Luxembourg Air RescueCovid-Einsatz: LAR erhält Adenauer-de-Gaulle-Preis 2020

Luxembourg Air Rescue / Covid-Einsatz: LAR erhält Adenauer-de-Gaulle-Preis 2020
Sein erstes Büro war ein Wohnwagen am Rand des Vorfelds. Heute steht LAR-Direktor René Closter einem mittelständischen Unternehmen mit sechs Hubschraubern und sechs Learjets vor. Foto: Editpress/Julien Garroy

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Wegen ihres Einsatzes zu Beginn der Covid-19-Pandemie wird die Luxembourg Air Rescue mit dem Adenauer-de-Gaulle-Preis 2020 ausgezeichnet. Die LAR, die sich den Preis mit der deutschen DRF-Luftrettung teilt, habe einen „herausragenden Beitrag zur Festigung der deutsch-französischen Freundschaft“ geleistet, wie es in der Begründung heißt.

„Ich bin positiv überrascht, dass so große Nationen wie Deutschland und Frankreich bei der Verleihung eines prestigeträchtigen Preises an eine bescheidene Organisation aus dem kleinen Luxemburg denken“, sagt René Closter stolz. Wie zum Beweis startet hinter dem Direktor der Luxembourg Air Rescue (LAR) gerade die „Air Rescue 3“ ihre Rotoren, um in Richtung Deutschland abzuheben.

Tatsächlich fliegt die luxemburgische Flugrettung längst nicht mehr nur Missionen im Großherzogtum. „Seit über 15 Jahren schon absolvieren wir mehr als 1.000 Einsätze jährlich in der Pfalz und im Saarland. In Frankreich sind wir seit zwölf Jahren mit einem französischen Partner für den gesamten Organtransport außerhalb von Paris zuständig. Somit tragen wir quasi täglich dazu bei, ein französisches Leben zu retten“, betont der stolze Chef einer privaten Initiative, die in den letzten 30 Jahren zu einem humanitären Unternehmen mit sechs Rettungshubschraubern und sechs Ambulanzjets herangewachsen ist.

„Air Rescue 1“ ist für Einsätze in Luxemburg vorgesehen, während „Air Rescue 3“ (im Hintergrund) hauptsächlich Missionen im deutschen Grenzgebiet fliegt
„Air Rescue 1“ ist für Einsätze in Luxemburg vorgesehen, während „Air Rescue 3“ (im Hintergrund) hauptsächlich Missionen im deutschen Grenzgebiet fliegt Foto: Editpress/Julien Garroy

So zögerten Closter und seine Mitarbeiter auch keine Sekunde lang, als zu Beginn der sanitären Krise Luxemburgs Regierung plötzlich auf der Matte stand. Ihr Auftrag: sechs Covid-Patienten aus dem französischen „Grand-Est“ nach Luxemburg zu überführen. Nur etwas später wurde die LAR auf Anfrage der französischen Regierung gar ins Notsystem des französischen Samu eingebunden, um weitere Patienten aus dem Osten Frankreichs nach Deutschland zu transportieren.

Für diesen „herausragenden Beitrag zur deutsch-französischen Solidarität während der Pandemie“ wurde die Luxembourg Air Rescue nun gemeinsam mit der DRF-Luftrettung aus Filderstadt (Stuttgart/D) mit dem Adenauer-de-Gaulle-Preis 2020 ausgezeichnet. Beide hätten auf dem Höhepunkt der Krise ein starkes Zeichen für europäische Solidarität und grenzüberschreitende Kooperation gesetzt, heißt es in der Begründung.

Ins Leben gerufen wurde der deutsch-französische Freundschaftspreis 1988 anlässlich des 25. Jahrestages des Elysée-Vertrags. Preisträger sind Personen, Initiativen oder Institutionen, die durch ihr Wirken einen „herausragenden Beitrag zur Festigung der deutsch-französischen Freundschaft“ geleistet haben. Der Preis soll an die Leistung des deutschen Kanzlers Konrad Adenauer und des französischen Präsidenten Charles de Gaulle erinnern, die 1963 der Aussöhnung zwischen dem deutschen und dem französischen Volk entscheidende Impulse gaben.

