Die Schnüffler und der Pater – Hausdurchsuchung im Kiewer Höhlenkloster erzürnt Moskau

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Während es am Asowschen Meer am Freitag weitgehend ruhig blieb, verlegte sich der Konflikt zwischen der Ukraine und Russland aufs Festland. Ein Zeichen der Entspannung zwischen Russland und der Ukraine ist das nicht. Im Gegenteil.

Von unserem Korrespondenten Paul Flückiger, Warschau

Nachdem die Kontrollen an den Grenzübergängen zu Russland bereits am Mittwoch verstärkt wurden, gab Kiew nun bekannt, die Einreise russischer Männer zwischen 16 und 60 Jahren ganz zu verbieten. Die Einschränkung gilt auf unbeschränkte Zeit. Vor allem im Grenzgebiet könnte sie sich nachhaltig negativ auswirken, pendelten doch viele gemischte Familien etwa im Großraum Charkiw immer noch zwischen Russland und der Ukraine. Der Kreml protestierte umgehend.

Auch in Kiew selbst gerieten russische oder als russisch wahrgenommene Einrichtungen unter Druck. So tauchte der ukrainische Geheimdienst SBU am Morgen unangemeldet bei Pater Pavlo, dem Vorsteher des Höhlenklosters, auf. Die berühmte Kiewer Klosteranlage steht unter der Obhut des Kreml-treuen Moskauer Patriarchats.

Pater sprach sich gegen Emanzipation von Moskau aus

Pater Pavlo wird die Anstachelung zu Hass vorgeworfen, weil er sich in letzter Zeit vehement gegen die Emanzipation der ukrainisch-orthodoxen Kirche von Moskau ausgesprochen hat. Dieser bereits nach dem Zerfall der Sowjetunion von 1991 geforderte Schritt wird von Staatspräsident Petro Poroschenko seit Beginn seiner Amtszeit 2014 gefördert.

Beim zuständigen Kirchenführer in Konstantinopel (Istanbul) hat er dieses Jahr nun Unterstützung erhalten. Ein sogenannter „Tomos“, eine offizielle und kirchenrechtlich sanktionierte Autokephalie-Erklärung, ist in Vorbereitung. 65 Prozent der orthodoxen Kirchengemeinden in der Ukraine gehörten bisher dem Moskauer Patriarchat an, nur 34 Prozent (rund 6.300 Gemeinden) gehören zwei bisher von Konstantinopel nicht anerkannten Kiew-treuen orthodoxen Patriarchaten an.

Kritiker befürchten einen regelrechten Kampf um die Gotteshäuser, sobald der „Tomos“ gesprochen ist. Erst kürzlich wurde in Kiew eine Rauchgranate in eine bekannte Kirche am Andreas-Stieg geworfen, weil sich deren Oberhirte mit dem Kiewer Patriarchat solidarisiert hatte. Nun traf es die Gegenseite.

Moskau hatte schon früher vor der Kirchenspaltung in ein Moskauer und ein Kiewer Patriarchat gewarnt. Die Gläubigen, die in Kirchen des Moskauer Patriarchats beten wollten, genössen Moskaus Schutz genauso wie alle Russischsprachigen auf der Welt, hieß es warnend an die Adresse Kiews. Gestern nun drohte der russische Außenminister Sergej Lawrow, der Geduldsfaden der Russen sei am Reißen.

Beide Seiten bewegen ihre Truppen

Moskau könnte gezwungen sein, ganze Landstriche der Ukraine unter seinen Schutz zu stellen, hieß es in der Erklärung. Laut einer Umfrage des Razumkow-Instituts unterstützt in der mehrheitlich russischsprachigen Ost- und Südukraine, darunter entlang der Schwarz- und Asow-Meer-Küste, nur jeder siebte Ukrainer die Kirchenabspaltung. Auf diese Klientel zählt nun Moskau, genauso wie es im Frühjahr 2014 im Donbas die Sprachenfrage zum Anlass genommen hatte, in Donezk und Luhansk pro-russische Para-Staaten zu installieren. Vermutlich auch angesichts dieser Spannungen verlegte die ukrainische Armee gestern Truppen an die Gebietsgrenzen entlang der Küste des Azows-Meeres.

Im Ferienort Ursuf zwischen den Hochseehäfen Berdjansk und Mariupol bezogen Artillerietruppen Stellung. Flaches Steppenland bietet dort keine Hindernisse für Angreifer aus dem Osten. Dies müssten indes zuerst die Frontlinie bei Mariupol forcieren, wohin die Regierungstruppen schon vor drei Jahren schwere Waffen und viele inzwischen teils NATO-geschulte Soldaten verlegt haben.

Moskau wiederum verlegte Artillerietruppen nach Dschankoi im Norden der völkerrechtswidrig annektierten ukrainischen Halbinsel Krim. Die ersten am Sonntag gefangen genommenen ukrainischen Matrosen wurden überdies von der Krim nach Moskau ausgeflogen, wo sie im Lefortowo-Gefängnis auf ihre Prozesse warten sollen.

Wegen angeblich unerlaubten Grenzübertritts drohen ihnen bis zu zwölf Jahre Lagerhaft. Die Aufforderung der NATO, EU und USA, Matrosen und Schiffe unverzüglich an die Ukraine zurückzugeben, fruchteten nichts.

Claude Oswald
1. Dezember 2018 - 21.33

Sie sollten vielleicht ergänzen, dass die Krim nach Moskauer Lesart nicht annektiert wurde. Die Menschen haben in einem Referendum entschieden, dass sie lieber zu Russlahd gehören.