EditorialChorlied für Bettel als extremistischer Aufschrei mitten im Pandemie-Wirrwarr

Editorial / Chorlied für Bettel als extremistischer Aufschrei mitten im Pandemie-Wirrwarr
Im Zusammenspiel mit dem extremistischen Chorlied, das den Tod durch Erhängen von Premier Bettel suggeriert, bekommen die nationalen Symbole und Farben eine negative Konnotation Foto: Anouk Flesch/Hans Lucas

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Sie wünschen sich den Tod unseres Premierministers. Sie singen nicht, wie damals 1789, im Jahr der Französischen Revolution, „Les aristocrates à la lanterne“, sondern „De Bettel gëtt gehaangen op der neier, rouder Bréck, well en ass komplett verréckt“. Dazu werden fleißig „Roude Léiw“-Fahnen geschwungen und künstlicher Nebel in den Farben des „Lëtzebuerger Fändel“, Rot, Weiß und Blau, erzeugt.

Dieses Chorlied schockiert. Es provoziert. Es ist extremistisch. In diesem Zusammenspiel erhalten die nationalen Symbole und Farben eine negative Konnotation. Sie wirken nationalistisch auf den Betrachter. Was die ADR wohl dazu sagen würde? Gleichzeitig tragen einige Demonstranten beim Überqueren der roten Brücke Banner mit der Aufschrift „Zesummen fir eis Fräiheet“. Ernsthaft? „Zesummen“?

Wir sollen also alle für die Freiheit sein? Ja, klar. Das sind wir. Dafür braucht man ja nicht extra Banner bedrucken zu lassen. Freiheit ist die Essenz einer Demokratie. Und diese wird durch solche radikalen Lieder und Drohungen eher unterwandert als gefördert. Das Anliegen von Extremisten ist es, die Demokratie und folglich die Freiheit der Bevölkerung, die damit einhergeht, in ihren Grundfesten zu erschüttern und sie im extremen Fall gar zu kippen. Wir wollen aber keine Revolution. Und wir wollen nicht, dass unsere Politiker Morddrohungen erhalten.

Eine Demokratie beruht auf Kompromissen und Mehrheiten. Die Freiheit der einen hört stets dort auf, wo jene der anderen anfängt. Jemanden an der roten Brücke hängen zu wollen, hat nichts mehr mit Demokratie, „Fräiheet“ oder „Liberté“ zu tun. Nein, definitiv nicht. Jemandem den Tod zu wünschen und dies lauthals herauszuposaunen, ist extremistisch und brandgefährlich. Meint ihr ernsthaft, das „Covid-Zertifikat“ würde in Luxemburg, in der EU und weltweit abgeschafft werden, wenn Bettel an der Brücke baumelt? Geht es hier eigentlich überhaupt noch um Covid oder die Impfung?

Ohne diese Morddrohung verharmlosen zu wollen, kommt diese Ablenkung allerdings für Premier Bettel zu einem günstigen Zeitpunkt. Seine zum Teil plagiierte DEA-Arbeit, wie es die „Université de Lorraine“ formuliert, steht zurzeit ganz oben auf der News-Liste. Sogar bei der Pressekonferenz zum Regierungsrat am Freitag musste er einem Journalisten dazu Rede und Antwort stehen. Ein sicherlich peinlicher Moment für den Premier.

Ist Bettel, wie es die Extremisten in ihrem Chorlied behaupten, denn nun tatsächlich „komplett verréckt“? Diese Frage zu beantworten, werde ich mir an dieser Stelle nicht anmaßen, weil sie sehr subjektiv ist und weil „verréckt“ mehrere Bedeutungen haben kann. Positive wie negative. Ist man „komplett verréckt“, wenn man im Zuge einer Pandemie entsprechende Schutzmaßnahmen für die Gesellschaft einführt? Oder ist man „komplett verréckt“, wenn man seine DEA-Arbeit plagiiert? Oder weil man die Schraube der sanitären Maßnahmen immer wieder anzieht, lockert und anzieht?

