Die Ausarbeitung des neuen Jagdgesetzes war alles andere als einfach. Studien, Gegenstudien, Protestaktionen, Gegenprotestaktionen, Hearings, Unterschriftensammlungen – während mehr als sieben Jahren wurde an der Reform gearbeitet. Bei keinem anderen Gesetz sei die Zivilgesellschaft so eingebunden worden wie bei diesem, so die Abgeordneten am Donnerstag. Mehrere Versionen des Gesetzentwurfs wurden vom Staatsrat zerrissen. Der Text wurde überarbeitet. Die aktuelle Neufassung scheint jetzt aber eine breite Zustimmung zu finden – zumindest bei den Politikern.
CSV und LSAP stimmten für die Gesetzesvorlage. Die Grünen, die DP und „Déi Lénk“ enthielten sich. Die ADR stimmte gegen den Entwurf.
Die richtige Richtung
Bei den Debatten herrschte jedoch große Einigkeit. Alle Parteien waren einverstanden, dass das Gesetz der nachhaltigen Entwicklung, dem ökologischen Gleichgewicht und dem Tierschutz dienen sollte.
Bedauert wurde, dass die Jagdgegner weiter auf die Barrikaden steigen. Einige Tage vor dem Votum des neuen Jagdgesetzes im Parlament hatten sie beim Parlamentspräsidenten eine Petition mit über 7.000 Unterschriften eingereicht, um gegen die aktuelle Fassung der Gesetzesvorlage zu protestieren. Sie lehnen es ab, dass Hobbyjäger Wild töten. Die Regulierung des Wildbestands soll in die Hände des Staats gelegt werden. Im Allgemeinen müsse man die Jagd als Ganzes in Frage stellen, so die Jagdgegner. Der Eingriff des Menschen in die Bestände sei nicht notwendig. In anderen Ländern, wo man das Wild in Ruhe ließe, reguliere sich der Bestand von selbst. Das neue Jagdgesetz sei das Resultat der Lobbyarbeit der Jäger.
Ein Kompromiss
Das Gesetz enthalte jedoch einige begrüßenswerte Neuerungen, versuchen indes die Umweltorganisationen die erhitzten Gemüter zu beruhigen. Der Mouvement écologique begrüßt in einer Pressemitteilung u.a., dass die Jagd grundsätzlich dem “intérêt général” unterliegt, dass sie in Zukunft den Prinzipien der nachhaltigen Entwicklung entsprechen muss, dass das Fütterungsverbot eingeführt wird, dass eine ausgewogene Balance zwischen den Rechten des Einzelnen und der notwendigen Regulierung des Wildbestandes gewährleistet wird und dass das Weiterbestehen der Verbote der Beiz- und Fallenjagd gegeben ist.
Die Umweltvereinigung bemängelt jedoch, dass die Gesetzesvorlage keine Einzelheiten über die Kontrolle der Jagd, die Qualifikation der Jagdberechtigten, die Einführung des Konzeptes der Weiserflächen (als Grundlage für die jagdlichen Aktivitäten) beinhaltet.
Kein Verständnis
Erstaunt zeigten sich die Redner am Donnerstag über die andauernde Unzufriedenheit der Jäger. Ihren Forderungen wurde ebenfalls zum Teil Rechnung getragen, so die Parlamentarier.In Luxemburg gibt es etwa 2.000 Hobbyjäger.
Vor einigen Wochen demonstrierten sie auf dem Clairefontaine-Platz. Sie fühlen sich ungerecht behandelt. Für sie ist die Jagd von großem Nutzen für die Allgemeinheit, weil auf diese Weise zum Beispiel die Wildbestände reguliert und Wildschäden verhindert werden. Sie erinnern daran, dass die Jagd auch einen wirtschaftlichen Nutzen hat. Die Kosten der Jagd werden auf etwa 50 Millionen Euro pro Jahr geschätzt.
Umstrittene Lockfütterung
Umstritten bleibt die Lockfütterung, die aber erlaubt wird. Breite Zustimmung findet indes das Verbot der zusätzlichen Fütterung: Sie darf nur noch in Ausnahmefällen durchgeführt werden und muss vom Minister genehmigt werden.
Er kann auch eine „administrative Jagd“ anordnen, wenn der Bestand einer Rasse zu rasch wächst, eine für den Menschen gefährliche Epidemie bei den Tieren auftaucht oder das Wild erhebliche Schäden anrichtet.
Problemfeld Jadgrevier
Für angeregte Diskussionen sorgte die Aufteilung des Geländes in Jagdreviere. Die Grundbesitzer gruppieren sich in sogenannten Jagdsyndikaten, welche die notwendigen Terrains für die Reviere den Jägern verpachten. Nun stellte sich die Frage, ob ein Jagdgegner sein Grundstück den Jägern zur Verfügung stellen muss. Im Gesetzentwurf ist vorgesehen, dass Grundstückbesitzer, die aus ethischen Gründen gegen die Jagd sind (sog. „opposants éthiques“) ihre Ländereien aus dem Jagdgebiet ausschließen können.
Ein 2007 gefälltes Urteil des europäischen Menschenrechtsgerichtshofs in der Affäre des Luxemburgers Schneider besagte, dass man das Recht hat, den Jägern den Zugang zu seinem Grundstück zu untersagen. Im Januar 2011 wurde jedoch vom selben Gericht zum deutschen Jagdrecht ein Urteil gefällt („Urteil Hermann“), das in die andere Richtung geht. In Deutschland gilt flächendeckender Jagdzwang sowie die Pflicht zur Hege, nicht aber in Luxemburg, argumentierten die Umweltvereinigungen.
Aber auch mit der Abstimmung im Parlament ist die Problematik der Jagd nicht vom Tisch. Einige Parlamentarier befürchten eine Zunahme der Gerichtsprozesse, weil das neue Gesetz keine hundertprozentige Klarheit in allen Punkten schaffe. Unter anderem die Revierfrage, die Probleme im Zusammenhang mit den Wildschäden, unter anderem bei den „opposants éthiques“ oder den Landwirten blieben zum Teil ungeklärt.
De Maart

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