Weniger Krankmeldungen als im Ausland

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In Luxemburg melden sich die Arbeitnehmer weniger oft krank als in Deutschland und Belgien. Insgesamt sind die kurzzeitigen Krankmeldungen rückläufig, während es bei den Langzeit-Abwesenheiten eine deutliche Steigerung gibt.

Nach der Einführung des Einheitsstatuts im Jahr 2009 wurde beschlossen, das „Observatoire de l’absentéisme“ zu gründen. Zielsetzung war es, den Betrieben (sowohl dem Patronat als auch der Personaldelegation) die Möglichkeit zu geben, sich besser mit dem Krankenstand auseinanderzusetzen und die Daten des Betriebs mit den Durchschnittszahlen im Aktivitätssektor zu vergleichen, wie Sozialminister Mars di Bartolomeo gestern erläuterte. Das Zahlenmaterial beschränkt sich derzeit ausschließlich auf den Privatsektor.

Mehr Langzeit-Krankheiten

Die Abwesenheitsquote belief sich im Jahr 2011 auf 3,5 Prozent. Das ist ein leichter Anstieg (2010 lag sie bei 3,4% und 2008 bei 3,3%). Die ersten Daten für das Jahr 2012 deuten auf eine weitere Erhöhung hin.

Bei den ehemaligen Angestellten (die Bezeichnung bezieht sich auf die Klassifizierung vor der Einführung des Einheitsstatuts) lag die Quote letztes Jahr bei 2,6%. Bei den ehemaligen Arbeitern waren es 4,6%. Auch liegt der Prozentsatz bei den Grenzgängern (3,7%) etwas höher als bei den Residenten (3,3%).

47,2 Prozent der Arbeitnehmer waren letztes Jahr überhaupt nicht krankgemeldet. Im direkten Vergleich mit den Nachbarländern sind die Luxemburger deutlich weniger abwesend (siehe Grafik). Auch erklärt sich der Anstieg der Abwesenheitsquote in den letzten Jahren durch eine Erhöhung der langzeitigen Krankmeldungen. Die Kurzzeit-Krankmeldungen waren letztes Jahr sogar rückläufig. Diese Feststellung gilt für alle Altersklassen und ist unabhängig von Geschlecht, Wohnort oder Aktivitätssektor. Thierry Mazoyer von der Generalinspektion der Sozialversicherung (IGSS) erklärt, dass die Arbeitnehmer in Krisenzeiten mehr Angst um ihren Job haben und deswegen trotz Krankheit länger arbeiten gehen als in „normalen Zeiten“.

Mehr Stress und Müdigkeit

Das führt zu einer Akkumulation von Stress und Müdigkeit, was wiederum das Risiko von Langzeit-Krankheiten erhöht. In der Tat haben sich zwischen 2008 und 2011 auch die Krankheitsfälle wegen psychischer Probleme und Verhaltensstörungen von 0,20 auf 0,29 Prozent erhöht. Das entspricht einer Steigerung von 39%.

Die Vertreter des Salariats fühlen sich durch das Zahlenmaterial in ihren Analysen und Forderungen bestätigt. Alain Rassel vom LCGB erklärte, es gehe nicht darum, Druck auf die Beschäftigten auszuüben, die sich einen Tag krankmelden. Dadurch könne man die Lage sogar verschlimmern, weil das wahre Problem die länger dauernden Krankheiten sind, die durch Stress sowie schlechtes Arbeitsklima und -bedingungen ausgelöst werden können.

Der Vertreter des Arbeitgeber hatte es angeblich aus „Zeitgründen“ überraschenderweise nicht zur gestrigen Pressekonferenz geschafft. Carlos Pereira vom OGBL kritisierte, dass die Betriebsleitungen die Daten des „Observatoire de l’absentéisme“ nicht immer mit den Personaldelegationen teilen. Dies sei z.B. im Reinigungssektor der Fall, wo das Patronat immer über eine zu hohe Abwesenheitsquote klage, obwohl die Realität ganz anders aussehe.

Nützlich für Patronat und Personal

Deshalb fordern die Gewerkschaften, dass der Zugang der Personaldelegation zum Zahlenmaterial des „Observatoire“ obligatorisch wird. Arbeitsminister Nicolas Schmit versicherte gestern, dass dies künftig garantiert werde. Schmit und Di Bartolomeo wollen auch alle beide weiter für das „Observatoire“ werben, damit noch mehr Betriebe darauf zurückgreifen. Bislang sind es knapp über 30 Prozent.

Außerdem müsse man der Problematik der psychosomatischen Krankheiten, die sehr oft eng mit den Arbeitsbedingungen zusammenhängen, auf den Grund gehen. Diese Situation sei nicht nur für die Betroffenen schlecht. „Ein Betrieb, der seine Beschäftigten krank macht, ist auch nicht kompetitiv“, unterstrich Schmit.