Montag10. November 2025

Demaart De Maart

Die eine Hand gibt, die andere nimmt

Die eine Hand gibt, die andere nimmt
(Jean-Claude Ernst)

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Am 22. Juli dieses Jahres gingen in der Region um Ermsdorf, Cruchten, Reisdorf, Gilsdorf und Medernach heftige Regenfälle nieder. In nur wenigen Minuten fiel ein Zehntel des Regens, der sonst in einem ganzen Jahr fällt. Der angerichtete Schaden geht in die Millionen. Schnelle Hilfe wurde versprochen, doch …

„Wir haben alles verloren und wissen nicht, wie und wo wir morgen leben werden“, so ein am Boden zerstörter Vater zweier Kinder am Tag nach der Katastrophe dem Tageblatt gegenüber. „Wir haben Geld geliehen, um ein älteres Haus in Stand zu setzen, jetzt waren wir soweit fertig und dann das …“ In Tränen aufgelöst zeigt uns die Frau das, was noch von ihrem Hab und Gut übriggeblieben ist: Ein nicht mehr bewohnbares Haus und ein Berg zerstörter Möbel, Haushaltsgeräte, Kleider, Bücher, Fotoalben, Bilder usw. „Unser Leben liegt da, fertig zum Abtransport in Richtung Müllverbrennungsanlage …“

Die Regierung versprach schnelle und unbürokratische Hilfe für die, die ihr Hab und Gut in den Fluten verloren haben. Erinnern wir daran, dass in Ermsdorf, Cruchten und auch in Medernach (um nur diese zu nennen) viele Häuser seit der Katastrophe komplett unbewohnbar sind. „Hei sinn déi Momenter, wou mer all mussen zesummenhalen“, hatte Premierminister Xavier Bettel vor Ort gesagt. „Wir werden die Betroffenen nicht im Stich lassen und alles tun, was in unseren Möglichkeiten steht. Ich hoffe, dass die Versicherungen dies auch tun.“

Keine angesagte schnelle Hilfe

Heute, wir schreiben den 2. November, ist in vielen Fällen die angesagte schnelle Hilfe noch nicht angekommen und von unbürokratischem Vorgehen kann nicht die Rede sein. Dazu gesellen sich für die Betroffenen weitere Probleme zu den bereits bestehenden hinzu. Nach einem ersten Beispiel Anfang September (Link) beschäftigen wir uns diesmal mit einem anderen Fall:

Ein junges Paar mit zwei kleinen Kindern kann ihr erst kürzlich gebautes Haus in Ermsdorf seit dem 21. Juli nicht mehr bewohnen. Sie haben in den letzten Monaten viel Zeit mit Säuberungsarbeiten verbracht, doch die hohe Feuchtigkeit in den Wänden, in den Decken und Böden erlaubt ihnen zurzeit keine Instandsetzung. Ihnen wurde, nach langatmigen Verhandlungen und vielen Formularen sowie vielen Terminen in Amtsstuben eine finanzielle Hilfe von 23.000 Euro zuerkannt. „Es wurde lediglich in Kenntnis genommen, dass wir alle beide arbeiten, also zwei Löhne haben. Dass wir aber auch hohe Schulden durch den Bau unseres Hauses haben, davon wollte niemand etwas wissen. Wir sind natürlich froh über jede Hilfe, aber 23.000 Euro für die Instandsetzung eines Hauses, das anderthalb Meter unter Wasser stand …!?“

Abgelehnt!

Jetzt haben sie erstes Baumaterial und Möbel, Bodenbeläge sowie eine neue Küche bestellt. „Wir hatten nun angefragt, ob wir hierfür vom superreduzierten Mehrwertsteuersatz von 3 Prozent profitieren könnten. Das wurde aber von der Steuerverwaltung abgelehnt. Wir haben bis dato auf dem, was wir für die Instandsetzung unseres Hauses an absolut Notwendigem bestellt haben bzw. an Arbeiten haben durchführen lassen, bereits um die 9.000 Euro an Mehrwertsteuer bezahlt, also fast die Hälfte von dem Geld, das uns als staatliche Hilfe zugesprochen wurde. Der Staat gibt’s, der Staat nimmt’s …“

Den Einwohnern der wohl am härtesten betroffenen Straße in Ermsdorf wurden bislang zusammengerechnet rund 230.000 Euro an Hilfe versprochen. Die Regierung hatte kurz nach der Katastrophe von 30 Millionen Euro Direkthilfe gesprochen. „Wo sind denn die restlichen 29,77 Millionen Euro geblieben?“, fragen sich die Betroffenen. „Als wir bei den zuständigen Ämtern um Hilfe baten, wurde uns das Gefühl vermittelt, dass alles außer einer absperrbaren Haustür und einem Tisch mit Stühlen unter den Begriff „Luxus“ falle und somit nicht subventioniert wird.“

Sieht so unbürokratische und schnelle Hilfe aus?