Bim DiederichDer 100. Geburtstag des „Duc de Grammont“

Bim Diederich / Der 100. Geburtstag des „Duc de Grammont“
Bim Diederich 1951 auf dem Weg zu seinem größten Erfolg: dem Sieg bei der 3. Etappe der Tour de France inklusive „Maillot jaune“ und neuem Spitznamen, „Duc de Grammont“ Foto: Privatarchiv Gilles Bosseler/MSP 

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Jean, alias Bim, Diederich war trotz dreier Etappensiege bei der Tour de France nicht der erfolgreichste, aber sicher einer der beliebtesten Luxemburger Radsportler aller Zeiten. Am Sonntag wäre er 100 Jahre alt geworden.

„Diederich (…) war ein echter Sympathieträger seiner Sportart. Bis zuletzt war er Zaungast bei den Rennen in Luxemburg. Er wusste, wo er herkam. Neben seinen vielen sportlichen Erfolgen ist es in heutigen Zeiten vielleicht eben jene Demut, die aus Jean ‚Bim’ Diederich ein echtes Vorbild macht.“ So kommentierte das Tageblatt den Tod von Bim Diederich am 6. Dezember 2012. Diederich war 90-jährig in seiner Heimatstadt Petingen gestorben. Am Nikolaustag, genau wie sieben Jahre zuvor der große Charly Gaul.

Zu den Großen des Luxemburger Radsports gehörte der schmächtige Diederich allemal. Nicht erst seit 1951, dem erfolgreichsten Jahr seiner Profilaufbahn, als er bei der Tour de France drei Tage lang das „Maillot jaune“ trug. Erobert hatte er es auf der zweiten Etappe von Reims nach Gent, dem „schönsten Tag in meinem Leben“, wie er fortan immer und immer wieder betonte. 40 km vor dem Ziel attackierte Bim Diederich aus einer vierköpfigen Ausreißergruppe am „Mur de Grammont“, flämisch „Muur van Geraardsbergen“, eine der berühmten Kopfsteinpflasteranstiege („Hellingen“) der Flandern-Rundfahrt (475 m lang, 9,3% durchschnittliche, 19,8% maximale Steigung). Der Antritt war unwiderstehlich. Diederich gewann, übernahm die Gesamtwertung und hatte einen neuen Spitznamen: „Duc de Grammont“.

„Joe Bim“

Dabei war Bim schon ein Spitzname. Jean half in jungen Jahren in der Petinger Apotheke Aulner als Laufbursche aus. Oft war er es, der morgens die Türen aufschloss und die Kunden bediente. Natürlich durfte er nur rezeptfreie Medikamente verkaufen. Eines davon war Yohimbine, ein Mittel gegen Erektionsstörungen, ähnlich dem heutigen Viagra. Im Volksmund wurde der Muntermacher für müde Männer „Joe Bim“ genannt. Auch seine Freunde fragten ihn nach „Yohimbine“ und er verkaufte es ihnen. Fortan wurde Jean nur noch Bim genannt.

Geboren wurde Jean, alias Bim Diederich am 20.2.1922 in Esch. Sein Vater war Arbeiter auf der „Schmelz“, Bim hatte zwei Geschwister. 1933 zog die Familie nach Petingen, wo er bis zu seinem Tod 2012 lebte. 1937 schloss sich Bim Diederich der Union cycliste Petingen an und bestritt 1939 sein erstes Rennen. Sein Talent und vor allem sein Kampfgeist fielen schnell auf. Im Zweiten Weltkrieg wurde er 1942 zunächst zum Arbeitsdienst eingezogen und später von der Wehrmacht zwangsrekrutiert. Er gehörte der Ersatzkompanie der 6. Armee der Wehrmacht an, die durch die Schlacht um Stalingrad zu trauriger Berühmtheit gelangte. Bei einem Heimaturlaub im Dezember 1943 tauchte Bim Diederich unter.

Nach dem Krieg nahm Diederichs Sportlerkarriere Fahrt auf. 1945 belegte er Platz 2 bei der Tour de Luxembourg und wiederholte das Resultat in den beiden Folgejahren. 1947 wurde er Profi und bestritt seine erste Tour de France. Nach einem zweiten und dritten Etappenplatz belegte er im Gesamtklassement den 15. Rang. Im selben Jahr wurde er WM-6., belegte Platz 11 bei der Tour de Suisse und Rang 14 bei Liège-Bastogne-Liège. 1949 gewann er die Luxemburg-Rundfahrt und wurde abermals 15. der Tour de France. Bereits ein Jahr später war der erste Etappensieg bei der „Grande Boucle“ fällig. Bim Diederich triumphierte auf dem 15. Teilstück zwischen Toulon und Menton. Zuvor war er beim Dauphiné Libéré als 3. auf dem Podest gelandet.