Verliehen wird der Preis von den Beauftragten für die deutsch-französische Zusammenarbeit, dem deutschen Staatsminister für Europa, Michael Roth, sowie dem französischen Staatssekretär für europäische Angelegenheiten, Clément Beaune. Zu den früheren Preisträgern zählen die französische Sängerin Patricia Kaas (1999), der deutsche Journalist Ulrich Wickert (2000), Arte (2013) und „Une Terre Culturelle“ (2019). Der Preis ist mit 10.000 Euro dotiert.

Die Ambulanzjets können mit Isolationszelten ausgerüstet werden, um die Crew vor einer Ansteckung zu schützen. Die Ausrüstung wurde bereits während der Ebola-Krise 2014 eingesetzt.
Die Ambulanzjets können mit Isolationszelten ausgerüstet werden, um die Crew vor einer Ansteckung zu schützen. Die Ausrüstung wurde bereits während der Ebola-Krise 2014 eingesetzt. Foto: Editpress/Julien Garroy

„Wir haben nicht erst auf Politiker gewartet“

Dabei dürfte es dem LAR-Team um René Closter weniger ums Geld gehen als vielmehr um die Anerkennung ihrer Arbeit. „Es heißt nicht umsonst: Bei der LAR arbeitet man nicht, bei der LAR ist man einfach“, so der Direktor. „Der Preis gebührt sämtlichen Mitarbeitern. Sie alle sind mit Leib und Seele dabei, ansonsten würden sie nicht hier arbeiten“, fährt Closter fort. „Der Preis ist eine Belohnung für die Arbeit der letzten 33 Jahre.“

Entsprechend stolz sei er auf die Aufzeichnung, ebenso wie auf den Umstand, dass sich die LAR Europa selbst „erbaut“ habe. „Wir haben nicht erst auf die Politik gewartet, um in den Nachbarländern aktiv zu werden“, erklärt Closter. Diese Partnerschaften seien auf eigene Initiative hin entstanden.

Mit dem Resultat, dass die LAR insbesondere in Fachkreisen einen herausragenden Ruf genießt. Nicht umsonst darf sich die Organisation etwa mit dem Titel des besten Ambulanzflugzeuganbieters der Welt schmücken. „Das schönste Kompliment aber stammt von Großherzog Henri: Die Air Rescue sei einer der besten Botschafter des Landes“, erinnert sich der Gründer des Luxemburger Rettungsunternehmens.

So wird die Luxemburger Flugrettung auch aus der aktuellen Pandemie wieder ihre Lehren ziehen, so wie es bereits nach der Ebola-Krise 2014 der Fall war. „Wir konnten gleich von Beginn an wieder auf die Ausbildung, das Material und die Prozeduren zurückgreifen, die wir uns während der Ebola-Krise angeeignet hatten“, so Closter. „Das war auch der Grund, weshalb wir im März so schnell in die Bresche springen konnten.“

Die größte Herausforderung habe allerdings darin bestanden, Ausfälle im eigenen Team zu vermeiden. „Ambulanzen kann man monatelang fahren lassen, ohne dass sie kontrolliert werden müssen. Hubschrauber und Jets müssen hingegen täglich gewartet werden“, erklärt Closter. „Unsere Sorge galt den Crewmitgliedern, Technikern und Mechanikern. Deshalb wurde das Schichtensystem angepasst und Begegnungen zwischen den Mannschaften weitestgehend eliminiert, um interne Infektionsketten zu vermeiden.“

In der Alarmzentrale sorgen Mitarbeiter der LAR für den reibungslosen Ablauf sämtlicher Missionen im In- und Ausland
In der Alarmzentrale sorgen Mitarbeiter der LAR für den reibungslosen Ablauf sämtlicher Missionen im In- und Ausland Foto: Editpress/Julien Garroy

Ein emotionaler Lohn

Normalerweise ist die Mission der LAR mit der Zulieferung des Patienten abgeschlossen. Dieses Jahr aber konnten die LAR-Mitarbeiter den Lohn ihrer Arbeit mit eigenen Augen erleben: Nach dem Hinflug der französischen Covid-Patienten wurde die Air Rescue nach deren Genesung auch mit dem Rückflug betraut. „Menschen, die wir zunächst in einem äußerst schlechten Zustand erlebten, durften wir gesund und munter wieder nach Hause fliegen. Das hat viele Mitarbeiter berührt“, erklärt der LAR-Chef.

