit.

Im Überblick

Großer Preis von Italien, 14. von 22 Läufen zur Formel-1-WM 2021, 53 Runden = 306,720 km:
1. Daniel Ricciardo (Australien) McLaren-Mercedes 1:21:54,367 Stunden, 2. Lando Norris (Großbritannien) McLaren-Mercedes 1,747 Sekunden zurück, 3. Valtteri Bottas (Finnland) Mercedes 4,921, 4. Charles Leclerc (Monaco) Ferrari 7,309, 5. Sergio Perez (Mexiko) Red Bull-Honda 8,723, 6. Carlos Sainz jr. (Spanien) Ferrari 10,535, 7. Lance Stroll (Kanada) Aston Martin-Mercedes 15,804, 8. Fernando Alonso (Spanien) Alpine-Renault 17,201, 9. George Russell (Großbritannien) Williams-Mercedes 19,742, 10. Esteban Ocon (Frankreich) Alpine-Renault 20,868, 11. Nicholas Latifi (Kanada) Williams-Mercedes 23,743, 12. Sebastian Vettel (Deutschland) Aston Martin-Mercedes 24,621, 13. Antonio Giovinazzi (Italien) Alfa Romeo-Ferrari 27,216, 14. Robert Kubica (Polen) Alfa Romeo-Ferrari 29,769, 15. Mick Schumacher (Deutschland) Haas-Ferrari 51,088; ausgeschieden: Nikita Masepin (Russland) Haas-Ferrari 43. Runde (Defekt), Lewis Hamilton (Großbritannien) Mercedes 26. Runde (Kollision), Max Verstappen (Niederlande) Red Bull-Honda 26. Runde (Kollision), Pierre Gasly (Frankreich) AlphaTauri-Honda 4. Runde (Defekt) – nicht gestartet: Yuki Tsunoda (Japan) AlphaTauri-Honda (Defekt) 

Fahrerwertung:
1. Max Verstappen (Niederlande) 226,5 Punkte, 2. Lewis Hamilton (Großbritannien) 221,5, 3. Valtteri Bottas (Finnland) 141, 4. Lando Norris (Großbritannien) 132, 5. Sergio Perez (Mexiko) 118, 6. Charles Leclerc (Monaco) 104, 7. Carlos Sainz jr. (Spanien) 97,5, 8. Daniel Ricciardo (Australien) 83, 9. Pierre Gasly (Frankreich) 66, 10. Fernando Alonso (Spanien) 50, 11. Esteban Ocon (Frankreich) 45, 12. Sebastian Vettel (Deutschland) 35, 13. Lance Stroll (Kanada) 24, 14. Yuki Tsunoda (Japan) 18, 15. George Russell (Großbritannien) Williams 15, 16. Nicholas Latifi (Kanada) Williams 7, 17. Kimi Räikkönen (Finnland) 2, 18. Antonio Giovinazzi (Italien) 1

Teamwertung:
1. Mercedes 362,5, 2. Red Bull-Honda 344,5, 3. McLaren-Mercedes 215, 4. Ferrari 201,5, 5. Alpine-Renault 95, 6. AlphaTauri-Honda 84, 7. Aston Martin-Mercedes 59, 8. Williams-Mercedes 22, 9. Alfa Romeo-Ferrari 3 (SID)