Zur Wiedereröffnung des bekanntesten Markts in Serbiens Hauptstadt hatten sich am gestrigen Mittwoch selbst die Belgrader Rathausherren in den Stadtteil Vracar aufgemacht. Alle Stände auf dem zweimal pro Tag desinfizierten Kalenic-Markt seien mit Folien gesichert, versicherte „Stadt-Manager“ Goran Vesic: „Wir schützen Händler und Käufer.“
Erleichterung ist auch bei Serbiens Gemüse- und Obstbauern angesagt: Mit der Wiedereröffnung der Märkte kehrt ein wenig der Alltag in den Balkanstaat zurück. Corona-Entwarnung ist in Südosteuropa zwar noch keine angesagt. Aber sinkende Infektionszahlen lassen die Balkanstaaten ihre harten Restriktionen vorsichtig lockern – oder zumindest Erleichterungen in Aussicht stellen.
Auch Autowerkstätten, Schneider und Reinigungen sind seit dieser Woche in Serbien wieder geöffnet: Gleichzeitig ist den seit Mitte März weggesperrten Rentnern nun dreimal pro Woche ein 30–minütiger Spaziergang gestattet. In Kroatien können die Bürger nun auch ohne Genehmigung ihre Kommune verlassen: Am Donnerstag wird in Zagreb mit der Entscheidung gerechnet, welche Branchen ihre Läden und Lokale als erste wieder öffnen dürfen.
In Nordmazedonien hat Premier Oliver Spasovski für Anfang Mai die „phasenweise“ Rückkehr zur Normalität und Verkürzung der täglich von 16.00 bis 5.00 währenden Ausgangssperre in Aussicht gestellt: Zuvor werde sein Kabinett aber vermutlich noch eine Maskenpflicht beschließen.
Wirtschaftliche Folgen sind unterschiedlich
Auch in Bosnien sind erste Lockerungen erst nach den Mai-Feiertagen vorgesehen. „1. Mai ohne Grillen“, titelte am Mittwoch betrübt die Zeitung Euro Blic in Banja Luka. In Rumänien hat der Autohersteller Dacia in dieser Woche mit reduzierter Belegschaft seine Produktion wieder aufgenommen. Mit einer Lockerung der Ausgangssperren ist wegen der weiterhin steigenden Infektionszahlen im Karpatenstaat aber erst nach dem 15. Mai zu rechnen.
Laut einer Prognose des Internationalen Währungsfonds (IWF) werden die Folgen der Viruskrise die Region mit unterschiedlicher Wucht treffen: Je größer die Abhängigkeit vom Tourismus, desto stärker die Einbrüche. Staaten, in denen Landwirtschaft und Nahrungsmittelindustrie eine größere Rolle spielen, scheinen hingegen glimpflicher davonzukommen. Während Serbien für 2020 „nur“ einen Wachstumseinbruch von minus 3 Prozent zu erwarten hat, müssen die Adria-Anrainer Kroatien und Montenegro mit minus 9 Prozent rechnen. Ein kleiner Trost: Für 2021 prognostiziert der IWF für alle Balkanstaaten satte Wachstumsraten zwischen 5 und 7,5 Prozent.
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