Gesellschaft / Düdelingen will das Bettelverbot kippen, Diekirch schwankt und Ettelbrück bleibt hart

In Luxemburg-Stadt fing die Diskussion um das Bettelverbot an
Düdelingen will es kippen, Diekirch schwankt und Ettelbrück bleibt hart. Wie drei Gemeinden mit ihrem Bettelverbot umgehen.
Das Betteln in der Hauptstadt verbieten – das war das Ziel einer geplanten Änderung der Polizeiverordnung der Gemeinde Luxemburg. Doch daraus wurde erst mal nichts. Vergangene Woche lehnte Innenministerin Taina Bofferding (LSAP) eine entsprechende Überarbeitung eines Artikels des hauptstädtischen „Règlement général de police“ ab – womit das angestrebte Bettelverbot gekippt war.
In Diekirch, Düdelingen und Ettelbrück sieht die Lage anders aus. Die drei Gemeinden bekämpften das Betteln schon länger – und erst seit Januar muss das Innenministerium Polizeireglemente genehmigen. Alles, was zuvor festgehalten war, kann demnach weiter bestehen.
In Düdelingen soll sich das nun allerdings ändern: Die Streichung des Bettel-Paragrafen steht am Freitag (26.5.) auf der Tagesordnung der letzten Ratssitzung vor den Gemeindewahlen. Seit 2010 steht dieser im Polizeireglement und erlaubt es dem Bürgermeister, entsprechende Verbote auszusprechen. Wozu es in all den Jahren aber nie kam. Nicht einmal im vergangenen Herbst, als plötzlich mehr Bettler nach Düdelingen kamen.
Einigkeit in Düdelingen
Warum also die Änderung? „Aus heutiger Sicht hat das bestehende Polizeireglement dem Bürgermeister eine zu große Machtfülle gegeben“, sagt Dan Biancalana, der LSAP-Bürgermeister der Stadt. Das sei „nicht mehr zeitgemäß“. Er ist zuversichtlich, dass das neue Polizeireglement bei der Abstimmung am Freitagmorgen auf eine breite, parteiübergreifende Akzeptanz stoßen wird. „In den beiden Sitzungen der Sicherheitskommission, in denen die Änderungen besprochen wurden, waren fast alle damit einverstanden und haben auch eigene Vorschläge eingebracht“, sagt er.

Biancalana erinnert daran, dass man das Reglement auch aufgrund der neuen Verfassung verändern will. Dieser zufolge darf ein Gemeindereglement nicht strenger als ein Gesetz sein. In Luxemburg ist das einfache Betteln seit 2008 erlaubt und nur mehr das organisierte Betteln unter Strafe verboten. Wozu Biancalana anmerkt, dass die Handhabung und Verfolgung von organisierten Bettlern nicht Sache eines Bürgermeisters sein könne: „Da kann Menschenhandel mit reinspielen, und in solchen Fällen müssen Polizei und Justiz übernehmen – nicht ein Bürgermeister.“
Wir wollen nicht Menschen in Armut bekämpfen oder sie stigmatisierenBürgermeister von Düdelingen
Düdelingen wolle sich, so der LSAP-Bürgermeister, ein Polizeireglement geben, das hieb- und stichfest ist. Aus dem Grund sei man auch frühzeitig und aus eigener Initiative heraus aufs Innenministerium zugegangen, um zusammen einen Text auszuarbeiten, den das Ministerium anschließend auch genehmigen kann. „Das Thema braucht eine gewisse Sensitivität“, sagt Biancalana, „wir wollen nicht Menschen in Armut bekämpfen oder sie stigmatisieren“. Ob die anderen im Düdelinger Gemeinderat vertretenen Parteien das auch so sehen, wird sich am Freitagmorgen bei der Abstimmung in der Gemeinderatssitzung zeigen.
Beständigkeit in Ettelbrück
Im Norden des Landes ist ein partielles Bettelverbot bereits in Kraft: In Ettelbrück ist es vom 1. Mai bis zum 31. Oktober in der Fußgängerzone, am Bahnhof sowie auf verschiedenen Parkings und öffentlichen Plätzen zwischen 9 Uhr und 20 Uhr nicht gestattet, Fremde um Kleingeld zu bitten. Kontrolliert wird das von den sogenannten „Agents municipaux“, gegebenenfalls auch von der Polizei – wenn diese verständigt wird. Das teilt Bürgermeister Jean-Paul Schaaf (CSV) auf Nachfrage hin mit. Und die Polizei bestätigt, dass sie einschreitet, wenn Verstöße gemeldet werden oder einer Patrouille Probleme auffallen.

