ParlamentEin Gesetz für die Polizeikameras

Parlament / Ein Gesetz für die Polizeikameras
Die Daten müssen nach zwei Monaten gelöscht werden, es sei denn, sie werden für Strafverfolgung und Ermittlungszwecken benötigt Foto: Editpress/Fabrizio Pizzolante

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Das Parlament hat am Donnerstag ein Gesetz zur Videoüberwachung (Visupol) durch die Polizei angenommen. Derlei Kontrolle findet bereits an einzelnen Orten in der Hauptstadt statt. Die Einrichtung neuer Kameras bedarf einer Ministergenehmigung. Davor muss sich jedoch auch eine externe Kommission zu Sinn und Zweckmäßigkeit äußern. Gesichtserkennungssoftware ist verboten.

Sport kann auch der Politik Beine machen. Weil das neue Fußball- und Rugby-Stadion kurz vor seiner Eröffnung steht und die UEFA die Installation von Kameras wünscht, beeilte sich das Parlament, der Videoüberwachung durch die Polizei einen rechtlichen Rahmen zu verschaffen. Der Text ergänzt das Polizeigesetz von 2018.

Seit 2007 stehen der Polizei Kameras zu Überwachungszwecken am Bahnhofsviertel zur Verfügung. Andere Örtlichkeiten auf hauptstädtischem Gebiet kamen in der  Zwischenzeit hinzu. Den Einwohnern von Bonneweg waren derlei Kameras bereits vor einigen Jahren vom damaligen Polizeiminister versprochen worden. Erfolgt ist bisher nichts. Und das aus gutem Grund, denn die Visupol-Überwachung stand bisher auf recht wackligem Fundament. Auf rechtliche Lücken hatte 2018 die Datenschutzkommission hingewiesen. Tatsächlich wurde der Einsatz von Kameras bisher auf Grundlage eines großherzoglichen Reglements genehmigt. Damit die Polizei jedoch in der Öffentlichkeit filmen kann, bedürfe es eines Gesetzes, so die Kommission. Das gestern mit 52 Stimmen angenommene Gesetz schafft nun die rechtliche Basis dafür, dass Polizisten vor dem Bildschirm Kommen und Gehen auf öffentlichen Plätzen überwachen können. 

Die Kernelemente des Gesetzes: Der zuständige Minister muss seine Zustimmung erteilen. Die Genehmigung ist auf drei Jahre befristet, kann aber verlängert werden, wenn die Wirksamkeit von derlei Überwachung erwiesen ist. Die Daten müssen nach zwei Monaten gelöscht werden, es sei denn, sie werden für Strafverfolgung und Ermittlungszwecke benötigt. Für die interne Nutzung durch die Polizei bei der Ausbildung bzw. bei der Weiterbildung können die Daten bis zu zehn Jahren gespeichert bleiben. Die erfassten Personen müssten jedoch unkenntlich gemacht werden, so Berichterstatterin Stéphanie Empain („déi gréng“). Nicht erlaubt sei die Anwendung von Gesichtserkennungssoftware. 

Eingerichtet werden können Kameras nur in Bereichen mit erhöhter Kriminalitätsgefahr, dort, wo bisher mehrmals Straftaten festgestellt wurden oder wo Straftaten wahrscheinlicher sind. Von der Polizei gefilmt werden Austragungsorte nationaler und internationaler Ereignisse. Ausdrücklich nennt das Gesetz dabei das nationale Fußballstadion. 

Die Genehmigung erfolgt aufgrund einer Impaktstudie durch den Polizeigeneraldirektor, eines Gutachtens des zuständigen Staatsanwalts, des Bürgermeisters und einer beratenden Kommission. Letzterer würden Vertreter mehrerer Ministerien, Datenschutzbeauftragte, Vertreter der Datenschutzkommission, Menschenrechtler und Experten für Datenschutz angehören, präzisierte Empain. Die Kommission müsste auch prüfen, ob alle anderen Mittel zur Verhinderung von Straftaten ausgeschöpft wurden. 

Der neue Gesetzestext fand uneingeschränkte Zustimmung der CSV. Die Kameraüberwachung sei ein Mittel, um die Präventions- und Repressionsarbeit der Polizei zu unterstützen, sagte Léon Gloden. Sie schreibe sich in die aktuelle Sicherheitsdebatte ein. Unter Hinweis auf den Bericht der Polizeigeneralinspektion zur Videoüberwachung sagte Gloden, sie verbessere das Sicherheitsgefühl bei den Bürgern. Die Regierung sollte endlich die Kameraüberwachung in Bonneweg genehmigen, so Gloden, der ebenfalls Bodycams für die Polizeibeamten forderte. Das würde die Beweislast vereinfachen. Außerdem trage dies dazu bei, zu erkennen, was an Filmen auf den sozialen Medien richtig oder falsch sei.

