Der Kampf um die Nachfolge des im Vorjahr entmachteten ägyptischen Langzeitpräsidenten Husni Mubarak wird erst in drei Wochen entschieden. Nachdem der Kandidat der Muslimbruderschaft, Mohammed Mursi, am Freitag die erste Runde der historischen Präsidentenwahl in Ägypten für sich entschieden hatte, stellt er sich am 16. und 17. Juni mit dem früheren Mubarak- Ministerpräsidenten Ahmed Schafik einer Stichwahl. Ein Mitglied der Wahlkommission sagte am Freitag in Kairo, die beiden Politiker lägen nach der Auszählung von 90 Prozent der Stimmen mit Abstand vor den Mitbewerbern. Das offizielle Ergebnis der Wahl werde erst am Sonntag veröffentlicht, fügte er hinzu.
Islamist und Ex-Militär in Stichwahl
MOHAMMED MURSI (60): Der studierte Ingenieur gilt als wenig charismatisch. Ursprünglich waren ihm deshalb wenig Chancen zugestanden worden. Seine Organisation schickte ihn als „Ersatzmann“ ins Rennen, nachdem die Wahlkommission das Bruderschafts- Schwergewicht Chairat al-Schater von der Wahl ausgeschlossen hatte. Mursi saß für die Muslimbrüder von 2000 bis 2005 im Parlament. 2011 wurde er Vorsitzender der neuen Partei der Bruderschaft (Partei für Freiheit und Gerechtigkeit). Mursi gehört dem konservativen Flügel der Bewegung an, steht Al-Schater nahe und wirbt für eine „islamische Renaissance“.
AHMED SCHAFIK (70): Nach einer Karriere in der Luftwaffe wurde Schafik 2002 von Mubarak zum Minister für Zivilluftfahrt ernannt. Da sein Ruf weniger schlecht war als der anderer korrupter Elemente des alten Regimes, machte ihn Mubarak am 29. Januar 2011 – vier Tage nach Beginn der Massenproteste – zum neuen Regierungschef. Doch die Rechnung ging nicht auf. Mubarak trat schließlich zurück und der Oberste Militärrat, der im Februar die Macht übernahm, setzte Schafik am 3. März wieder ab. Aus Sicht der sogenannten Revolutionsjugend ist Schafik ein „Überbleibsel des alten Regimes“. Er gilt als Kandidat des Militärs, das ihn angeblich benutzen will, um seine Pfründe zu sichern.
Die Muslimbrüder, die seit den Parlamentswahlen zur Jahreswende bereits die größte Fraktion in der Volksvertretung stellen, feierten ihren Kandidaten Mursi schon in der Nacht zum Freitag als Sieger. Er werde mit Schafik in die Stichwahl gehen, erklärte Mursi am Freitagvormittag auf einer Pressekonferenz in Kairo.
Islamist auf Platz 1.
Schon nach Auszählung von 42 Prozent der abgegebenen Stimmen lag Mursi bei 24 Prozent, berichtete die Webseite der staatlichen Zeitung „Al-Ahram“ am Freitagmittag. Auch die unabhängige „Al-Masry Al-Youm“ sah den Islamisten mit 28 Prozent an erster Stelle unter den zwölf Kandidaten, die bei dem Urnengang am Mittwoch und Donnerstag zur Wahl gestanden hatten.
Die meisten Auswertungen sahen am Freitag den ehemaligen Ministerpräsidenten und Ex-Militär Ahmed Schafik knapp an zweiter Stelle vor dem linken Aktivisten Hamdien Sabbahi. Bei „Al-Ahram“ lag dieser allerdings mit 23,3 Prozent und einem hauchdünnen Vorsprung von 25.000 Stimmen vor Schafik (23 Prozent). „Al-Masry Al-Youm“ sah wiederum Schafik mit 21 Prozent und einem Prozentpunkt vor Sabbahi.
Beide Blätter gaben dem unabhängigen Ex-Muslimbruder Abdel Moneim Abul Futuh zwischen 18 und 19 Prozent. Seine Chancen, die zweite Runde zu erreichen, sind damit gering. Völlig abgeschlagen war der ehemalige Generalsekretär der Arabischen Liga, Amre Mussa. Neben Schafik der zweite Polit-Profi mit einer Vergangenheit im Mubarak- System, blieb er, wie auch Abul Futuh, unter den Erwartungen der Meinungsforscher.
Historischer Wahlgang
Der Urnengang galt als historisch. 52 Millionen Ägypter konnten erstmals in einer freien und von einem echten Wettbewerb geprägten Wahl über den ersten Mann im Staat bestimmen. Die Wahlbeteiligung lag nach inoffiziellen Angaben bei rund 50 Prozent.
Außenminister Guido Westerwelle (FDP) begrüßte die hohe Wahlbeteiligung. „Damit haben Millionen von Menschen in Ägypten ein klares Ausrufezeichen für eine demokratische Entwicklung des Landes gesetzt“, sagte Westerwelle in Berlin. Der Weg zur Demokratie müsse nun fortgesetzt werden. Dazu gehöre insbesondere, dass der Militärrat wie vereinbart bis Ende Juni die Macht in „demokratisch legitimierte Hände“ übergebe.
Die Wahl am Mittwoch und Donnerstag verlief weitgehend friedlich. Bei tätlichen Auseinandersetzungen vor Wahllokalen wurden nach offiziellen Angaben 61 Menschen verletzt. Zwei Personen starben an Herzinfarkten bei der Stimmabgabe. Ägyptische Wahlbeobachter berichteten aber auch von Stimmenkauf und Wählermanipulation in zahlreichen Wahllokalen. Beschwerden über Unregelmäßigkeiten gab es jedoch bislang nicht.
De Maart

Sie müssen angemeldet sein um kommentieren zu können