Profi-Basketballer Thomas Grün: „Ein Privileg, fürs Nationalteam spielen zu dürfen“

Profi-Basketballer Thomas Grün: „Ein Privileg, fürs Nationalteam spielen zu dürfen“

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Wenn heute Abend die Luxemburger Basketball-Herren mit ihrem Heimspiel gegen Kosovo in die Vorqualifikation für die EM 2021 starten, sind viele Augen auch auf Thomas Grün gerichtet. Der 24-Jährige, der in der deutschen Pro A für die Gladiators Trier spielt, ist neben Alex Laurent einer von zwei Profis im Kader von Ken Diederich. Das Tageblatt sprach mit dem Flügelspieler über die aktuelle Kampagne, die Entwicklung des Nationalteams und seine Profikarriere.

Tageblatt: Wissen Sie noch, was der 17. September 2016 für ein Tag war?

Thomas Grün: Eigentlich nicht, doch so direkt darauf angesprochen, dürfte es wohl der Tag sein, an dem wir in der EM-Qualifikation gegen Großbritannien gewonnen haben …

Genau, es war der erste Qualifikationssieg der Herrennationalmannschaft seit einer langen Zeit. Welche Erinnerungen haben Sie noch daran?

Wir haben damals eine richtig starke Kampagne gespielt und dieser Sieg hing schon lange in der Luft. Wir haben drei Heimspiele direkt hintereinander ausgetragen und vor allem die zweite Partie gegen Ungarn hätten wir bereits gewinnen können. Der Erfolg in der letzten Begegnung gegen Großbritannien war eigentlich die logische Konsequenz, denn wir haben uns von Spiel zu Spiel erheblich gesteigert. Dieser Sieg war einer der schönsten Momente in meiner Basketballkarriere, auf jeden Fall, was das Nationalteam betrifft.

Stehen dieser Tag und vor allem die Kampagne 2016 für Sie für einen Wandel der Nationalmannschaft?

Der Tag selbst nicht, doch die gesamte Qualifikation schon. Es war in diesem Jahr, als sozusagen ein „Switch“ eingetreten ist.  Als Ken Diederich die Nationalmannschaft als Trainer übernommen hat, hat ein Mentalitätswechsel stattgefunden. Wir spielen nicht mehr nur mit, sondern wollen auch gewinnen.

In der heute beginnenden Vorqualifikation trifft die FLBB-Auswahl neben Kosovo erneut auf Großbritannien, mit welchen Erwartungen gehen Sie in diese Kampagne?

Wir müssen genau dieser gerade angesprochenen Mentalität treu bleiben. Vor allem gegen den Kosovo geht es für uns darum, auch zu gewinnen. Dennoch muss man auch realistisch bleiben. Der damalige Erfolg gegen Großbritannien war schon etwas Außergewöhnliches. Man darf nicht vergessen, dass es sich um eine starke Mannschaft handelt mit zwölf Spielern, die auf einem hohen europäischen Vereinsniveau antreten. Dieses Mal sind sie vorgewarnt und werden das Spiel gegen uns sicher nicht auf die leichte Schulter nehmen.

Im letzten Sommer gab es einen Sieg gegen Zypern, bei den Spielen der kleinen Staaten im Mai in Montenegro haben die FLBB-Herren zudem ein starkes Turnier gezeigt und die Silbermedaille gewonnen. Wie schätzen Sie das Team aktuell ein?

Das Turnier in Montenegro hat einmal mehr bestätigt, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Man darf aber nicht vergessen, dass zwei wichtige Spieler nun nicht mehr im Kader stehen. Zum einen Bobby Melcher und zum anderen Clancy Rugg, der uns als US-Spieler ja bekanntlich bei den JPEE unterstützen durfte. Somit erhalten einige Nachwuchstalente ihre Chance.

Von der Mannschaft aus dem Jahr 2016 sind inzwischen nur noch drei Spieler übrig geblieben. Kann man sagen, dass nach den Weggängen der beiden Co-Kapitäne Jairo Delgado und Tom Schumacher im letzten Jahr dieses Team nun das von Ihnen und Alex Laurent ist?

Ich habe meine Probleme damit, wenn man von meinem oder dem Team von Alex spricht, denn es stehen ja immer noch zwölf Spieler im Kader. Es stimmt aber, dass ein Generationenwechsel stattgefunden hat und das Team vom Altersdurchschnitt her sehr jung ist. So ist es normal, dass Alex und ich als diejenigen, die im Ausland unter Vertrag stehen und zu den Erfahrensten in der Mannschaft zählen, auch automatisch mehr Verantwortung übernehmen müssen.

Auf Vereinsebene werden Sie im Herbst in Ihre vierte Saison mit den Gladiators Trier gehen. Es scheint, als würden Sie sich hier richtig wohlfühlen?

Ich bin inzwischen einer der vier bis fünf Spieler, die am längsten bei den Gladiators dabei sind. Ich kenne das gesamte Umfeld und dieses kennt mich ja auch. Das ermöglicht es einem natürlich, bei Problemen auch schneller und einfacher Lösungen zu finden.

In der letzten Saison warf Sie eine Bänderverletzung im Fuß zurück. Welches Fazit ziehen Sie von dieser Spielzeit und wie sehen Sie zukünftig Ihre Rolle im Team?