Jang, Jeng und Bim

Bis ins hohe Alter im Sattel: Bim Diederich<br />
Bis ins hohe Alter im Sattel: Bim Diederich
 Foto: Archiv Editpress

Es folgte seine „große” Tour 1951, bei der er auf drei Tage in Gelb noch einen Husarenritt in den Pyrenäen folgen ließ, als er den Tourmalet als Erster mit einem Vorsprung von 3:35 Minuten auf den späteren Etappensieger, Fausto Coppi, passierte. Die französische Presse schrieb in den 1950er Jahren ehrfurchtsvoll von „Les Jean du Luxembourg“. Gemeint waren Goldschmit, Kirchen und Diederich, alle mit Vornamen Jean, hierzulande aber Jang, Jeng und Bim genannt. Sie drückten dem Radsport der Nachkriegszeit ihren Stempel auf. Der charismatische Siegfahrer Goldschmit, der ebenso ruhige wie zuverlässige Kirchen und eben Diederich, stets der bescheidene Sportsmann, der sich freute, mit „Stars“ wie Coppi rivalisieren zu dürfen.

Ähnlich erfolgreich in Frankreich war Bim Diederich auch 1952. Die 5. Etappe über 197 km von Roubaix nach Namur entschied Diederich mit einem Vorsprung von 5:01 vor dem späteren Gesamtsieger Coppi für sich. Im selben Jahr feierte er mit dem Gesamtsieg bei der Tour de Lorraine einen letzten großen Erfolg. Sein letztes Rennen bestritt der Petinger 1954 bei der Tour de Luxemburg, die er als 11. beendete.

Wie so viele seiner Kollegen betrieb Diederich nach seiner Karriere einen Fahrradladen. Natürlich in seiner Heimat Petingen. Privat fand er sein Glück bei Yvonne Klein, mit der er eine Tochter, Martine, zeugte. Martine sollte später Lucien Didier heiraten, den besten Luxemburger Radsportler der 1970er und 1980er Jahre. Die Radsportdynastie setzte deren Sohn Laurent fort. Stolz hängte Bim Diederich seinem Enkel Laurent im Juni 2012, also knapp ein halbes Jahr vor seinem Tod, die Landesmeister-Medaille um den Hals. Heute ist die Petinger Sporthalle nach ihm benannt. Darin befindet sich auch ein kleines, bescheidenes Museum zu seinen Ehren.

24. Juni 2012: Rund ein halbes Jahr vor seinem Tod hängt Bim Diederich stolz seinem Enkel Laurent Didier die Landesmeister-Medaille um den Hals
24. Juni 2012: Rund ein halbes Jahr vor seinem Tod hängt Bim Diederich stolz seinem Enkel Laurent Didier die Landesmeister-Medaille um den Hals Foto: Archiv Editpress/Julien Garroy

Quellen: Privatarchiv Gilles Bosseler, Tageblatt-Archiv, „De Vëlo ass mäi Liewen – Dem Bim Diederich seng Erënnerungen“ (Emil Angel)

lupus-canis
22. Februar 2022 - 10.46

Tour de France : de Bim, war 1951 den Eichten um Tourmalet -2114m, bei der 14ter Etape Tarbes-Luchon an hat dat Joer (Mur de Grammont) 3 Deeg lang hanner eneen de Maillot Jaune

josy.mersch.lu
21. Februar 2022 - 13.39

Eben "Bim" und der "Duc de Grammont" zugleich ! War unser bester Profifahrer in den Aussreissersiegen wo er sich durch Kämpferwillen gegen seine Begleiter durchsetzte. Dadurch auch das "Maillot Jaune" zu erobern kommt nicht von ungefähr und ist noch heute international aussergewöhnlich ! War einer meiner Mentore im Radsport den ich aber stark entäuschte als ich nicht zu den Profis wechselte. Viele Radsportler verdanken Ihm auch einen Jahrzentelangen treuen und preiswerten Service Ihrer Fahrräder ! Ein wahrer Kämpfer und Fleissarbeiter !