Türkei weitet Offensive aus

Türkei weitet Offensive aus
(Sedat Suna/ dpa)

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Nach Anfangserfolgen hat die Türkei ihre Militärintervention im Norden Syriens ausgeweitet. Ankara beansprucht für sich das "Recht" zum Kampf gegen den IS und syrische Kurden.

Nach ersten Erfolgen bei ihrer Offensive gegen die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) im Norden Syriens geht die Türkei dort nun auch explizit gegen kurdische Milizen vor. Zehn Kampfpanzer und Truppentransporter rollten am Donnerstag bei Karkamis über die Grenze, wie ein AFP-Fotograf berichtete.

Verteidigungsminister Fikri Isik beanspruchte für die Türkei das „Recht“, in Syrien auch kurdische Einheiten zu bekämpfen. Einen Tag nach dem Beginn der Großoffensive gegen die IS-Miliz drangen bei Karkamis türkische Soldaten mit schwerem Kriegsgerät nach Syrien vor.

„Schutzschild Euphrat“

Die türkischen Streitkräfte setzten bei dem „Schutzschild Euphrat“ genannten Einsatz in der Umgebung der Grenzstadt Dscharablus Kampfjets, Panzer und Artillerie ein. Die an der Seite der Türkei kämpfenden syrischen Rebellen hatten die lange vom IS beherrschte Stadt am Westufer des Euphrats am Mittwoch eingenommen.

Der Einsatz richtet sich nach Angaben der türkischen Regierung sowohl gegen den IS als auch gegen die syrisch-kurdische Partei der Demokratischen Union (PYD), die von den USA unterstützt wird. Ankara will die Ausweitung der kurdischen Einflussgebiete in Syrien und somit die Entstehung eines zusammenhängenden kurdischen Autonomiegebietes verhindern.

Forderung von US-Vizepräsident

Verteidigungsminister Isik bekräftigte am Donnerstag die Forderung von US-Vizepräsident Joe Biden, der am Mittwoch bei einem Besuch in Ankara den Rückzug der kurdischen Einheiten auf Stellungen östlich des Euphrats verlangt hatte.

„Wir werden dafür sorgen, dass die PYD nicht an die Stelle des IS tritt“, sagte der Verteidigungsminister. Der Einsatz „Schutzschild Euphrat“ werde so lange forgesetzt, bis „unmittelbare Bedrohungen für die nationale Sicherheit ausgeschaltet“ seien, sagte ein türkischer Regierungsvertreter.

Die Tageszeitung „Hürriyet“ berichtete, die Regierung in Ankara wolle im Norden Syriens eine Pufferzone einrichten, die „frei von Terrorgruppen“ sei. Die Einsatzstärke der türkischen Armee habe am Mittwoch bei 450 Mann gelegen, sie könne im Verlauf der Offensive auf 15.000 erhöht werden.

Angeblich 100 Kämpfer getötet

Unter Berufung auf Angaben des Militärs berichtete „Hürriyet“, auf der Seite der Islamisten seien am Mittwoch einhundert Kämpfer getötet worden. Dafür gab es ebenso wenig eine Bestätigung wie für einen Bericht der Nachrichtenagentur Dogan vom Vorabend, in dem die Zahl der getöteten IS-Kämpfer mit 46 angegeben wurde. Verluste der türkischen Armee wurden nicht bekannt, laut IS wurde ein Kämpfer der syrischen Opposition getötet. Dscharablus wurde seit drei Jahren vom IS kontrolliert.

Im Syrien-Konflikt habe die Türkei „seit langem eine ganz andere Prioritätenlisten als die Europäer oder auch die Amerikaner“, sagte der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses des Bundestages, Norbert Röttgen (CDU), dem Deutschlandfunk. Ankara wolle die „Selbstständigkeits- und Unabhängigkeitsbestrebungen der Kurden in der gesamten Region unterbinden“.

Der UN-Sondergesandte für Syrien, Staffan de Mistura, sagte vor einem Treffen von US-Außenminister John Kerry und Russlands Außenminister Sergej Lawrow am Freitag in Genf, dieses sei „wichtig“ und könne „sicher Auswirkungen auf die politischen Initiativen der UNO für eine Wiederbelebung des politischen Prozesses in Syrien haben“.