Das war natürlich keine schöne Erfahrung, denn es war das erste Mal, dass ich verletzungsbedingt so lange ausgefallen bin. Doch da muss jeder Sportler wohl irgendwann einmal durch. Ich habe in den vergangenen Wochen sehr an der Stabilität meines Fußes gearbeitet und denke, dass mich diese Erfahrung auch mental stärker gemacht hat. Ich sehe dieses Kapitel als abgeschlossen an und bin voll motiviert, in die neue Saison zu starten. Die sportliche Rolle spielt sich unterdessen jede Saison wieder auf ein Neues aus.

Durch die Nationalmannschaft werden Sie einen Teil der Saisonvorbereitung der Gladiators verpassen, stört Sie das?

Die Vorbereitung beginnt in der Tat jetzt Anfang August. Doch ich sehe es als Privileg an, für die Nationalmannschaft spielen zu dürfen. Das war auch immer schon in den Jugendkategorien der Fall. Im Ausland sehe ich, wie meine Mitspieler die Chance, ihr Land vertreten zu dürfen, nicht erhalten. Wenn man diese Möglichkeit bekommt, sollte man sie auch genießen.

Merken Sie denn, dass man auch im Ausland die Spiele der FLBB-Auswahl verfolgt?

Von anderen Vereinen habe ich bisher nach einer Kampagne nichts gehört, doch die Leute aus dem Verein und meine Mitspieler verfolgen das Ganze schon. Es gibt auch einige Trierer Fans, die sich die Länderspiele in der Coque anschauen. Das ist natürlich supercool und freut mich besonders. Hieran sieht man, dass man im Verein auch geschätzt wird.

Mit Ihnen und Alex Laurent gibt es aktuell zwei FLBB-Spieler, die den Schritt ins Profilager gewagt haben. Bräuchte das Nationalteam mehr Spieler, die im Ausland unter Vertrag stehen?

Ich werde öfters auf dieses Thema angesprochen und ich kann nur jedem dazu raten, diesen Schritt zu machen. Denn das Niveau und der Konkurrenzkampf sind in anderen Ländern schon ein gutes Stück höher. Das merkt man auch bereits im Jugendbereich, im Ausland gibt es eine ganz andere Förderung, während in Luxemburg oft nur die gleichen Mannschaften an der Spitze zu finden sind. Es ist einfach eine wertvolle Erfahrung zu sehen, wie es im Profibereich abläuft, zum Beispiel allein schon das Training.

Sie haben sich bereits im jungen Alter dazu entschieden, ins Ausland zu gehen und haben dann auch in Deutschland Ihren Schulabschluss gemacht. Es scheint, als hätten Sie diesen Schritt nie bereut?

Diesen habe ich tatsächlich noch nie bereut. Ich bin im Gegenteil der Meinung, dass man seinen Schulabschluss viel eher in diesem System, das Schule und Sport professionell zu kombinieren weiß, besteht. In Urspring hätte ich zum Beispiel bei schlechten Noten nicht zum Training gedurft. Es braucht einfach diese Professionalität und auch wenn es in Luxemburg inzwischen das Sportlycée gibt, sind ja auch nicht alle Spieler hier untergebracht.

Thomas Grün


Im Überblick:

Luxemburger Kader: Mihailo Andjelkovic (AB Contern), Philippe Arendt (Sparta Bartringen), Lou Demuth (Gréngewald Hostert), Xavier-Robert François, Kevin Moura (beide Résidence Walferdingen), Philippe Gutenkauf (Etzella Ettelbrück), Thomas Grün (Gladiators Trier/D), Joé Kalmes (Musel Pikes), Ben Kovac (Basket Esch), Alex Laurent (Den Helder Suns/NL), Oliver Vujakovic (TS Innsbruck/AUT), Yann Wolff (Amicale Steinsel); Coach: Ken Diederich, Assistant-Coach: Denis Toroman

Programm, Gruppe G:

Heute:

19.00: Luxemburg – Kosovo (im Gymnase der Coque)

Mittwoch, 7. August:

20.30: Kosovo – Großbritannien

Samstag, 10. August:

20.00: Großbritannien – Luxemburg

Mittwoch, 14. August:

20.30: Kosovo – Luxemburg

Samstag, 17. August:

20.00: Großbritannien – Kosovo

Mittwoch, 21. August:

19.00: Luxemburg – Großbritannien (im Gymnase der Coque)


Deutschland und Frankreich warten

In der heute beginnenden Vorqualifikation für die EM 2021, die in Deutschland, Georgien, Italien und Tschechien ausgetragen wird, versuchen zwölf Mannschaften, einen von nur noch vier verbleibenden Plätzen für die reguläre Qualifikationsrunde zu ergattern. Nur der jeweilige Tabellenerste der insgesamt vier Gruppen kommt demnach eine Runde weiter. Luxemburg trifft in der Gruppe G in den kommenden drei Wochen auf Großbritannien und Kosovo. Beim Gewinn dieser Gruppe würde in der nächsten Runde – die bereits Mitte Juli ausgelost wurde – übrigens ein überaus attraktives Los warten. Der Sieger der Gruppe G bekommt es nämlich neben Montenegro noch mit Deutschland und Frankreich zu tun.