Samstag25. Oktober 2025

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Südstaatennostalgie wird Fernsehserie

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In den USA ist erneut eine Debatte über die Südstaatennostalgie entbrannt. Aus europäischem Blick ist es kaum nachzuvollziehen, dass die Debatte um die Historisierung des amerikanischen Bürgerkriegs hier noch immer mit derartiger Leidenschaft geführt wird. Nicht einmal Barack Obama hatte es gewagt, mit aller Schärfe 150 Jahre nach der Kapitulation der Konföderation zu fordern, dass Monumente für Südstaatenhelden sowie Südstaatenfahnen aus dem öffentlichen Raum entfernt werden.

Charlottesville brachte diese Debatte wieder einmal auf die nationale Agenda. Beim Kabelsender HBO nahm man diese Diskussion mit einer Mischung aus wachsender Sorge und Freude darüber auf, dass man mit der Programmplanung der nächsten Monate am Puls der Zeit ist.

USA als Regime von Sklavenhaltern

Erst wenige Wochen vor Charlottesville hatte HBO angekündigt, im Frühjahr des kommenden Jahres eine Serie auf die Bildschirme zu bringen, die sich mit eben jener offenen Wunde in der nationalen Seele beschäftigt. Noch sind nicht allzu viele Details über das Drama „Confederate“ bekannt, die von den „Game of Thrones“-Machern David Benioff und D.B. Weiss produziert wird. Nur so viel: Das Werk spielt durch, was denn wäre, wenn der Süden den Bürgerkrieg gewonnen hätte. So wie „The Man in the High Castle“ ein Amerika unter Hitler zeichnet, stellt sich „Confederate“ die USA als Regime von Sklavenhaltern vor.

Das Projekt ist nach Auskunft von HBO durchaus gut gemeint. Es ginge mitnichten um eine Verherrlichung der Sklaverei oder eine voyeuristische Darstellung von Gewalt gegen Afroamerikaner. Vielmehr wolle man deutlich machen, wie die Rassenprobleme des Amerika von heute tief in der Geschichte der Sklaverei wurzeln. Die guten Absichten des Senders stießen jedoch auf keine große Wertschätzung, insbesondere nicht unter Afroamerikanern. Schwarze Publizisten und Intellektuelle zeigen sich von dem Projekt angewidert.

Fortsetzung der Unterdrückung

So schrieb der Essayist Ta-Nehisi Coates, bekannt für seine bewegende Beschreibung dessen, was es bedeutet, als Schwarzer in Amerika zu leben, im Magazin „Atlantic“ einen unverhohlen zornigen Kommentar zu dem Projekt. „Afroamerikaner“, so Coates, „müssen nicht daran erinnert werden, dass diese Geschichte lebt.“

Für Coates ist die Prämisse des Films bereits sinnwidrig. Denn selbst wenn der Süden als politische Einheit mitsamt der Institution der Sklaverei besiegt wurde, sei die Rassenhierarchie, für welche die Südstaaten gekämpft haben, bei bester Gesundheit. Somit sei die Ausgangsfrage der Serie eine vollkommen falsche. Für Coates hat der Süden letztlich triumphiert. Das Projekt, die Emanzipation der Sklaven wegzufantasieren, sei demnach nichts als eine Fortsetzung dessen, was sich ohnehin in den USA seit 1865 abspielt.

Weiße stellen schwarzes Leid dar

Zur Empörung schwarzer Stimmen über das Projekt hat zweifellos auch beigetragen, dass die Macher Weiße sind. Seit Monaten nun schon tobt eine Debatte in den USA, ob es weißen Amerikanern gestattet sein soll, schwarzes Leid darzustellen. „Confederate“ hat dieser Diskussion eine neue Wendung gegeben.

Coates gehört eigentlich nicht zu der Fraktion, die propagiert, schwarzes Leid dürfe nicht von Weißen enteignet werden – so wie es etwa Kritiker von Kathryn Bigelows Film „Detroit“ behaupten oder wie in der Diskussion um ein Bild der Künstlerin Dana Schutz im New Yorker Whitney Museum behauptet wurde. Die Macher von „Confederate“, so die Kommentatorin Roxanne Gay in der „New York Times“, hätten jedoch durch einen Mangel an Verantwortung ihre künstlerische Freiheit verwirkt: „Sie müssen wissen, dass es Leute gibt, die, ermutigt von dieser Regierung, Confederate als Inspiration und nicht als Abschreckung sehen werden.“

Von unserem Korrespondenten Sebastian Moll, New York