AKK-AbschiedBald dominieren wieder Männer die CDU – das könnte die Partei verändern, heißt es durchaus mit Sorge

AKK-Abschied / Bald dominieren wieder Männer die CDU – das könnte die Partei verändern, heißt es durchaus mit Sorge
„Schmerzt auch heute noch“: Die Saarländerin Annegret Kramp-Karrenbauer steht nicht mehr der CDU vor Foto: AFP/Odd Andersen

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Annegret Kramp-Karrenbauer verabschiedet sich als Parteichefin – die CDU blickt gespannt auf die Neuwahl des Vorsitzenden. Bald dominieren wieder die Männer die CDU. Das könnte die Partei verändern, heißt es durchaus mit Sorge.

Wenn jetzt die berühmte Stecknadel zu Boden fallen würde, könnte man sie in der Berliner Messe vermutlich hören. Es ist still im dort aufgebauten Parteitagsstudio der CDU, als Annegret-Kramp-Karrenbauer am Rednerpult steht. Kein Publikum, kein Applaus, keine Zurufe, nichts. So einsam, wie sie zwischenzeitlich als Parteichefin gewesen sein muss, beendet Kramp-Karrenbauer auch ihre vergleichsweise kurze Karriere als CDU-Vorsitzende. Die letzte Rede der Saarländerin im Amt ist zugleich der Startschuss der digitalen Unions-Festspiele, die an diesem Samstag ihren Höhepunkt erreichen sollen.

In sicherer Entfernung sitzt das vierköpfige Tagungspräsidium; hinter den Kulissen stehen nur ein paar Leute; es sind Vorstandskollegen, Techniker, BKA-Beamte, wenige Vertraute. Alle auf Abstand. Wer in die Halle darf, wurde zuvor auf Corona getestet, und das mehrfach. Gut zwei Jahre nach ihrer Wahl und ein Jahr nachdem sie ihren Rückzug verkündet hat, gibt die 58-Jährige an diesem Wochenende den Staffelstab weiter – an NRW-Ministerpräsident Armin Laschet, Ex-Unionsfraktionschef Friedrich Merz oder an den Außenpolitiker Norbert Röttgen.

1.001 Delegierte können am Computer ihr Votum für einen der drei von daheim oder sonst wo abgeben. Wer die Wahl zum neuen CDU-Vorsitzenden gewinnen wird, ist völlig offen, es könnte eine Stichwahl geben. In den vielen Video-Hintergrundgesprächen vor dem Konvent positionieren sich zwar führende Unionsleute für den einen oder anderen oder sie deuten es an, aber die Botschaft ist überall dieselbe: „Es wird knapp.“ Eng, enger, CDU-Chef.

Vertrauen weg, Unterstützung weg

Kramp-Karrenbauer zieht ihre Bilanz. Man habe „die Ärmel umgekrempelt“ und die programmatischen Lücken geschlossen. Gerade beim Klimaschutz. Im Kampf gegen die Pandemie führe die Union das Land. Die CDU sei daher bereit für das Wahljahr 2021. Den Wahlkampf hätte AKK gerne als Kanzlerkandidatin bestritten, aber wie sich ein Blatt doch wenden kann: Im Dezember 2018, als sie ganz knapp in Hamburg vor Friedrich Merz gewählt wurde, stand sie oben auf der Bühne, unten applaudierten ihr die Parteifreunde. Tränen kullerten über ihr Gesicht. Kanzlerin Angela Merkel eilte zu Kramp-Karrenbauer und drückte ihre Wunschnachfolgerin fest an sich.

Dann folgten viele Fehler der Saarländerin, sodass sie bereits auf dem Parteitag in Leipzig im Dezember 2019 die Vertrauensfrage stellte. Schließlich bekam sie wenige Monate später den Thüringer CDU-Landesverband nach seinem Techtelmechtel mit der AfD nicht in den Griff. Vertrauen weg, Unterstützung weg. AKK erklärt in ihrer Rede noch einmal ihren Rückzug. Damals sei es um die „Seele der Partei“ gegangen. „Euren Erwartungen und meinen eigenen Ansprüchen nicht immer gerecht geworden zu sein, das schmerzt auch heute noch.“ Man sieht es ihr an. Ihre Entscheidung sei aber nach wie vor „richtig“.