„In der Praxis sind solche Meldungen ziemlich selten und meist verlassen die Betroffenen den Ort, bevor weitere Schritte eingeleitet werden müssen. In den letzten Jahren gab es diesbezüglich keine Strafen“, heißt es von der Pressestelle der Polizei. Für den Ettelbrücker Bürgermeister ist klar, dass sich durch die jüngste Entscheidung des Innenministeriums in seinem Ort nichts ändern wird. „Ich sehe keine Notwendigkeit dafür. Die Artikel in unserer Polizeiverordnung sind genehmigt und in Kraft. Und das bleiben sie auch“, macht Jean-Paul Schaaf deutlich.
Die Artikel in unserer Polizeiverordnung sind genehmigt und in Kraft. Und das bleiben sie auch.Bürgermeister von Ettelbrück
Dabei hatte Taina Bofferding vergangene Woche erklärt, dass das Innenministerium mit den betroffenen Gemeinden in Kontakt war und diese Bescheid wüssten, dass sie ihre Verordnungen entsprechend anpassen müssten. „Auf politischer Ebene gab es keinen Kontakt. Es kann sein, dass zwischen den Beamten ein, zwei Sätze dazu bei Gesprächen zur Ausweitung der Kompetenzen der ‚Agents municipaux’ gefallen sind.“ Was laut Jean-Paul Schaaf allerdings schon einige Monate her ist und nicht im Kontext der aktuellen Debatte geschah. Der Ettelbrücker Bürgermeister ist der Meinung, dass „das Betteln nicht die Antwort auf Armut sein kann. Auf die Straße zu gehen, sich vor andere hinzuknien – das ist demütigend.“
Das Betteln zu erlauben, bedeutet aus der Sicht von Jean-Paul Schaaf, dieses als Problemlösung gutzuheißen. Er fordert andere Lösungswege – auf nationaler Ebene: „Eine Gemeinde kann das nicht angehen. Die Regierung ist gefordert. Das Betteln als Lösung zu sehen, ist einfach zu kurz gegriffen. Das ist keine Sozialpolitik, das ist mittelalterliches Denken“, sagt in Vorwahlkampfzeiten der Angehörige einer Partei, die auf nationaler Ebene in der Opposition ist. Das neu eröffnete Restaurant von der „Stëmm vun der Strooss“ oder auch die „Kleederstuff“ in dem Ort würden zeigen, dass die Gemeinde alles andere als „asozial“ sei.
Ungewissheit in Diekirch
Auch in Diekirch gilt seit einigen Jahren bereits teilweise ein Bettelverbot von Anfang Mai bis Ende Oktober. In der Altstadt, am Bahnhof, an der place Guillaume und rund um die Kirche gilt dieses Verbot. Der Bürgermeister von Diekirch, Claude Thill (LSAP), sagt allerdings, dass der Schöffenrat bisher noch keine Initiative ergriffen hat, das Verbot auch wirklich umzusetzen. „Wir hätten das Recht dazu. Aber auch wenn das nicht jedem gefällt: Betteln ist keine Straftat. Es ist ein Menschenrecht.“
Auch wenn das nicht jedem gefällt: Betteln ist keine Straftat. Es ist ein Menschenrecht.Bürgermeister von Diekirch

Die Nachricht aus der Hauptstadt erreichte Diekirch zu einem Zeitpunkt, an dem an der Ausweitung der Befugnisse der kommunalen Ordnungshüter gearbeitet wurde. „Das Innenministerium hat eine juristisch fundierte Entscheidung getroffen und dem muss man sich anpassen“, sagt Claude Thill zur Entscheidung seiner Parteikollegin. Die der Gemeinde allerdings nicht persönlich mitgeteilt wurde.
Auch in Diekirch habe es in der rezenten Diskussion keinen Kontakt zum Innenministerium gegeben. Weitergehen wird es nun so, dass der Gemeinderat über das Streichen oder das Beibehalten des entsprechenden Artikels in der Polizeiverordnung diskutieren wird.
An der laut ihm „polemisch geführten Diskussion“ stört Claude Thill, dass es darum geht, wie man gegen das Betteln vorgehen kann. Nach Ursachen wird nur wenig geforscht. „Gespräche über Lösungen führen wir eigentlich gar nicht“, bemängelt er.
Wie es weitergeht
Aus juristischen Gründen kann das geplante Bettelverbot in der Hauptstadt nicht umgesetzt werden – wie das Innenministerium der Presse vergangene Woche mitteilte. Eine Reaktion des hauptstädtischen Schöffenrats ließ nicht lange auf sich warten: Prompt wurde die Presse noch am selben Tag ins Rathaus von Luxemburg-Stadt eingeladen.
Dort kündigte Bürgermeisterin Lydie Polfer (DP) an, dass die Gemeinde mit einem Anwalt gegen die Entscheidung vorgehen werde. Mitgeteilt wurde das dem Innenministerium bisher offiziell nicht, notgedrungen wird man es aber dort erfahren, sobald der Einspruch der Gemeinde dort eingeht – heißt es auf Nachfrage vom Innenministerium. Und weiter: „Das Ministerium organisiert nun die Verteidigung im Rahmen der Prozedur vor dem Verwaltungsgericht.
Dort wird dann ein Urteil gefällt, gegen das Berufung eingelegt werden kann.“ Mehr als ein Jahr könnte das laut Innenministerium dauern.
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Genee, mir mussen eben eis dru winnen, dass am ‚Shared Space‘ d’Plaze virun den Apdikten an de Brëllebutteker mat Heescherte geschared muss ginn.
Eppes aneschtes ass jo och net méi do.
A beim Aldi a beim Lidl a beim Delhaize sëtzt och ëmmer een, e Cactus hu mer jo keen.