Mit Mazedoniens Ex-Premier Nikola Gruevski halst sich Ungarn vor allem Probleme auf

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Hat Ungarn einem Straftäter geholfen, sich der Justiz zu entziehen? Zumindest auf einer Teiletappe war Budapest an der Flucht von Mazedoniens Ex-Premier Nikola Gruevski aktiv beteiligt. Doch mit der Aufnahme des Justizflüchtlings hat sich Premier Orban Probleme von nicht absehbarem Umfang aufgehalst: Die Risiken scheinen weit größer als der Nutzen.

Von unserem Korrespondenten Thomas Roser, Belgrad

Ausgerechnet das Land, das sich als erstes in Europa mit Grenzzäunen gegen Flüchtlinge abschottete, hat sich selbst einen fragwürdigen Asylbewerber ins Land geholt.
Wie die albanische Polizei bestätigt hat, waren ungarische Diplomaten zumindest auf einer Teiletappe an der Flucht von Mazedoniens Ex-Premier Nikola Gruevski nach Budapest aktiv beteiligt. Der „mazedonische Bürger“ Gruevski habe Albaniens Territorium am 11. November in einem Personenwagen der ungarischen Botschaft in Tirana in Richtung Montenegro verlassen: Zum Zeitpunkt von dessen „Passage“ sei der internationale Haftbefehl gegen den Transitreisenden noch nicht ausgestellt gewesen.

Eigentlich hätte der wegen des illegalen Erwerbs einer Luxuslimousine rechtskräftig verurteilte Dauerpremier (2006-2016) aus Mazedonien Ende der vergangenen Woche in Skopje eine zweijährige Haft antreten sollen. Doch stattdessen meldete sich der am Wochenende spurlos abgetauchte Ehrenpräsident der rechtspopulistischen VMRO-DMPNE am Dienstag per Facebook aus Budapest: Wegen „zahlreicher Todesdrohungen“ habe er dort um politisches Asyl ersucht. Nach Angaben des ungarischen Kanzleramtschef Gergely Gulyas habe Gruevski „eine ungarische Botschaft im Ausland“ mit dem Wunsch aufgesucht, in Ungarn Asyl zu beantragen. Die Behörden hätten darauf entschieden, dessen Antrag nicht wie vorgeschrieben an der Grenze, sondern in Budapest zu bearbeiten.

Ungewohnt wortkarg äußert sich bisher der sonst in Flüchtlingsfragen so wortgewaltige Orban über den prominenten Asylbewerber. Dessen Gesuch werde als „rein rechtliche Frage“ betrachtet, teilte dessen Büro mit. Aus der Sympathie für den bedrängten Gesinnungsgenossen macht derweil Balasz Hidveghi, der Sprecher der regierenden Fidesz-Partei keinen Hehl: Gruevski werde von einer Linksregierung „bedroht und verfolgt“, die von dem in Ungarn als Staatsfeind geltenden US-Philanthrop George Soros unterstützt werde.

Mysteriöse Morde

Doch ob Orban sich mit dem Gefälligkeitsdienst für den seelenverwandten Justizflüchtling einen Gefallen tut, ist zweifelhaft. Sicher ist, dass Ungarns Premier jahrelang auf der gleichen Wellenlänge mit dem als einer der korruptesten und skrupellosen Balkanpolitiker geltenden Gruevski funkte. Sicher ist aber auch, dass sich Ungarn mit dessen vorläufige Aufnahme eine heiße Kartoffel und Probleme von nicht absehbarem Umfang aufgehalst hat: Die Risiken scheinen weit größer als der Nutzen.

Die manipulierte Ausschreibung für die 600.000-Euro-Limousine, für die Gruevski bereits verurteilt worden ist, mag in den korrupten Regentenkreisen der Region nur als Kavaliersdelikt gelten. Doch ein kleiner Fisch ist Gruevski keineswegs. Gegen ihn laufen derzeit noch drei weitere Prozesse wegen Wahlmanipulationen, Korruption und illegaler Abhörpraktiken, die ihn bei einer Verurteilung weit härtere Haftstrafen bescheren dürften. Sollte sich bei den wieder aufgerollten Ermittlungen nach den Hintergründen der mysteriösen Morde am Smiljkovski-See (2012) und den vermeintlichen Terroranschlägen von Kumanovo (2015) der Verdacht einer Geheimdienstregie zum Schüren ethnischer Spannungen bestätigen, könnten dem Ex-Premier selbst noch Mordanklagen drohen.

Sollte Ungarn dem völlig diskreditierten Gruevski dennoch dauerhaft Unterschlupf gewähren, droht nicht nur Ärger mit Skopje, das dessen sofortige Auslieferung fordert, sondern auch mit den christdemokratischen Schwesterparteien der EVP und Brüssel. Krach mit der EU wegen des prominenten Politflüchtlings ließe sich für den streitbaren Orban im Gegensatz zu seinen Alleingängen in der Flüchtlingspolitik innenpolitisch kaum nutzen: Die Opposition hat ihn bereits aufgefordert, den „kriminellen“ Ex-Premier umgehend auszuliefern.

H.Horst
18. November 2018 - 11.41

Interessant, dass der AFD-Chef Gauland u.a. den ungarischen Premier Orban als "natürlichen Verbündeten" bezeichnet hat. Was die beiden verbindet ist ausser der rechtsreaktionär-populistischen u. im Falle Orbans offen rassistischen Politik, eine Affinität zu Putin. Es würde mich nicht wundern wenn der Kreditgeber des französischen FN auch hinter den schweizerischen und belgischen Spenden an die AFD steht. Der ganze Rechtspopulismus in Europa ist ein von Putin finazierter Versuch der Destabilisierung mit dem Ziel der Finnlandisierunbg Westeuropas.