Aurélien JoachimRekordmann ohne Nachfolger

Aurélien Joachim / Rekordmann ohne Nachfolger
Gerson Rodrigues (l.) wird in Zukunft wohl noch öfter im Sturmzentrum zum Einsatz kommen, nachdem Aurélien Joachim (r.) seinen Rücktritt erklärt hat Foto: Editpress/Gerry Schmit

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Nach 15 Jahren und 79 Länderspielen tritt Aurélien Joachim aus der Nationalmannschaft zurück. Kein Auswahlspieler erzielte in offiziellen Spielen mehr Tore für Luxemburg als der mittlerweile 33-Jährige. Ein direkter Nachfolger auf der Position des Mittelstürmers steht nicht bereit. Mit diesem Problem befasst sich auch Nationaltrainer Luc Holtz.

14 Tore erzielte Aurélien Joachim für die „Roten Löwen“. Es waren sogar 15, wenn man sein Traumtor gegen Belgien mitzählt. Diese Partie wurde jedoch später von der Europäischen Fußballunion UEFA wegen zu vieler Einwechselungen für ungültig erklärt und aus der Statistik gestrichen.

Neben seinem Torriecher waren aber vor allem sein unermüdlicher Einsatz und seine Fähigkeit, den Ball abzuschirmen, wertvoll für die FLF-Auswahl. Auf diese Dienste muss Nationaltrainer Luc Holtz in der kommenden Nations-League-Saison verzichten (Le Quotidien berichtete vom Rücktritt). „Eins zu eins ist er nicht zu ersetzen. Im Vollbesitz seiner Kräfte und bedingt durch unseren offensiven Stil hätte er in den kommenden Jahren noch viele Tore erzielen können. Für uns war er nicht nur der beste Torschütze, sondern auch ein exemplarischer Mitspieler und ein Vorbild im Umgang mit den Jüngeren. Er besitzt alle Fähigkeiten, die ein Stürmer braucht und war zudem ein Arbeitstier. Aber er hat auf seinen Körper gehört und bereits vor ein paar Monaten entschieden, dass er aufhören will“, erklärt Nationaltrainer Luc Holtz die Beweggründe. 

Der Rücktritt hat jedoch noch weitreichendere Konsequenzen. Ein Spielertyp wie Joachim steht auf Abruf nicht bereit und ist auch in den luxemburgischen Jugendnationalmannschaften nicht vorhanden. „Egal welche Fußballphilosophie man besitzt, ein Typ wie Joachim wird immer gebraucht“, sagt Holtz.

Dave Turpel ist derzeit der einzige Spieler in der Nationalmannschaft, der im Ansatz ähnliche Fähigkeiten wie Joachim besitzt. Allerdings wurde auf internationaler Ebene immer wieder deutlich, dass der Neu-Hesperinger Probleme hat, den Ball abzuschirmen und damit seinen Mitspielern Platz und Luft zu verschaffen. Turpel fällt zudem für mindestens vier bis sechs Monate aus. Am Mittwoch musste sich der 27-Jährige einer Meniskus-OP unterziehen. Beim Aufbautraining wird das LIHPS („Luxembourg Institute for High Performance in Sports“) behilflich sein. Ziel ist es, dass der Stürmer Anfang Januar wieder voll angreifen kann. Daniel da Mota wird wahrscheinlich nicht im Nations-League-Kader dabei sein, da er derzeit bei seinem Verein Racing vom Trainingsbetrieb ausgeschlossen ist.

„Rodrigues ist dreimal besser geworden“

Zuletzt wurde Gerson Rodrigues häufiger im Sturmzentrum eingesetzt, anstatt auf den Flügeln. Der Profi, der bei Dynamo Kiew unter Vertrag steht und vor zwei Wochen wegen einer Auseinandersetzung mit einem Mitspieler aus dem Kader von Leihklub MKE Ankaragücü verbannt wurde, bewies zuletzt, dass er über den berühmten Torriecher verfügt. In der Süper Lig traf er sechsmal (elf Spiele), in der ukrainischen Liga zweimal (acht Spiele) und für Luxemburg dreimal (zehn Spiele) seit März 2019. Holtz baut weiter auf seinen Schützling und hat eine deutliche Meinung zu den Vorfällen in der Türkei: „Gerson Rodrigues trifft keine Schuld an dieser Szene. Ankaragücü wollte meiner Meinung nach etwas Geld sparen und hat diesen Disput als Vorwand genommen, um ihn zurück nach Kiew zu schicken. Es scheint, als wäre alles inszeniert gewesen. Mich interessiert vor allem seine sportliche Entwicklung. Vergangene Woche war er in Luxemburg und er ist noch dreimal stärker geworden. Deutlich präziser und noch dynamischer“, sagt Holtz. 

Vincent Thill und Danel Sinani kommen oft als hängende Spitze zum Einsatz. Beide besitzen die nötige Technik, um einen Vordermann in Szene zu setzen oder mit ihrem starken Schuss selbst abzuschließen. Die beiden Jungprofis verfügen jedoch nicht über die körperlichen Voraussetzungen, um sich im Strafraum mit bulligen Innenverteidigern messen zu können. „Sinani wäre perfekt, um als falscher Neuner zu agieren. Damit dieses System greift, muss es aber in einem Freundschaftsspiel getestet werden. Thill ist ideal, um explosive Flügelspieler oder Stürmer mit Pässen zu füttern“, erklärt Holtz.

Maurice Deville kommt im Verein seit zwei Jahren auf der rechten oder linken Außenbahn zum Einsatz. Aufgrund seiner Kopfballstärke sieht ihn Holtz aber weiterhin als Mittelstürmer. „Er hat die Größe und den Körperbau, um sich im Strafraum durchsetzen zu können. Auf den Flügeln will ich Spieler, die dynamisch sind und den Gegner in einer Eins-zu-eins-Situation ausschalten könnten. Die Chance stehen sehr groß, dass er im Herbst als Mittelstürmer aufgeboten wird“, sagt Holtz. 

In den Jugendkategorien gibt es derzeit keinen Angreifer, der die Fähigkeit besitzt, sich im Strafraum durchsetzen zu können. „In Luxemburg werden viele zentrale Mittelfeldspieler oder Innenverteidiger ausgebildet. Es muss etwas geschehen in unserer Ausbildung damit wir wieder Mittelstürmer bekommen, aber vor allem auch schnelle Flügelspieler. Auf dynamische Übungen muss mehr Wert gelegt werden“, kritisiert Holtz.

Auf der Liste des Nationaltrainers steht trotzdem ein einheimischer Spieler. Ken Corral hat sich in den vergangenen Monaten in den Fokus gespielt. „Er kann mit seiner Schnelligkeit jeder Abwehr wehtun. Ich habe ihn fest im Auge“, so Holtz, der auch weiterhin Stefano Bensi (Fola) berufen wird.

Gute Nachrichten gibt es indes für die Fans der luxemburgischen Nationalmannschaft: Aurélien Joachim wird wahrscheinlich noch einmal im Stade Josy Barthel auflaufen. „Ich werde noch ein Gespräch mit ihm führen, damit wir ein Abschiedsspiel für ihn organisieren können“, kündigte Holtz an.