DeutschlandBundespräsident Steinmeier will eine zweite Amtszeit – die Reaktionen sind zurückhaltend

Deutschland / Bundespräsident Steinmeier will eine zweite Amtszeit – die Reaktionen sind zurückhaltend
Eine Premiere: Keines der elf Staatsoberhäupter vor Steinmeier hat sich bisher selbst offiziell um fünf weitere Jahre beworben Foto: AFP/Tobias Schwarz

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Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier will sich im kommenden Jahr um eine weitere Amtszeit bewerben. Das freut nicht jeden.

Am frühen Morgen informiert Frank-Walter Steinmeier die Vorsitzenden der Parteien, den Bundestagspräsidenten Wolfgang Schäuble und Kanzlerin Angela Merkel (beide CDU). Die Reaktionen fallen weitgehend „neutral“ aus, wie es heißt. Steinmeier hat dem Vernehmen nach nichts anderes erwartet.

Um elf Uhr betritt der Bundespräsident dann den Großen Saal von Schloss Bellevue; noch weiß keiner der herbeigeeilten Journalisten genau, was er sagen wird. Das Staatsoberhaupt geht zum blaugrauen Rednerpult mit dem Bundesadler, links neben ihm steht die deutsche Fahne, die Inszenierung für eine historische Ankündigung ist perfekt. Steinmeier erklärt: „Ich möchte mich für eine zweite Amtszeit als Bundespräsident zur Wahl stellen.“

Keines der elf Staatsoberhäupter vor Steinmeier hat sich bisher selbst offiziell und vor laufenden Kameras um fünf weitere Jahre im Schloss am Spreeweg 1 beworben. Auch nicht der achte Bundespräsident Johannes Rau, der die Position von 1999 bis 2004 bekleidete. Von Rau hieß es zwar immer, er wolle eine zweite Amtszeit, verkündet hat er dies aber nie – und bekommen hat er sie auch nicht. Steinmeiers Vertraute betonen, der 65-Jährige gehe jetzt „einen Schritt ins Offene“. Es sei ihm durchaus bewusst, auch verlieren zu können. Denn niemand weiß im Moment, ob der frühere Außenminister und Spezi von Ex-Kanzler Gerhard Schröder eine Mehrheit in der nächsten Bundesversammlung bekommen wird. Sie wird voraussichtlich am 22. Februar nächsten Jahres stattfinden. Eine zweite Amtszeit würde dann am 18. März beginnen.

Schwer aus dem Wahlkampf herauszuhalten

CDU-Chef und Unions-Kanzlerkandidat Armin Laschet hebt genau diese Unwägbarkeit hervor: Es sei zwar gut, so Laschet in seiner Reaktion auf die Ankündigung, „dass dieses Thema nicht in den Bundestagswahlkampf hineingezogen wird“. Niemand könne aber „einer Entscheidung vorgreifen“, weil die Zusammensetzung der Bundesversammlung noch nicht feststehe. Das ist der Punkt: Um das Amt wurde stets zwischen den Parteien geschachert – und was, wenn Schwarz-Grün nach der Wahl im September eine Mehrheit haben sollte? Warum sollte man dann einen SPD-Kandidaten unterstützen, wenn personell anderes möglich wäre? Das Thema könnte somit doch noch im Wahlkampf eine Rolle spielen.

„Jüngst“, heißt aus dem Präsidialamt, habe Steinmeier nach reiflicher Überlegung für sich eine Entscheidung getroffen. Der Präsident sei in den letzten Tagen deutlich „gelöster“ gewesen, auch nach seiner Erklärung beschreibt ihn sein Umfeld als „entspannt“. Steinmeier betont, er empfinde „es jeden Tag als Ehre, als Freude und als enorme Herausforderung“, das Amt innezuhaben. Ihm sei bewusst, dass die Parteien nun erst einmal eine andere Wahl vor Augen hätten, die Bundestagswahl nämlich. „Aber zugleich möchte ich, dass die Menschen wissen, wo ihr Bundespräsident steht.“ Deshalb habe er sich entschlossen, sich klar zu bekennen. Er wisse, ergänzt der Präsident, dass er nicht auf eine Mehrheit bauen könne. „Aber ich trete nicht aus Bequemlichkeit an, sondern aus Überzeugung.“ Denn er wolle helfen, „die Wunden“, die durch die Corona-Pandemie entstanden seien, zu heilen.

Aus der SPD schwappt rasch Begeisterung herüber ins Schloss Bellevue. Kanzlerkandidat Olaf Scholz spricht von einer „guten Nachricht für Deutschland“ – das gilt freilich auch für die Genossen selbst, die es schwer haben werden, in der nächsten Bundesregierung vertreten zu sein, dafür aber womöglich weiterhin das Staatsoberhaupt stellen werden. Fraktionschef Rolf Mützenich erklärt, „mit einem klaren Kompass“ habe Steinmeier vielen Menschen „in schwierigen Zeiten Halt und Zuversicht gegeben“.

Baerbock lobt Steinmeier – tritt aber auch auf die Bremse

Grünen-Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock lobt Steinmeier ebenfalls, betont aber ähnlich wie Laschet, die Entscheidung falle erst nach Bundestagswahl, wer dem Land vorstehe. Es ist kein Geheimnis, dass die Grünen gerne eine Frau an der Spitze des Staates sehen würden, der Name von Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt ist auch am Freitag erneut zu hören. Ähnliche Stimmen gab es zuletzt genauso aus der Union – durch Berlin waberte unlängst sogar das Gerücht, CDU-Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer sei eine Kandidatin.

FDP-Chef Christian Linder, der bereits vor wenigen Tagen mit einem Weitermachen Steinmeiers sympathisiert hatte, hebt hervor: „Angesichts der anstehenden politischen Veränderungen wäre Kontinuität an der Staatsspitze ratsam.“ Aber auch Lindner weiß: Entschieden ist noch lange nichts. Das gilt offenbar auch für die beliebte „First-Lady“ Elke Büdenbender. Der Präsident und seine Frau hätten sich im Vorfeld selbstverständlich „eng abgestimmt“, sagt eine Vertraute. Und die 59-Jährige unterstütze ihren Mann bei seinem Vorhaben einer zweiten Amtszeit. Doch wie sie künftig ihre eigene Rolle und ihren weiteren Werdegang sieht, ist offenbar noch nicht klar. Es heißt, zu gegebener Zeit werde sie ihre Haltung dazu deutlich machen. Büdenbender ist Juristin, vor dem Einzug ins Schloss Bellevue war sie Richterin am Verwaltungsgericht Berlin. Ein Job, den sie gerne gemacht hat. Auch für sie ist also noch vieles offen.

en ale Sozialist
30. Mai 2021 - 9.41

Doch eher ein schwacher Präsident. Ausserdem mit 65 hat er das Rentenalter erreicht. Dann könnte seine Frau wieder in den Job, den sie gerne gemacht hat, zurückkehren. So würde Steinmeier ein klares und überzeugendes Zeichen in Sachen Gleichberechtigung setzen.