Bildungsministerium tappt im DunkelnSchulen: Infektionsketten und -quellen nicht mehr nachweisbar

Bildungsministerium tappt im Dunkeln / Schulen: Infektionsketten und -quellen nicht mehr nachweisbar
Die hohen Inzidenzen in den Schulen sind ein Spiegelbild des Geschehens in der Gesamtbevölkerung. Das Bildungsministerium tappt zunehmend im Dunkeln, was die Suche nach den Infektionsquellen sowie das Definieren von Infektionsketten angeht. Foto: dpa/Julian Stratenschulte

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In der ersten Schulwoche nach den Weihnachtsferien wurden 1.725 Grundschüler positiv auf das Coronavirus getestet. Dazu kommen die Fälle aus den Lyzeen, die ähnlich hoch waren. Der Schulbetrieb bewegt sich weiterhin auf sehr dünnem Eis. Lex Folscheid, Erster Berater im Bildungsministerium, erklärt im Tageblatt-Gespräch die aktuelle Situation.

Luxemburgs Schulen befinden sich im „totalen Krisenmodus“, sagte Patrick Arendt, Grundschullehrer und Präsident der Lehrergewerkschaft SEW/OGBL vor einigen Tagen gegenüber dem Tageblatt. Zahlen im wöchentlichen Bericht zur Corona-Lage in Luxemburg, der am Mittwochabend veröffentlicht wurde, zeigen, wie ernst die Lage – auch an den Schulen – ist.

Dem Bericht zufolge haben sich die Infektionen in der Altersgruppe von 15 bis 29 Jahren verdoppelt, in jener der 0- bis 14-Jährigen gar vervierfacht. So gab es in der ersten Schulwoche des neuen Jahres 1.725 positive Fälle allein bei Grundschul-Schülern. In den Lyzeen waren die Zahlen ähnlich hoch. Analysiert man die positiven Fälle auf tausend Schüler der Grundschulen in den jeweiligen Regionaldirektionen, fällt auf, dass diese fast überall zwischen 26 und 50 liegen, ein ziemlich hoher Wert. Nur in den Regionaldirektionen von Grevenmacher und Echternach sind die Zahlen mit 10 bis 25 Fällen pro Tausend entsprechend niedriger.

Betrachtet man dagegen die absoluten Zahlen an Infektionen bei den Grundschülern, ergibt sich folgendes Bild: Die Regionaldirektion Luxemburg-Stadt weist mit 257 positiven Fällen unter den Schülern die höchste Infektionsquote auf, gefolgt von Differdingen mit 137 Infektionen, Diekirch/Nordstad mit 132 Fällen, Mamer (127), Düdelingen (124), Petingen (116), Mersch (114), Esch/Alzette (112), Sanem und Bettemburg (102), Wiltz (100), Remich (91) und Redingen (89). Auch in absoluten Zahlen offenbaren die Regionaldirektionen Grevenmacher (72) und Echternach (50) die niedrigsten Infektionszahlen bei den Grundschülern in der vergangenen Woche.

Infektionsquelle nicht mehr nachweisbar

Der Familienkreis bleibt nach wie vor der häufigste Ansteckungsherd mit 28,6 Prozent der Fälle, gefolgt von Auslandsreisen (11,8 Prozent) und den Freizeitaktivitäten. Der Prozentsatz an Infektionen, deren Herkunft unklar ist, steigt auf 50,8 Prozent. – Wieso sind die Bildungseinrichtungen nicht in dieser Statistik aufgelistet? Lex Folscheid erklärt auf Tageblatt-Nachfrage, dass aufgrund der aktuell sehr hohen Inzidenzen Einschätzungen über die Infektionsquelle sehr schwierig sind. Einerseits zirkuliere das Virus sehr stark in der Gesamtbevölkerung. „Angenommen, wir haben einen positiven Kontakt in der Familie, einen im beruflichen Umfeld sowie einen weiteren in der Schule, dann kann man nicht mehr eindeutig sagen, welcher Kontakt zur Infektion geführt hat.“ Bei den aktuellen Inzidenzen seien diese kausalen Zusammenhänge nur noch sehr schwer festzustellen.

Über die vergangenen Monate haben wir […] festgestellt, dass die Schule auch ein Vektor der Verbreitung des Virus ist, aber nicht mehr und nicht weniger als andere Bereiche der Gesellschaft

Lex Folscheid, Erster Berater des Bildungsministeriums

Andererseits habe die „Santé“ aufgrund der hohen Infektionszahlen aufgehört, Tracing zu betreiben, und stattdessen das System der Selbstdeklaration eingeführt. „Hier spielt dann auch die Zuverlässigkeit der Informationen eine Rolle“, sagt Folscheid. Die Fälle oder Kontakte, die die Leute der „Santé“ nicht melden, könnten demnach auch nicht in Betracht gezogen werden. Das sei in dem Sinne viel weniger detailliert, als es noch vor ein paar Wochen der Fall war. Im Bereich der Schule trägt das Bildungsministerium alle positiven Fälle zusammen. Diese stammen laut Folscheid aus drei verschiedenen Quellen: den Schnelltests, die unter Aufsicht in der Schule gemacht werden, jenen, die zu Hause durchgeführt werden, und den PCR-Tests, die im Laboratorium entnommen werden.