Die Herausforderer haben freilich immer schon gelauert – zwei von ihnen suchen jetzt ihre Chance: Laschet und Merz. Dazu Röttgen. „Wir trauen es allen drei zu“, ist die Sprachregelung der Unionsgranden. Wer erwartet hat, dass die Noch-Chefin in ihrem Bericht zwischen den Zeilen ein Votum für die Wahl des Vorsitzenden abgeben würde, der sieht sich getäuscht. Auch Angela Merkel, die vom Kanzleramt aus ein „Grußwort“ live an die Delegierten spricht, hält sich bedeckt. Sie sagt lediglich: „Ich wünsche mir, dass ein Team gewählt wird, das die Geschicke unserer Partei in die Hand nimmt.“ Doch ein Fingerzeig? Armin Laschet tritt im Team mit Gesundheitsminister Jens Spahn als Vize an.

Bald dominieren wieder die Männer die CDU

Die Kanzlerin listet die Krisen ihrer fast 16-jährigen Regierungszeit auf. „Es waren schwere und herausfordernde Zeiten für unser Land.“ Immer wieder habe man aber zu neuer Stärke gefunden, „das wird auch in der Pandemie so sein“. Merkel hat sich intensiv auf den Parteitag vorbereitet, sogar an einem Probelauf teilgenommen und pflichtbewusst ihren Code für die Abstimmungen freigerubbelt. Sie ist die andere Frau, die die CDU-Brücke verlässt – als Kanzlerin sind ihre Tage gezählt. Bald dominieren wieder die Männer die CDU. Das könnte die Partei verändern, heißt es durchaus mit Sorge. Aber wie, kann keiner genau sagen.

Mit wem man in der Union auch spricht, alle betonen, wie wichtig es sei, dass nach dem Wahlausgang die Partei nicht in Lager zerbricht. „Solidarität und Einsicht“, verrät ein Präsidiumsmitglied die Parole. Ein anderes glaubt, dass die bevorstehende Bundestagswahl einen einenden Effekt haben wird. Geht es um die Macht, versteht die CDU keinen Spaß. Die Reden von Kramp-Karrenbauer, Merkel und auch von CSU-Chef Markus Söder, der erneut die CDU umgarnt, sind freilich nur Vorgeplänkel auf den großen Showdown an diesem Samstag. Oder wie einer aus der Führung grinst: „Der weniger wichtige Teil des Parteitages.“

Um die Vorsitzenden-Wahl geht es. Im Vorfeld sind auch parteiintern die immer selben Fragen diskutiert worden: Wird es noch Foulspiele geben, falls eine Stichwahl notwendig ist? Welches Lager wird nach einer Niederlage zu wem wechseln – und werden schon Dolchstoßlegenden vorbereitet? Die CDU frohlockt nicht nur, weil die Personalfrage endlich geklärt wird. Viele in der Führung schauen auch mit Bauchschmerzen auf die Abstimmung. Einer betont: „Wenn wir danach nicht zusammenbleiben, ist uns auch nicht zu helfen.“ Diese Sorge treibt auch AKK um. Sie appelliert: „Unterstützen wir geschlossen den neuen Vorsitzenden der CDU.“ Das Tagungspräsidium applaudiert nach ihrer Rede zaghaft. Dann verlässt AKK das Podium wieder still und leise. Bühne frei für die potenziellen Nachfolger.

J.C.Kemp
17. Januar 2021 - 12.08

Das grosse Messerwetzen kommt noch mit der Entscheidung, wer Spitzenkandidat werden soll: Laschet oder Söder. On n'est pas sorti de l'auberge. Wird Deutschland Mitte-rechts oder nach Bajuwaren-rechts rutschen?

HTK
16. Januar 2021 - 12.57

Mit Sorge? Warum denn? Sollten Männer wirklich so schlimm sein wie man behauptet? Wenn eine AKK oder eine Leyen(von der) nicht überzeugen ,werden auch die abgesetzt.Ob Laschet jetzt überzeugen kann,das werden wir sehen. Aber das hat doch mit Quoten nichts zu tun.Die Chancengleichheit,vor allem in den gehobenen Berufen,ist längst hergestellt. Bei Grubenarbeitern und anderen schweren Berufen ist allerdings noch Nachholbedarf.