MotorsportDylan Pereira über seine Le-Mans-Premiere, Zweikämpfe mit Max Verstappen und einen besonderen Sieg in Spa

Motorsport / Dylan Pereira über seine Le-Mans-Premiere, Zweikämpfe mit Max Verstappen und einen besonderen Sieg in Spa
In Bahrain holte Dylan Pereira mit seinem Team TF Sport den Sieg im Sechs-Stunden-Rennen Foto: ATP/Andrew Lofthouse

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Dylan Pereira ist Vize-Weltmeister in der WEC und stand gleich bei seiner ersten Teilnahme an dem legendären 24-Stunden-Rennen von Le Mans auf dem Podium. Dennoch lief im Jahr 2021 einiges nicht so, wie es sich der Rennfahrer im Vorfeld erhofft hatte. Im Tageblatt-Interview spricht Pereira über eine komplizierte Saison, seine Le-Mans-Premiere, aber auch über Formel-1-Weltmeister Max Verstappen, mit dem er sich in seiner Kindheit Rad-an-Rad-Kämpfe lieferte.

Tageblatt: Haben Sie Ihrem früheren Karting-Kumpel Max Verstappen schon zum Weltmeistertitel in der Formel 1 gratuliert?

Dylan Pereira: Nein, noch nicht. Seine Handynummer habe ich leider nicht (lacht). Ich werde dies aber sicherlich tun, wenn ich ihm das nächste Mal über den Weg laufe. Es ist schon cool, sagen zu können, dass ich früher gegen ihn gefahren bin. Wir haben damals auf der Rennstrecke viel um Positionen gekämpft. 

Wer von Ihnen hatte denn immer die Nase vorn?

Am Anfang war es oft ausgeglichen. Mal war ich vorne, mal er. Während ich mich auf die Schule konzentriert habe, ging er täglich auf die Rennstrecke und wurde demnach auch schnell besser. Ich erinnere mich aber noch an das letzte Rennen, in dem wir auf Augenhöhe gekämpft haben. Es war in Spa auf der Kartstrecke. Wir waren ungefähr zwölf Jahre alt. Ich wurde Zweiter, er Dritter. Im Rennen danach lagen wir weiter zurück, etwa auf Rang sieben. Max hat dann übermotiviert überholt und mich abgeschossen (lacht). Gerade, weil er jetzt Weltmeister ist, sind dies aber besondere Erinnerungen. Sein WM-Titel zeigt auch, dass man manchmal Glück haben muss, und dass es sich lohnt, bis zum letzten Meter zu kämpfen. 

Gerade, weil er jetzt Weltmeister ist, sind dies besondere Erinnerungen

Dylan Pereira, über Zweikämpfe mit Formel-1-Weltmeister Max Verstappen

Genau wie Verstappen in der Formel 1, waren auch Sie in den vergangenen Monaten viel unterwegs. Konnten Sie sich zwischen den vielen Rennen überhaupt ausruhen?

Ich hatte während der Saison nur an drei Wochenenden frei. Das größte Problem war immer, darauf zu achten, dass der ganze Papierkram in Ordnung ist. Aufgrund der Pandemie gab es dauernd Änderungen und neue Richtlinien. Neben vielen Dokumenten brauchte man mal einen PCR-Test, mal einen Antigen-Test oder auch die Impfung. Es war viel Organisation, die viel Zeit beanspruchte, nötig. Ich habe zudem viel Zeit auf der Straße verbracht, um von einem Ort zum anderen zu reisen. Das Auto musste dann auch einige Male als Schlafplatz herhalten. Ich fühlte mich danach zwar immer ok, kam aber nie richtig zur Ruhe. Irgendwann braucht man dann eine Pause. Deswegen bin ich eigentlich froh, dass die Saison nun vorbei ist und ich mich erholen kann. Am 7. Januar geht es dann für ein 24-Stunden-Rennen schon wieder nach Dubai.

War das Reisen die größte Herausforderung der Saison?

Es war insgesamt eine komplizierte Saison, denn ich habe nach fast jedem Rennen das Auto gewechselt. Besonders mit dem 911-GT3R-Porsche im ADAC GT Masters fehlte mir anfangs die Erfahrung. Wir haben zunächst viel Zeit damit verbracht, das Auto einzustellen und zu lernen. Am Ende lief es dann etwas besser und wir konnten um Podien mitkämpfen. Auch in den anderen beiden Serien sind viele Dinge nicht so gelaufen, wie sie sollten. Ich musste mich immer wieder für jedes Rennen neu motivieren. Es sind aber gerade die Jahre, in denen es nicht so gut läuft, in denen man am meisten lernt. Ich hoffe, dass mich dies für die nächste Saison stärker macht.

War die Teilnahme an drei Rennserien im Nachhinein zu viel?

Es ist wichtig zu wissen, warum ich an drei Serien teilgenommen habe und was meine Ziele waren. Ich wollte mich in allen Meisterschaften gut präsentieren, um mir so Türen für die Zukunft zu öffnen. Grundsätzlich ist mir dies gelungen. Im ADAC GT Master ist es mir anfangs schwerer gefallen, zum Schluss lief es aber besser und ich konnte mich beweisen. In der WEC war ich meistens der schnellste Aston-Martin-Pilot. Wir wurden Vize-Weltmeister und ich wurde am Ende der WEC-Saison sogar vom Silber- zum Goldfahrer hochgestuft. Ich habe anschließend auch Gespräche mit Teams aus der amerikanischen IMSA geführt. Leider gibt es noch nichts Konkretes. Dass es im Porsche Supercup nicht so gelaufen ist, wie ich es mir vorgenommen hatte, ist schade. Denn ich wollte diese Serie als Sprungbrett für die Teilnahme an anderen größeren Serien, oder auch um Werkspilot zu werden, benutzen. 

