Public ViewingEin Abend, der zusammenschweißt: So bereitet sich Luxemburg auf das Halbfinale vor

Public Viewing / Ein Abend, der zusammenschweißt: So bereitet sich Luxemburg auf das Halbfinale vor
Diese drei Fans werden am Donnerstagabend wohl nicht zu überhören sein Foto: Editpress/Gerry Schmit

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Den Begriff „Rudelgucken“, als Übersetzung für „Public Viewing“, erfanden die deutschen Fußballfans im Jahr 2006 bei ihrem Sommermärchen. 18 Jahre später trennen die „Roten Löwen“ 180 Minuten von einer möglichen EM-Teilnahme – und quer durch das Großherzogtum wird das Spiel am Donnerstag in den „Buvettes“ der Luxemburger Vereine übertragen. Warum das gemeinsame Mitfiebern so beliebt ist, erklärten David Zenner (Käerjeng), Pascal Welter (Fola) und Michael Schenk (Wiltz). 

Am Donnerstagabend steht Fußball-Luxemburg für zwei Stunden still. Die „Roten Löwen“ wollen in Tiflis die Tür zu einem großen Finale im Stade de Luxembourg aufstoßen – und das ist nun mal ein Moment, der Jung und Alt träumen lässt. Neben den 400 Fans, die in Georgien erwartet werden, fiebern nämlich nicht nur die hartgesottensten Anhänger der „Roten Löwen“ diesem Duell entgegen. Denn die Vergangenheit hat schon ein paar Mal gezeigt, dass sich der Luxemburger durchaus für sportliche Höhepunkte begeistern lässt.

„Viele Leute wollen dieses Spiel sehen. Ein Public Viewing ist die beste Möglichkeit, als Gemeinschaft zu feiern“, meinte Fola-Sportdirektor Pascal Welter. Mit „’Apéro’ und Stammtischgesprächen“ wirbt sein Verein für einen geselligen Abend im Clubhouse. „Wir möchten, dass dieser Abend ein Fest wird, wo Jung und Alt mit dem gleichen Ziel mitfiebern. So ein Tag schweißt das Land zusammen. Zudem ist diesmal aufgrund des vielfältigen Angebots auch für jeden etwas dabei.“

Gemeint ist damit auch der „Käerjenger Treff“. Die UNK, die FLF und ein Hauptsponsor haben eine Talk-Runde mit ehemaligen Nationalspielern (Gilles Bettmer und Mathias Jänisch) im Vorfeld der Partie organisiert. „Es ist schwer vorherzusagen, wie die Stimmung während des Spiels empfunden wird. Das ist sicherlich auch abhängig vom Spielverlauf. Man weiß nicht wirklich, was einen erwartet. Es ist ja nicht vergleichbar mit der Atmosphäre im Stadion und einem eingespielten Fanklub“, erklärte Sportdirektor David Zenner. „Die meisten, die sich das Spiel mit uns anschauen werden, würden ansonsten vor dem Fernseher sitzen, aber nicht unbedingt in einem Fanblock. Trotzdem hoffe ich wirklich, dass es laut im Saal werden wird.“

In Wiltz rechnet man mit etwa 150 Zuschauern, inklusive der zahlreichen Jugendspieler, die besonders einem Idol die Daumen drücken, Torhüter Ralph Schon: „Wir sind bekanntlich der einzige BGL-Ligue-Verein mit einem Nationalspieler im Kader“, erinnerte Präsident Michael Schenk, der darauf hofft, dass es ein generationsübergreifendes Fest in der „Buvette“ wird.

Lieber zuhause

Es gibt aber auch Fußballfans, die auf Stadionbesuch oder den Komfort der eigenen vier Wände schwören: Philip Michel, der 2006 bei der ersten Stunde des Rudelguckens als Tageblatt-Journalist beim „Sommermärchen“ vor Ort war, wird sich die Begegnung vom Sofa aus anschauen. Ein Public Viewing sei nicht vergleichbar mit der Atmosphäre und der Stimmung innerhalb eines Stadions: „Beim Spiel möchte ich meine Ruhe haben und nicht von Leuten gestört werden, die vorbeilaufen, um Bier zu holen“, so das Argument. 

Dabei war der ursprüngliche Plan des Fußballfans, die Partie live in der Boris-Paitschadse-Arena zu erleben. „Ich gehöre zu den 107, die bereits für den abgesagten Charter-Flug der FLF gezahlt hatten. Letztendlich hat der Verband seine Option zu spät angekündigt. Eine ganze Reihe Luxemburger Fans hatten sich zu diesem Zeitpunkt bereits anders organisiert, sonst wäre der Flug sicher voll gewesen. Zudem wurde nicht ausreichend Werbung gemacht. Ich frage mich, ob die FLF, mit ihrem Millionenbudget, sich nicht hätte finanziell beteiligen können, damit mindestens 150 mehr Anhänger in Tiflis gewesen wären …“

Dass Michel mit seiner Meinung über das Public Viewing nicht alleine dasteht, zeigt auch das Ergebnis einer Tageblatt-Umfrage: Vergangene Woche hatten 26 Prozent der Teilnehmer angegeben, das Play-off-Duell lieber von zu Hause aus anzuschauen, während sich sechs Prozent vorstellen konnten, unter freiem Himmel in der Hauptstadt mitzufiebern.

Es bleibt also abzuwarten, ob der große Rudelgucken-Funke in Luxemburg schon jetzt überspringt und möglicherweise im Juni ein weiteres Level erreicht. Letztendlich haben die Fans der „Roten Löwen“ am Donnerstagabend aber die Wahl – und können frei entscheiden, ob sie Trubel und Partystimmung oder dann doch die Tüte Chips vor dem Fernseher bevorzugen. Denselben Traum hegen sie ohnehin.

Im Überblick

* Im „Käerjenger Treff“ wird ab 17.00 Uhr eine Expertenrunde mit Fußballspielern und Journalisten veranstaltet. In der Halbzeitpause spendiert die Brauerei ein kostenloses Bier.
*  Auf der place Guillaume II in Luxemburg wird das Spiel ab 18.00 Uhr auf einer 23 Quadratmeter großen Leinwand übertragen.
* Mehrere BGL-Ligue-Vereine, darunter die Escher Fola, Jeunesse Esch, Marisca Mersch, Progrès Niederkorn, der FC Wiltz und Victoria Rosport, organisieren eigene Public-Viewing-Events. Alle Informationen rund um die Verpflegung und Anmeldungen gibt es auf den Facebook-Seiten der jeweiligen Vereine. Auch die „kleineren“ Klubs haben sich im Vorfeld mobilisiert: Bei der US Hostert, Junglinster, Kehlen, Schieren, Brouch und in Wormeldingen sind in einigen Fällen Voranmeldungen nötig. Auch hier ist das Wichtigste auf den Plattformen in den sozialen Medien zu finden.