Chinesischer ImpfstoffKräftiges Kreuzen bei der dritten Dosis: Serbien und Ungarn rücken von Sinopharm-Serum ab

Chinesischer Impfstoff / Kräftiges Kreuzen bei der dritten Dosis: Serbien und Ungarn rücken von Sinopharm-Serum ab
Ungarn verimpfte bereits vergangenen Februar Sinopharm – und rückt nun von dem chinesischen Impfstoff ab Foto: AFP/Tibor Rosta

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Vorschnell auf die chinesische Karte gesetzt? Ex-Impfvorreiter Serbien und Ungarn rücken vom „schwachem“ Sinopharm-Serum ab.

Dank chinesischen und russischen Serums kamen die Massenimpfungen in Serbien und Ungarn früh und schnell in Gang. Doch nicht nur aus zeitlichen Gründen laufen bei den Ex-Impfvorreitern nun bereits die Auffrischimpfungen an: Die Zweifel an dem Effekt von Chinas Sinopharm-Serum mehren sich.

Die Zeit des beschäftigungslosen Rumsitzens ist in den Impfzentren in Serbiens Hauptstadt Belgrad vorbei. Doch es sind keineswegs spät bekehrte Impfmuffel, die die vierte Infektionswelle in die Warteschlangen vor den Gesundheitszentren treibt: Es sind meist betagte Impfbefürworter, die sich mit einer dritten Dose gegen die Delta-Variante wappnen wollen.

Dank chinesischen und russischen Serums kamen die Massenimpfungen in Serbien und Ungarn zu Jahresbeginn früh und schnell in Gang. Wegen der schnellen Zulassung und Verabreichung von chinesischen Sinopharm- und russischen Sputnik-Serum feierten sich die rechtspopulistischen Machthaber der beiden Nachbarstaaten wochenlang als Europas Impfvorreiter.

Schwache Wirksamkeit

Mittlerweile liegen die Impfquoten in Serbien (42 Prozent der Bevölkerung mindestens einmal geimpft) und Ungarn (59 Prozent) zwar unter EU-Durchschnitt (63 Prozent). Doch nicht nur aus zeitlichen Gründen haben die Ex-Impfvorreiter nun bereits mit der Verabreichung von dritten Dosen begonnen: Vor allem bei der Risiko-Gruppe der Älteren hat sich die Wirksamkeit des in beiden Staaten stark genutzten Sinopharm-Serums als schwach erwiesen.

Die sich mehrenden Klagen von Sinopharm-Geimpften, dass sie kaum über Antikörper verfügten, hatte Budapest zwar lange als unbegründet verworfen. Doch ungarische Studien haben den Verdacht einer begrenzten Wirksamkeit bei Älteren bestätigt. Diesen zufolge war zwar bei 90 Prozent der mit Sinopharm Geimpften unter 50 Jahren ein messbares Niveau von Antikörpern festzustellen. Doch bei den über 60 Jahren wiesen bereits fast ein Viertel, bei den über 80-Jährigen gar die Hälfte keine Antikörper mehr auf.

Das Eingeständnis, möglicherweise vorschnell auf die chinesische Serumskarte gesetzt zu haben, ist in Budapest zwar nicht zu hören. Doch auffällig ist, dass Ungarn bei den zu Monatsbeginn angelaufenen Auffrischimpfungen auf kräftiges Kreuzen bei der dritten Dosis setzt.

Diejenigen, die zunächst den inaktivierten Impfstoff Sinopharm erhalten hätten, sollten sich nun mit einem mRNA-Impfstoff wie Pfizer oder Moderna oder einem Vektorimpfstoff wie Janssen oder AstraZeneca impfen lassen, so die Empfehlung des Nationalen Gesundheitszentrums (NNK): Umgekehrt sollten Impfwillige, die zunächst mit mRNA- oder Vektorimpfstoffen geimpft worden seien, als dritte Dose auch einen jeweils anderen Impfstoff nutzen.

In der Bredouille

Kritiker halten die Budapester Experimentierfreude kaum durch wissenschaftliche Erkenntnisse gedeckt. Dass die Ungarn nun eine dritte Impfung erhielten, sei nur durch die schwache Wirkung von Sinopharm begründet, ätzt die regierungskritische Zeitung Nepaszava.

Auch in Serbien wurde bislang vor allem mit Sinopharm geimpft. Die Ende Juli vom „Nationalen Koordinationsteam für die Immunisierung“ veröffentlichte Empfehlung, bei den Auffrischimpfungen auf mRNA-Impfstoffe wie Pfizer zu setzen, wurde kurz vor deren Beginn wieder zurückgenommen. Stattdessen empfiehlt Belgrad freibleibend die Beibehaltung des bisherigen Impfstoffs – oder einen Serum-Wechsel in Absprache mit dem Arzt.

Außer politischen Rücksichtnahmen auf Peking dürften Belgrad auch wirtschaftliche Gründe zum Verzicht auf das offene Abrücken von Sinopharm bewogen haben. Im März hatte Serbiens Präsident Aleksander Vucic noch den Bau einer Fabrik zur Sinopharm-Produktion angekündigt. Nun droht Belgrad auf dem Vorrat von 1,6 Millionen Sinopharm-Dosen sitzen zu bleiben.