Hat der Stress um das Reisen einen Einfluss auf Ihre Leistungen an den Rennwochenenden gehabt?

Das ist schwierig zu beantworten, da ich dies nicht gegentesten kann. Grundsätzlich denke ich schon, dass mehr Vorbereitungszeit für die einzelnen Rennen sicherlich helfen würde. Ich bin aber auch in den vergangenen Jahren schon immer viel gereist und bin daran gewöhnt. 

Sie haben an drei verschiedenen Meisterschaften in drei verschiedenen Autos teilgenommen. Fiel Ihnen der Wechsel zwischen den Boliden schwer?

Das war die große Herausforderung in diesem Jahr. Das Cup-Auto (Porsche-Supercup) hat keine elektronischen Hilfen und ähnelt insgesamt etwas einem Straßenauto. In den ADAC GT Masters gibt es ABS und Traction Control. Der Fahrstil ist komplett unterschiedlich. Es gibt auch andere Reifen – diese muss man anders behandeln, damit sie länger halten. Damit umzugehen musste ich erst lernen. Im GTE (WEC) gibt es wiederum kein ABS, der Aston Martin hat aber das Traction-Control-System. Man hat zudem mehr Downforce und muss das Fahrverhalten komplett anpassen. Im Vergleich zum Cup-Auto muss man beispielsweise 50 Meter später bremsen und 20 km/h schneller durch Kurven fahren. Es war schon umständlich, mich immer wieder neu anzupassen. Grundsätzlich ist mir das meistens gut gelungen. Um alles aus dem Auto herauszuholen und um die letzten Zehntel zu kämpfen, war die Situation aber definitiv nicht optimal.

Es sind gerade die Jahre, in denen es nicht so gut läuft, in denen man am meisten lernt

Dylan Pereira, über die vergangene Saison

Welches Auto war Ihr Favorit?

Es macht Spaß, alle drei zu fahren. In der WEC gefiel mir das ganze Drumherum aber am besten. Zudem habe ich in dieser Serie an den 24 Stunden von Le Mans teilgenommen. Das ist das Größte, was man im Rennsport machen kann.

War Le Mans auch der Höhepunkt Ihrer Saison?

Das war definitiv ein Highlight. Für mich ging mit der Teilnahme ein Traum in Erfüllung. Dann standen wir am Ende auch noch auf dem Podium. Das war einfach großartig. Unglücklicherweise hatten wir zwischendurch einen Plattfuß, der uns den Sieg gekostet hat. Das gehört aber zum Motorsport dazu. 
Mein Sieg im Supercup-Rennen von Spa ist aber auch ein persönliches Highlight gewesen. Jeder dachte, dass ich im Regen langsam bin – nur weil ich im Vorjahr am Lausitzring einen schlechten Tag erwischt und den Titel im Carrera Cup verloren hatte. In Spa habe ich das Gegenteil bewiesen.

Der Sieg im Rengenrennen von Spa bleibt dem Luxemburger in besonderer Erinnerung
Der Sieg im Rengenrennen von Spa bleibt dem Luxemburger in besonderer Erinnerung Foto: ATP/Steve Domenjoz

Sie haben die Klasse GTE-Am in Le Mans aufgemischt und mit der schnellsten Runde für viel Begeisterung gesorgt. Haben Sie dies eigentlich schon realisiert?

Grundsätzlich wird den anderen Klassen eine größere Aufmerksamkeit geschenkt. Eurosport kam aber beispielsweise für ein Interview zu mir. Deshalb ist es mir schon schnell bewusst geworden. Im Nachhinein ist die Le-Mans-Teilnahme wirklich großartig. Jetzt auch noch sagen zu können, dass ich die schnellste Runde in der GTE-Am – vor dem ehemaligen Formel-1-Piloten Giancarlo Fisichella – gefahren bin, toppt das Ganze noch einmal. Ich hoffe, dass ich dies irgendwann wiederholen kann und dann ganz oben auf dem Podium stehen werde.

Sie haben vor der Saison gesagt, dass es nun mehr in Richtung Teamsport geht. Vorher waren Sie immer auf sich alleine gestellt. Was gefällt Ihnen besser?

Ich wollte vorher immer alleine fahren, habe das Fahren im Team aber erst jetzt richtig kennengelernt. Das hat schon Spaß gemacht. Der Druck lastet nicht nur auf einer Schulter. Man muss versuchen, zusammen mit den anderen Fahrern des Autos gemeinsam schneller zu werden.

Wie sehen Ihre Pläne für die kommende Saison aus?

Im Moment habe ich noch keine konkreten Pläne. Ich hatte an einem Jahresende noch nie so viel Ungewissheit wie diesmal. Ich will aber auf jeden Fall in der kommenden Saison Tests mit LMP2s oder Prototypen machen, um so eine bessere Verhandlungsbasis für das Jahr danach zu haben. Denn ohne Erfahrung ist es unmöglich, ein Cockpit bei einem dieser Teams zu ergattern.