Wie sollte man mit den Nachlässen von Künstlern umgehen?

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Wie man das Werk von verstorbenen Künstlern aufarbeiten, verwalten und der Öffentlichkeit zugänglich machen kann, das erläuterte Karl von Trott am vergangenen Samstagvormittag vor zahlreichen Zuhörern, darunter etliche Fachleute und Künstler. Eingeladen hatte das „Centre nationale de l’audiovisuel“ (CNA) in Düdelingen.

Von Angelika Thomé

Karl von Trott ist Direktor des in Berlin ansässigen „Institute for Artists’ Estates“, das Künstlernachlässe betreut, Nachlassverwalter unterstützt und Künstler bei der Planung ihres Nachlasses berät. In seinem Vortrag beleuchtete der Jurist die verschiedenen Möglichkeiten und die nötigen Rahmenbedingungen, damit das Werk eines Künstlers nach seinem Ableben nicht in Vergessenheit gerät. Im Idealfall, so von Trott, übernimmt der Künstler selbst die Vorbereitung und Planung. Der erste Schritt besteht im Sichten und Ordnen, Sortieren und Bewerten des Werkes. Sortieren, das bedeutet auch aussortieren, unter Umständen sogar zerstören. Bei der Auswahl dessen, was hinterlassen werden soll, ist ein Qualitätsfilter wichtig, betonte der Redner.

Als Beispiel für eine gelungene Vorbereitung nannte von Trott Paul Klee. Klee hatte sein Werk bereits zu Lebzeiten penibel sortiert und in verschiedene Preisklassen bzw. Qualitätsstufen eingeteilt. In der sogenannten „Sonderklasse“ vereinte er seine wichtigsten Werke, diese Kernsammlung galt als unverkäuflich. Damit hat er – so der Redner – quasi seine eigene „Retrospektive“ gestaltet.

Nachlassplanung

Die Fragen, was später aus dem Nachlass verkauft werden darf und an wen – nur an Museen oder auch an Sammler –, und ob die Werke reproduziert werden dürfen, können ebenfalls im Vorfeld geklärt werden. Die Kernfrage jedoch, die sich bei künstlerischen Hinterlassenschaften stellt, ist, in welcher Form der Nachlass verwaltet werden soll. Dafür gibt es verschiedene Optionen: von Schenkungen an Museen über Erbschaften bis hin zu Stiftungen.

Karl von Trott ging auf Strukturen und Organisationsformen der Nachlassverwaltung ein, auf juristische Details, aber auch auf menschliche Auswirkungen. Das Vererben von Kunst, betonte er, sei in zweifacher Weise heikel. Er wies auf die Bürde hin, die Künstler-Kinder auf sich nehmen müssen, wenn sie als Nachlassverwalter fungieren.

Und er mahnte an, bei Erbschaften genauestens darauf zu achten, dass es unter den Erbberechtigten nicht zu Auseinandersetzungen kommt, da diese sich negativ auf die Vermarktung und die öffentliche Wahrnehmung des Werkes auswirken können. Schenkungen an Museen, so der Vortragsredner, sind heutzutage relativ schwierig geworden. Angesichts einer Flut von Schenkungen gehen die Museen inzwischen sehr selektiv vor, unter anderem, weil es ihnen häufig an Platz für die Unterbringung mangelt.

Stiftungen

Bei der Gründung einer Stiftung sei es wichtig, ein bzw. mehrere Ziele zu formulieren, die in einem begrenzten Zeitraum von zehn bis 30 Jahren abgearbeitet werden können, zum Beispiel die Erstellung eines Werkverzeichnisses oder die Positionierung eines Werks.
Als Beispiel für eine erfolgreiche Mission und deren Abschluss nannte der Vortragsredner die Stiftung der amerikanischen Künstlerin Georgia O’Keeffe, deren Nachlass mit der Eröffnung des Georgia-O’Keeffe-Museums aufgelöst wurde, sowie die Roy Lichtenstein Foundation. Die Stiftung, die von Lichtensteins Witwe gegründet wurde, wird demnächst abgewickelt, da sie ihre Mission – die Erstellung eines Werkverzeichnisses und die breite Streuung der Werke – erfüllt hat.

Die verschiedenen gemeinnützigen Aufgaben, die eine Stiftung übernehmen kann, und die Finanzierungsmodelle erläuterte von Trott anhand von weiteren prominenten Beispielen, wie der Andy Warhol Foundation for the Visual Arts, die seit dem plötzlichen Tod des Künstlers maßgeblich an der Förderung von Kunstunterricht in den USA beteiligt ist, und der Robert Mapplethorpe Foundation. Der Aids-kranke Fotograf gründete seine Stiftung 1988, ein Jahr vor seinem Tod. Ziel der Robert Mapplethorpe Foundation ist die Förderung der Fotokunst und die Bekämpfung von Aids. Ein Großteil des Erlöses aus dem Verkauf seiner Werke fließt in den Kampf gegen Aids.

Diese und viele andere Beispiele lockerten den anderthalbstündigen Vortrag von Karl von Trott auf, der stellenweise sehr detaillastig war, aber alles in allem sehr aufschlussreich. Fazit: Um das Vermächtnis eines Künstlers am Leben zu halten, braucht es ein professionelles Nachlassmanagement.