Körperkameras lehnen auch die Mehrheitsparteien nicht ab. Diese Idee der DP sei im Koalitionsabkommen aufgenommen worden, so der DP-Abgeordnete Claude Lamberty. Sie würden die Arbeit der Beamten erleichtern. Allgemein begrüßte die DP die Videoüberwachung als zusätzliches Mittel im Polizeidienst. Aber keine Kamera werde jemals einen Polizisten vor Ort ersetzen, so Lamberty. Eine Wunderlösung sei Videoüberwachung nicht. Sie könne zur Verdrängung verschiedener Straftaten in andere, nicht überwachte Bereiche führen. Auch könnten maskierte Täter nicht identifiziert werden.

Die Videoüberwachung müsse in ein gesamtes Sicherheitskonzept eingebunden werden, so Dan Biancalana (LSAP). Einer TNS-Ilres-Umfrage zufolge stünden andere Maßnahmen zur Verbesserung des Sicherheitsgefühls noch vor der Kameraüberwachung. Biancalana nannte u.a. eine bessere Beleuchtung des öffentlichen Raums und Polizeipatrouillen in den Ortschaften. 

Die Ergebnisse dieser Umfrage führte auch François Benoy („déi gréng“) an. Bei den gewünschten Maßnahmen zur Erhöhung des Sicherheitsgefühls werde Visupol erst an neunter Stelle genannt. Der hauptstädtische Gemeinderat warf die Frage der Wirksamkeit von Kameras bei der Kriminalitätsbekämpfung auf. Seit der letzten Erweiterung der Kameraüberwachung im Bahnhofsviertel sei eine zunehmende Kriminalität in Bonneweg festgestellt worden. Unklar sei, ob der allgemeine Rückgang von Straftaten auf Kameras oder auf verstärkte Polizeiarbeit vor Ort zurückzuführen sei. Für Bonneweg sei Visupol wohl nicht die einzige Lösung.

Mit dieser differenzierteren Haltung handelte sich Benoy vonseiten der CSV und insbesondere der ADR schwerwiegende Vorwürfe ein. Bei den Grünen wisse man nun nicht mehr, ob sie für Videoüberwachung seien oder nicht, so Léon Gloden. ADR-Sprecher Fernand Kartheiser bezichtigte die Grünen sogar, sich aufseiten der Täter zu schlagen, während seine Partei resolut für die Opfer sei. „Wir sind für Videoüberwachung dort, wo sie gebraucht wird“, entgegnete Benoy der CSV. Die geforderte Entschuldigung für den verbalen Angriff seitens der ADR bekam Benoy jedoch nicht.

Skeptisch äußerten sich Nathalie Oberweis („déi Lénk“) und der Piraten-Abgeordnete Marc Goergen.

Oberweis wies darauf hin, dass in Sachen Kriminalität bisher kein Vergleich von kameraüberwachten Zonen mit solchen ohne Kameras möglich sei. Goergen befürchtete einen unkontrollierten Ausbau der Videoüberwachung. Zwar sei Gesichtserkennungssoftware verboten, solche Programme könne man jedoch später über die gespeicherten Daten laufen lassen.

Kameraüberwachung sei nicht auf die  Hauptstadt begrenzt, beantwortete Polizeiminister Henri Kox („déi gréng“) Fragen einzelner Abgeordneter. Das Gesetz sei auf alle „Hotspots“ anwendbar. Zuvor sollten jedoch die Ursachen für den beanstandeten Zustand erforscht werden. Diskussionen mit anderen Gemeinden verschließe er sich nicht. Ebenso wenig den Bodycams für Polizisten. Doch zuvor müsste der gesetzliche Rahmen geschaffen werden. Bestehende Kameras würden nun auf ihre Zweckmäßigkeit überprüft, ebenso Anfragen für zusätzliche Videoüberwachung nicht nur für Luxemburg-Stadt.

Mehr Straßen im Landesnorden

Das Parlament verabschiedete gestern gleich drei Straßenbauprojekte im Norden des Landes. So sind 154 Millionen Euro für die Umgehungsstraße von Hosingen vorgesehen. Gleichzeitig wird der Ortskern neu gestaltet. Die B7 zwischen Schieren und Ettelbrück wird auf zwei zweispurige Fahrbahnen ausgebaut. Kostenpunkt: 57,5 Millionen Euro. Die Nationalstraße N7 zwischen „Fridhaff“ und Weiswampach wird für rund 246,7 Millionen Euro umgestaltet, um die Verkehrssicherheit zu erhöhen. Ein Ausbau der N7 auf zweimal zwei Spuren ist nicht vorgesehen.

J.C. Kemp
2. Juli 2021 - 19.27

Das so genannte "Sicherheitsgefühl" ist eben nur ein Gefühl, demnach subjektiv. Der Ausdruck ist nichtssagend.