Judoka Denis Leider: Ein Alleskönner holt sich den Titel

Judoka Denis Leider: Ein Alleskönner holt sich den Titel
Denis Leider (l.) hat nach einer fast fünfjährigen Auszeit wieder Lust am Judo.

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Judoka Denis Leider ist einer dieser Menschen, die mit enorm vielen sportlichen Talenten gesegnet wurden. Das bedeutet nicht, dass für seine unzähligen internationalen Erfolge nicht auch viel Eigeninvestition notwendig gewesen wäre. Doch auch fast zehn Jahre nach dem Höhepunkt seiner Karriere, einem Tapetenwechsel und neuen Prioritäten im Leben ist der Ausnahmeathlet auf den Tatamis unschlagbar geblieben.

Mit dicken schwarzen Kopfhörern auf den Ohren schottete sich Denis Leider während kurzer Zeit auf dem Weg zum achten Landesmeistertitel von der Außenwelt ab. Er sprang ein paarmal auf und ab, vermied jeglichen Blickkontakt mit dem Mann im blauen Kimono. Eine kurze Konzentrationsphase reichte dem Multitalent und dem Stimmungsmacher im Escher Lager schon früher.

Gegenüber stand am Samstag Georges Simon, langjähriger Weggefährte in der FLAM-Nationalauswahl. Die beiden haben schon lange keine Geheimnisse voreinander – obwohl sie sich gewichtsbedingt eigentlich bis auf die Open-Meisterschaft meist aus dem Weg gegangen sind und zudem aus den rivalisierenden Klubs der Minettemetropole stammen. Dass es am Samstag im Mondorfer Casino überhaupt zu einer Wiederholung des Meisterschaftsfinales von u.a. 2008 (!) kommen würde, lag am unbändigen Ehrgeiz des 29-jährigen Polizisten: „Ich wollte mir selbst etwas beweisen. Ich habe das Training in dieser Saison wiederaufgenommen und es nochmal einmal versuchen wollen.“

Trotz mehrjähriger Pause war Denis Leider auf dem Tatami nicht zu schlagen

Vor zehn Jahren gab es für Leider noch kein Vorbeikommen am sieben Jahre älteren Schwergewicht des Judo Club Esch. Bis auf den Ausgang des Finales hat sich allerdings im Laufe der Jahre bei diesem Spitzenduell der Herren nicht viel verändert: Auf der Matte liefern sich die beiden Sympathieträger am Samstag einen weiteren edlen Kampf auf hohem Niveau. Saubere und durchdachte Angriffe von zwei fairen Athleten, die begeistern. „Georges kann man mit angeschossenem Wild vergleichen. Je müder und angeschlagener er ist, desto gefährlicher wird er. Er lässt nie locker, bis zur allerletzten Sekunde“, erklärte der neue Landesmeister Leider. Erst nach dreieinhalb Minuten gelingt es dem früheren Soldaten, das Duell vorzeitig mit einer feinen Technik zu beenden. „Ich merke selbst, dass die Ausdauer nicht mehr so ist wie vor fünf, sechs Jahren“, scherzte er nach erfolgreicher Mission.

Die Prioritäten

Berufs- und Privatleben spielen mittlerweile die Hauptrolle in seinem Leben. Das war vor der besagten Zeitspanne noch etwas anders, als er seine Zukunft in einer Sportskarriere sah. 2009 trat Leider als erster Judoka überhaupt der Elitesektion der Armee bei und peilte internationale Erfolge an. Zwei Jahre später folgte die ernüchternde Erklärung: Aus privaten Gründen gab er damals seine Stelle auf. Am sportlichen Erfolg änderte dieser Schritt wenig. In Luxemburg blieb er stets Favorit und galt bei den Spielen der kleinen Staaten bis zu seinem letzten Auftritt 2013 als Maß aller Dinge. „Bereuen ist ein großes Wort. Es tut mir nicht leid, dass ich mich so entschieden habe. Natürlich habe ich mir ein paarmal die Frage gestellt, wie meine Judokarriere hätte verlaufen können … Aber diese Pause hat mir gutgetan. Ich hatte die Motivation und die Lust am Judo verloren.“

Stillhalten konnte Leider nie. Stets auf der Suche nach neuen Herausforderungen, fand er gleich im Anschluss an das Ende des Kampfsports im Powerlifting unter den Fittichen von Nationaltrainer Alain Hammang sein neues Glück. Am Samstag geht er auch in dieser Sportart als Favorit in die Landesmeisterschaften im Gewichtheben. Die zusätzliche Muskelmasse, die er sich bei seiner zweiten Karriere einholte, ist logischerweise auch im Judo ein Riesenvorteil: „Physisch bin ich gut drauf“, meint er dazu in gewohnt locker-lässiger Manier, für die man den Optimisten in Judokreisen so schätzt.

Der 20. Titel (jahrgangsübergreifend) ist aber nicht als eine Art Startschuss für ein Riesencomeback auf der Matte anzusehen, fügt er gleich hinzu: „Ich habe mir nichts Bestimmtes für die Zukunft vorgenommen. Ich habe einfach keine Zeit für ein Nationaltraining nach einem aufwendigen Arbeitstag.“ Leider ist nach wie vor ein Ausnahmeathlet, bescheiden und mit klaren Linien. Kaum vorstellbar, dass es seine letzte Judomeisterschaft gewesen sein soll, obwohl es „vom Druck her die schwerste überhaupt“ war. Aber das dürfte die Motivation für die Zukunft eigentlich nur gesteigert haben. Das Duell zwischen den beiden „Oldies“ stellte jedenfalls eine herrliche Erfrischung des Championats dar. „Und die Lust ist wieder da!“