Bildungsminister Claude Meisch und sein Erster Berater Lex Folscheid auf einer Pressekonferenz vor knapp einem Jahr
Bildungsminister Claude Meisch und sein Erster Berater Lex Folscheid auf einer Pressekonferenz vor knapp einem Jahr Foto: Editpress/Alain Rischard

„Wir tragen alles zusammen und verschaffen uns ein Bild über die Situation an den Schulen,“ so Folscheid.  Dadurch wisse das Bildungsministerium, wie viele positive Fälle es gibt, und könne eventuelle Ausreißer, wie etwa Infektionsketten, dingfest machen. Doch dies sei zurzeit eher nicht möglich. „Über die vergangenen Monate haben wir sowohl in Luxemburg als auch im Ausland festgestellt, dass die Schule auch ein Vektor der Verbreitung des Virus ist, aber nicht mehr und nicht weniger als andere Bereiche der Gesellschaft“, erklärt er. „Wir sehen, dass wir insgesamt Zahlen haben, die steigen, können aber nicht sagen, dass wir in bestimmten Schulen ganz andere Situationen hätten als im Rest des Landes.“

Keine Zahlen zu Infektionsketten 

Im wöchentlichen Bericht wird erklärt, dass die erhebliche Zunahme an positiven Schülern mit jener in der allgemeinen Bevölkerung einhergeht. Es ist sozusagen ein Spiegelbild der hohen Infektionszahlen quer durch Luxemburg. Dementsprechend seien sämtliche Regionen des Landes und die Mehrzahl aller Schulen davon betroffen. Infektionsketten bleiben limitiert, eine Tatsache, die das Bildungsministerium und die „Santé“ auf die Effizienz des verstärkten Testens zurückführt. Denn im Falle einer ersten Infektion innerhalb einer Klasse weicht das dreimalige Testen in der Woche einem täglichen Testen während sieben Tagen.

Wenn wir sechs positive Fälle in einer Klasse haben, gehen wir auf den Weg der Quarantänen. Das ist ein Marker, den wir uns gesetzt haben.

Lex Folscheid, Erster Berater des Bildungsministeriums

Genaue Zahlen zu Infektionsketten kann Lex Folscheid keine nennen. „Wenn wir sechs positive Fälle in einer Klasse haben, gehen wir auf den Weg der Quarantänen“, sagt er. „Das ist ein Marker, den wir uns gesetzt haben.“ Für den Rest sei es schwierig, von Infektionsketten zu sprechen, weil man zwar sehe, wie viele positive Fälle es in einer Klasse gibt, aber gleichzeitig wisse, dass in den Vereinen, der Musikschule und in den Familien so viele Positive sind, dass man nicht mehr festlegen könne, ob nun die Schule der Auslöser der Infektionskette war. „Wenn wir sehen, dass es außergewöhnliche Entwicklungen gibt, dann ziehen wir die Handbremse.“ Im Moment sei es demnach schwierig, von Infektionsketten zu sprechen, die die Schule betreffen. „Durch die aktuelle Zirkulation des Virus in der Gesellschaft ist es praktisch unmöglich geworden, dies festzustellen“, so Folscheid.

Vor dem Auftreten der Omikron-Variante seien laut Lex Folscheid die Infektionszahlen im „Secondaire“ sehr niedrig gewesen. Die Grundschule galt als Sorgenkind. Zurzeit lägen Grund- und Sekundarschulen gleichauf. In der zweiten Welle unter der Alpha-Variante seien die Infektionszahlen mit steigendem Alter gewachsen. Mit dem Einsetzen der Impfungen und dem Erscheinen der Delta-Variante habe sich die Situation umgekehrt. In den Lyzeen habe es ein Drittel der Infektionen im Verhältnis zur Grundschule gegeben. Heute seien beide gleichauf. Weil die Zahlen in den Lyzeen stark angestiegen waren, habe man unbedingt die Booster-Impfung für Jugendliche ab 12 Jahren einführen wollen. Das ist nun der Fall.

