Nachhaltigkeit als Norm Die Glühbirne lässt grüßen – Brüssel will Textilien, Möbel und Reifen umweltfreundlicher machen

Nachhaltigkeit als Norm  / Die Glühbirne lässt grüßen – Brüssel will Textilien, Möbel und Reifen umweltfreundlicher machen
Künftig sollten die Bürger ihre Kleidung nicht nur zweimal, sondern sogar dreimal tragen und weiterverkaufen, sagte EU-Klimakommissar Frans Timmermans am Mittwoch in Brüssel Foto: AFP/Kenzo Tribouillard

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Die EU-Kommission will Textilien, Möbel und Reifen umweltfreundlicher machen. Brüssel will auch die Verbraucherrechte stärken.

Nachhaltige und klimaverträgliche Produkte sollen in der EU zur Norm werden. Zudem sollen bis 2030 alle Textilien wiederverwertbar sein. Die Secondhand-Mode weise den Weg in eine umweltgerechte Zukunft, sagte EU-Klimakommissar Frans Timmermans am Mittwoch in Brüssel. Künftig sollten die Bürger ihre Kleidung nicht nur zweimal, sondern sogar dreimal tragen und weiterverkaufen.

Der Vorstoß ist Teil eines Pakets zur Kreislaufwirtschaft. Darüber redet die EU schon seit fast zehn Jahren. Doch Taten ließen auf sich warten; auch die jüngste Initiative wurde mehrfach verschoben. Nun sei aber der richtige Zeitpunkt gekommen, so Timmermans. Die Coronakrise habe gezeigt, dass das Zeitalter der Wegwerf-Gesellschaft zu Ende gehe. Und der Ukrainekrieg zwinge zur Sparsamkeit bei Rohstoffen.

Jede Sekunde landet eine Lkw-Ladung Textilien auf Deponien oder in Verbrennungsanlagen

EU-Klimakommissar Frans Timmermans

Die nun vorgelegten EU-Pläne reichen von Textilien über Baustoffe bis hin zu Verbraucherrechten. Bei Kleidern sind Mindestwerte zur Verwendung von Recyclingfasern geplant. Die Modeartikel sollen zudem selbst leichter wiederverwendet werden können. Das Vernichten unverkaufter Ware würde unter bestimmten Bedingungen verboten.

„Jede Sekunde landet eine Lkw-Ladung Textilien auf Deponien oder in Verbrennungsanlagen“, sagte Timmermans. Das könne so nicht weiter gehen. Zudem will Brüssel die Freisetzung von Mikroplastik aus Textilien bekämpfen.

Die Glühbirne lässt grüßen

Die Vorschläge sind Teil der sogenannten Ökodesign-Richtlinie. Sie war schon 2005 erlassen worden und wird nun schrittweise ausgeweitet. Auf das Aus für herkömmliche Glühbirnen, die als Stromfresser vom Markt genommen wurden, folgten detaillierte Vorgaben für zahlreiche Geräte wie Fernseher und Kühlschränke. Nun kommen neben Textilien auch Möbel, Matratzen oder Reifen an die Reihe.

Geplant ist zudem ein Ausbau des Verbraucherschutzes. „Greenwashing“ durch falsche oder irreführende Angaben zu „grünen“ oder „umweltfreundlichen“ Produkten soll es künftig nicht mehr geben. Außerdem soll keine Aussage zur Umweltverträglichkeit eines Produkts gemacht werden dürfen, wenn es tatsächlich nur um einen bestimmten Teil dieses Produktes geht. Auch die Angaben zu Haltbarkeit und Garantie sollen verbessert werden.

Das Europaparlament muss den Vorschlägen noch zustimmen. Die ersten Reaktionen fielen positiv aus. Von einem „vielversprechenden Schritt“ sprach die luxemburgische Grünen-Politikerin Tilly Metz, die selber Mitglied im Ausschuss für Umweltfragen, öffentliche Gesundheit und Lebensmittelsicherheit ist. „Wesentliche Forderungen des Europäischen Parlaments zur Nachhaltigkeit von Produkten wurden endlich aufgegriffen“, sagte sie.

Ähnlich äußerte sich der europäische Verbraucherverband BEUC. Die EU-Kommission habe einen „breiten und ambitionierten“ Ansatz gewählt, der Unternehmen und Verbraucher einbeziehe, sagte BEUC-Chefin Monique Goyens. Weniger begeistert zeigt sich die Industrie. Sie warnt vor Überregulierung und zusätzlichen Kosten. Die Verhältnismäßigkeit müsse gewahrt werden, sagte Markus J. Beyrer vom Lobbyverband BusinessEurope in Brüssel.