Eine Lehre aus der aktuellen Pandemie haben Closter und seine Mitstreiter auch schon gezogen: Die Reichweite der Learjets beträgt rund 4.500 Kilometer. Bei längeren Flügen müssen die Maschinen zwischendurch tanken. Wegen der aktuellen Krise aber wird vielerorts die Landegenehmigung verweigert. „Deshalb haben wir uns dazu entschlossen, zwei Learjets zu verkaufen und uns eine größere Maschine zuzulegen“, kündigt Closter an.

Ambulanzen können monatelang ohne technische Kontrolle bedient werden. Nicht aber Hubschrauber und Jets. Der Ausfall einer ganzen Wartungscrew wäre verheerend für die LAR.
Ambulanzen können monatelang ohne technische Kontrolle bedient werden. Nicht aber Hubschrauber und Jets. Der Ausfall einer ganzen Wartungscrew wäre verheerend für die LAR. Foto: Editpress/Julien Garroy

Der Kaufvertrag für die Bombardier Challenger 605 sei gestern, nur wenige Stunden vor dem Besuch des Tageblatt, unterschrieben worden. Die Maschine hat eine Reichweite von acht Flugstunden, respektive 7.400 Kilometern. Die geräumige Kabine ist mit einem Schlafabteil versehen, damit sich die Piloten auf längeren Flügen abwechseln können. „Somit können wir nicht nur entfernte Ziele direkt anfliegen, sondern auch vermeiden, dass unsere Mannschaften an gefährlichen Orten übernachten müssen“, erklärt René Closter.

Zudem bietet die Kabine ausreichend Platz für Familienmitglieder und das sogenannte EPI-Shuttle, eine Art tragbare Isolierstation für Patienten, die an Infektionskrankheiten wie Covid-19 oder Ebola leiden. „Mit etwas Glück können wir die Bombardier bereits im Juli einsetzen“, freut sich der LAR-Direktor.

Zwei Learjets werden verkauft und durch eine geräumigere Bombardier Challenger 605 ersetzt. Diese Maschine hat ausreichend Platz für Crew und Familienmitglieder sowie den EPI-Shuttle (im Vordergrund). 
Zwei Learjets werden verkauft und durch eine geräumigere Bombardier Challenger 605 ersetzt. Diese Maschine hat ausreichend Platz für Crew und Familienmitglieder sowie den EPI-Shuttle (im Vordergrund).  Foto : Editpress/Julien Garroy

Die Begründung

„Auf dem Höhepunkt der Krise im Frühjahr haben die DRF-Luftrettung und die Luxemburg Air Rescue ein starkes Zeichen für europäische Solidarität und grenzüberschreitende Kooperation gesetzt“, begründen Staatsminister Michael Roth und Staatssekretär Clément Beaune ihre diesjährige Wahl.

Unter schwierigen Umständen hätten beide Luftrettungsdienste „mit großer Professionalität und starkem persönlichen Einsatz“ den Großteil der Hubschraubertransporte französischer Patienten übernommen. „Dabei haben DRF und LAR nicht nur konkret Menschenleben gerettet, sondern auch einen sehr wichtigen Beitrag zur Bewältigung der Gesundheitskrise und zur Festigung der deutsch-französischen Freundschaft geleistet“, heißt es weiter.

Diese zivilgesellschaftliche Solidarität über die Grenzen hinweg sei in Zeiten großer Ängste und Spannungen im Alltag der Menschen der Grenzregion besonders wichtig. Beide hätten auf beeindruckende Weise den Wert der deutsch-französischen Freundschaft gezeigt. „Europa ist dann stark, wenn wir uns aufeinander verlassen können und wenn für uns Solidarität eine Selbstverständlichkeit ist“, so Roth und Beaune.

Mit dem diesjährigen Preis zeichne man das aus, was man sich für Europa wünsche: „konkrete und lebendige Solidarität, grenzüberschreitende Zusammenarbeit und starkes zivilgesellschaftliches Engagement“. Der Adenauer-de Gaulle-Preis sollte eigentlich am 22. Januar, dem Tag der deutsch-französischen Freundschaft, verliehen werden. Die Zeremonie wird aus ersichtlichen Gründen nun aber auf ein späteres Datum verlegt.

HTK
17. Dezember 2020 - 10.39

Bravo an alle. Als Luxemburger der seit langem in Frankreich lebt war ich besonders stolz als mich Franzosen auf diese Einsätze ansprachen und mir gratulierten.Dieses Lob gebe ich gerne an die LAR weiter. Chapeau.