Das Problem ist die Kommunikation der Regierung. Die Pandemie besteht aus vielen unterschiedlichen Variablen, die sich im Laufe der Zeit stets verändern. Es ist ein Prozess aus aufeinanderfolgenden Infektionswellen, stets neuen Varianten und wissenschaftlichen Erkenntnissen, die sich verändern. Unter diesen Umständen einer klaren Linie zu folgen, ist für die Politik schlicht unmöglich. Dies allerdings so zu kommunizieren, damit es alle zusammen auch verstehen, ist ihre Pflicht. Doch das hat sie bislang nicht geschafft. Eine Minderheit macht sich dies zunutze und rekrutiert Anhänger, die mitziehen. Was daraus werden kann, wissen wir bereits. Das Chorlied für den Premier ist ein Beispiel von vielen.

HTK
8. Februar 2022 - 21.23

@ARM, dann haben wir ja schon etwas gemeinsam. Aber solange wir solche Figuren in unseren Reihen haben müssen wir leider im Plural reden oder schreiben.Sie gehören zu uns,sind ein Teil unserer Gesellschaft und bedrohen unsere Sicherheit und das System. Wenn wir tolerieren,dass der Krautmaart gestürmt werden kann von solchen NAsen wie einst das Kapitol in den USA,dann sind wir weit gekommen. Also doch WIR und wenn wir wegschauen auch HEUCHLER.

Leila
7. Februar 2022 - 20.08

"Dieses Chorlied schockiert. Es provoziert. Es ist extremistisch "Fragezeichen"! Ist es nicht eher lächerlich? Mich erinnern die ganzen Aufmärsche nebst Gegröhle mehr an eine Maus, die sich vor der Katze auf die Hinterbeine stellt (Imponiergehabe) und glaubt, die Katze verdünnisiert sich dadurch...

Claudio Mariotto
7. Februar 2022 - 16.08

Zum Glück werden es immer weniger! Wenn sie eines Tages den Virus erwischt haben, dann werden sie ein ganz anderes Lied singen. So der „Freund“ eines Fußballbekanntes aus der Eifel. Vor einigen Wochen sprach ich mit ihm über das Fußballspiel unserer Mannschaft. Dann sagte er mir: Eine Frau hat mich angerufen. - Na und, was ist da besonderes, antwortete ich. - Sie hat mir mitgeteilt, dass mein „Freund“ im Krankenhaus eingeliefert ist. - Na und, das kommt vor, nichts besonderes, sagte ich. - Er liegt auf der Intensivstation. - Tut mir leid, das kommt vor, das ist täglich, sagte ich weiter. - Er hat den Virus erwischt. Ich habe mich von ihm distanziert, weil er den Virus so vehement verleugnet hat und sich sogar einen FALSCHEN Impfpass besorgt hat. - Na das wurde ihm teuer, sagte ich. … usw. Einige Tage fragte ich ihn per E-Mail, wie es mit der Person steht? Etwas später erhielt ich schriftlich folgende Botschaft: „Er ist aus dem Koma nicht erwacht.“ Die Impfgegner spielen mit dem Feuer. Wer mit Feuer spielt, läuft die Gefahr sich zu verbrennen. Diese Brandwunde kann sehr teuer werden.

ARM
7. Februar 2022 - 15.47

@HTK/ Bitte sprechen Sie für sich und nicht im Plural (wir) für alle. Ich betrachte mich als guter Demokrat und bin auch kein Heuchler!

HTK
7. Februar 2022 - 8.25

Ab nach Hongkong. Da können diese Dummköpfe singen und Fahnen schwingen.Aber nicht lange. Wer diese Fahne in die Hand nimmt sollte ihrer auch würdig sein.Man fragt sich ob Fahnen überhaupt noch Sinn machen. Sie stehen ja auch in Peking zwischen den chinesischen Fahnen um die Solidarität Luxemburgs mit dem Regime zu unterstreichen. Missbrauch eines Symbols könnte man meinen. Dass man auf der Straße öffentlich die Hinrichtung des Premiers skandieren kann ist doch kein Kavaliersdelikt mehr. So demokratisch sind wir. Lieber berichten wir über die Jugendsünden unserer Politiker und schreien " Rücktritt". Was für Heuchler wir doch sind.