Neue Aktionspläne gegen Lärm vorgestelltDas Beihilfensystem für Schallschutz gegen Fluglärm soll erweitert werden

Neue Aktionspläne gegen Lärm vorgestellt / Das Beihilfensystem für Schallschutz gegen Fluglärm soll erweitert werden
Eine laute Angelegenheit Foto: Editpress/Fabrizio Pizzolante

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Zu Beginn der Woche wurden die neuen Aktionspläne gegen Lärm vorgestellt. Dabei wurde eine Erweiterung des Systems der Beihilfen zum Schallschutz bekannt gegeben: In Zukunft sollen noch mehr Menschen davon profitieren können.

Der europäischen Umweltagentur zufolge ist jeder fünfte EU-Bürger tagtäglich einem gesundheitsschädlichen Lärmpegel ausgesetzt. Lärm soll sogar der Grund für 12.000 Todesfälle jährlich sein. Grund genug, sich dem Problem anzunehmen. In Luxemburg gibt es Aktionspläne gegen die verschiedenen Arten von Lärm (Straße, Schiene, Flughafen). Zu Beginn der Woche wurden die neuen Versionen vorgestellt.

Einer der großen Lärmverursacher hierzulande ist der Flughafen, weshalb ihm ein spezieller Plan gewidmet ist. Rund 70.000 Flugzeugstarts oder -landungen müssen die Anrainer jedes Jahr über sich ergehen lassen, etliche davon auch nachts. Die Zahl der Nachtflüge stieg zwischen 2013 und 2019 um rund 30 Prozent von 1.493 auf 1.951. Das entspricht rund fünf Flügen pro Nacht. Nicht gerade förderlich für einen erholsamen Schlaf. 2016 schätzte man die Anzahl der Menschen, die in unterschiedlichem Ausmaß vom Flughafenlärm betroffen sind, tagsüber auf rund 65.000, nachts sogar auf 80.000. Eine „Lärmkarte“ (zu sehen auf geoportail.lu) zeigt die am meisten betroffenen Gemeinden: Betzdorf, Niederanven, Flaxweiler, Sandweiler, Schüttringen, Hesperingen, Luxemburg und Leudelingen.

Im Aktionsplan werden zwar einige Maßnahmen zur Lärmbekämpfung vorgestellt, die akustische Isolierung bleibt jedoch das beste Mittel, um die Lebensqualität innerhalb einer Wohnung zu gewährleisten. Dort setzt auch die direkte Hilfe des Staates an die betroffenen Bürger an. Die finanziellen Beihilfen für akustische Isolierung an Häusern und Wohnungen wird geografisch ausgeweitet, bis dato kamen nur Bewohner der Stadtviertel Hamm und Cents, also die am ärgsten betroffenen Bürger, in deren Genuss. Beim Verbessern der Schallisolation können Hausbesitzer bis zu 12.500 Euro Zuschuss erhalten, bei einer Etagenwohnung beträgt die maximale Hilfe 6.250 Euro. Auch sollen die Prozeduren, um die Beihilfen zu erhalten, vereinfacht werden, erklärt Luc Buttel, Koordinator der Aktionspläne beim Umweltministerium auf Nachfrage hin. Es sei auch möglich, dass die Höhe der Beihilfen angepasst werde: Immerhin sei sie schon seit einigen Jahren unverändert. Allerdings können die Hilfen nur für Häuser und Wohnungen beantragt werden, für die die Baugenehmigung vor dem 31. August 1986 erteilt wurde.

Weniger Flüge, aber mehr Beschwerden

Die Corona-Krise „verhalf“ den Anrainern zu etwas weniger Lärm, da die Krise einen erheblichen Rückgang des Flugverkehrs mit sich brachte. Wie der Flughafenchef René Steinhaus bei der Vorstellung des Aktionsplans erklärte, gibt es dieses Jahr bis dato etwa nur halb so viele Passagiere wie vor der Krise. Die Zahl der Flüge war im April um 83 Prozent gegenüber 2019 gesunken, heute sind es ungefähr die Hälfte der Flüge wie vor der Krise. Das Niveau von 2019 werde frühestens wieder 2024 erreicht sein. Dieses Jahr ist allerdings auch die Zahl der Beschwerden sprunghaft angestiegen: von 23 im Jahr 2019 auf bereits 630 dieses Jahr. Einerseits dürfte dies wohl der höheren Empfindlichkeit in der Corona-Zeit geschuldet sein, andererseits aber auch einem erst in diesem Sommer gegründeten und sehr aktiven Interessenverein in der Gemeinde Schüttringen, meinte eine Mitarbeiterin des Umweltministeriums.

Doch die Lärmverursacher bleiben ihrerseits nicht untätig: Die Frachtfluggesellschaft Cargolux hat sich 2018 in einer Charta mit der Flugsicherungsbehörde („Administration de la navigation aérienne“, ANA) dazu verpflichtet, die Anzahl der Nachtflüge zu verringern. Cargolux hatte sich ebenfalls bereit erklärt, die Anzahl der Motorentests zu begrenzen. Derzeit untersucht die ANA auch, inwiefern ein neuer Standort für den Motorstart möglich ist, um so die Lärmbelastung zu reduzieren.

Lärmminderungsmaßnahmen könnten auch schon im Rahmen der kommunalen Planung mit in die Teilbebauungspläne mit einfließen, meinen die Autoren des Aktionsplans. Insbesondere die angemessene Anordnung von Gebäuden oder die Errichtung von Barrieren gegen die Schallausbreitung könnten für einen wirksamen Lärmschutz sorgen.

Solche Maßnahmen haben allerdings einen großen Haken: Sie sind nur bei Lärm, der vom Zug- oder Straßenverkehr ausgeht, wirksam. Kommt der Lärm aus der Luft, sind sie ineffizient. „Es sollte jedoch anerkannt werden, dass aufgrund der Flughöhe der Flugzeuge Maßnahmen vom Typ ,Lärmschutzwand’ nicht sehr effizient sind in Bezug auf den Flugverkehrslärm, ebenso wenig die Wahl wirksamer städtebaulicher und architektonischer Maßnahmen“, schreiben die Autoren. Auch Maßnahmen, die am Ursprung des Lärms, den Flugzeugmotoren, ansetzen, bringen nur bedingt Abhilfe. Erstens ist die Entwicklung leistungsfähiger, aber auch geräuschärmerer Motoren langwierig, und zweitens geschieht die Erneuerung der Flotten, mit bis zu 30 Jahre alten Maschinen, nicht von heute auf morgen. Zu diesen langfristigen Maßnahmen kommt ein ständiger Anstieg des Luftverkehrs, zwischen 1,2 bis 2,7 Prozent pro Jahr, hinzu.

Bewohner der betroffenen Gemeinden haben nun zwei Monate Zeit, bei ihrer Gemeindeverwaltung ihre Kommentare bzw. Beanstandungen zu den Aktionsplänen (einlesbar unter www.emwelt.lu) einzureichen. Die Gemeindeverwaltung wird diese an das Umweltministerium weiterleiten. Gegebenenfalls werden neue Vorschläge – falls angebracht – in die Aktionspläne mit einfließen, um dann in ein paar Monaten dem Ministerrat vorgelegt zu werden.

Rosie
23. Oktober 2020 - 14.16

@HTK "Der Tinituspegel ist inzwischen deutlich gesunken." Dann sind Sie eine medizinische Sensation.

HTK
23. Oktober 2020 - 10.34

Lärm war der Hauptgrund für meinen Auszug aus dem gelobten Lande.Der Tinituspegel ist inzwischen deutlich gesunken.