Aufsicht kann noch gewährleistet werden

Gibt es viele Klassen, die bereits jetzt aufgrund zu vieler Infektionen keinen Präsenzunterricht mehr gewährleisten können? „Wir haben meines Wissens in Bezug auf Quarantänen nur eine Klasse im Süden, die nicht mehr im Präsenzunterricht funktionieren kann“, so Folscheid. Er wolle aber nicht ausschließen, dass in den letzten Tagen vielleicht noch die eine oder andere Klasse dazugekommen sei. Diese könne man allerdings an einer Hand abzählen. Die vielen Ausfälle bei Lehrkräften könne man zurzeit durch Aufsicht decken. Einerseits greife man auf Aushilfslehrer zurück, andererseits würden Klassen punktuell zusammengelegt. „Das kriegen wir zurzeit hin.“ Laut Folscheid fluktuieren die Zahlen bei den Gesamtausfällen, jene der Ausfälle durch Covid seien dagegen stabil.

Wir wissen nicht, welchen Verlauf die Omikron-Welle nehmen wird. […] Wenn wir in ein solches Szenario kommen würden, können wir für nichts mehr garantieren.

Lex Folscheid, Erster Berater des Bildungsministeriums

Sollten sich die Infektionszahlen nächste Woche verdoppeln, könne der Präsenzunterricht an seine Grenzen stoßen, sagte Bildungsminister Claude Meisch Anfang der Woche im Radio-100,7-Interview. Dies sei immer noch gültig, sagt Lex Folscheid. „Wir wissen nicht, welchen Verlauf die Omikron-Welle nehmen wird“, erklärt er. In Ländern wie Dänemark und Großbritannien sei der Infektionsverlauf exponentiell gewesen. Dort seien im Gegensatz zu Luxemburg die Kontaktbeschränkungen aufgehoben worden. „Wenn wir in ein solches Szenario kommen würden, können wir für nichts mehr garantieren.“ Die Entwicklung der Situation an den Schulen werde weiterhin mit größter Wachsamkeit verfolgt, heißt es im Bericht. Die schnelle Ausbreitung von Covid-19 bedeute insbesondere eine organisatorische Herausforderung für die Schulgemeinschaften.

Therese
14. Januar 2022 - 16.19

Wann esou eng Panik bei all Virus-variant gemat get,dann sin mir nach an 10 Joer amgaang.... Mais an der Zweschenzeit wärt eppes aaneres op eis zoukommen.

Realist
14. Januar 2022 - 13.18

Passt doch. Das Bildungsniveau der Schüler ist ja bekanntlich ebenso wenig nachweisbar.

TS
14. Januar 2022 - 13.17

Ist dieser Artikel wirklich ernst gemeint oder ist das Ironie? Das Ministerium weiss also nichts...also gar nichts. Auch wenn man nichts weiss oder glaubt, dass die Infektionen im Privaten stattfinden...man könnte dennoch Massnahmen entscheiden, erklären und Daten kommunizieren. Es ist sonst nicht klar warum dieses Ministerium eine Existenzberechtigung hat. Dass die Lage schwierig ist, weiss man selbst.

Charles HILD
14. Januar 2022 - 12.33

Ech hunn eng Mega-Flemm. Elo sin 3 Enkelen an Isolatioun well an der aklass ee positiv as. Si dierfen also net op e Begriefnis. An da quaselen déi zwee aus dem Ministère just Topegkeeten. Richteg aktiv gin se um Ministère net! En plus as Isolatioun de Moment einfach iwwerflësseg. De Virus krit jiddereen. Hien huet gewonn, an d'Regierung huet schon 2020 kapituléiert.

d´jukebox
14. Januar 2022 - 12.24

Ich hab den Eindruck die ganze Regierung tappt im dunkeln. Der Turmes scheint sich sogar im Dunkeln verlaufen zu haben. Gab es bis vor wenigen Wochen fast jeden Tag eine Pressekonferenz um nichts neues zu sagen, so hat man heuer den Eindruck, er ist verloren gegangen. Allein Bettel sorgt noch für Stimmung wenn er sich künstlich hell kreischend aufregt. Bin gespannt auf die neue Partei von Engel & Co.

ARM
14. Januar 2022 - 10.35

Hat das Bildungsministerium in den letzten 2 Jahren irgendwann mal im Hellen getappt?

Jacques Zeyen
14. Januar 2022 - 8.39

Wer überträgt das Virus am schnellsten? Renter/Innen die in ihren Heimen oder auch noch zuhause sitzen und durchgeimpft sind oder sind es die Kinder und die Berufstätigen,die Partyfreaks und alle die es "heiß" mögen? Wenn dann noch eine Variante wie Omikron daherkommt dann sind wir alle bald durch. Wohl allen die dann durchgeimpft sind. Währenddessen schlagen wir uns mit Schwurblern und Unwissenden herum die meinen die Schlauheit mit dem Löffel gegessen zu haben. Tests und Quarantänen entlasten die Intensivstationen.Das ist aber auch schon alles.Wir werden in einigen Monaten alle Kontakt gehabt haben und dann flaut die Sache ab und die Verschwörer können sich ein anderes Aktionsfeld suchen.Nur Mut,alles wird gut.Irgendwann.