Was ist am Giftgaseinsatz dran?

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(AP)

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Auch einen Tag nach dem mutmaßlichen Giftgas-Angriff in Syrien sind viele Fragen offen: Hat er überhaupt stattgefunden? Wenn ja: Wer ist dafür verantwortlich? Wem könnte er dienen?

Internationale Medien meldeten am Mittwoch, dass es in Damaszener Vororten zu einem Giftgas-Anschlag mit mehreren hundert Toten gekommen ist. Was ist wirklich passiert?

Klar ist, dass in der Nacht auf Mittwoch die östlichen, von Rebellen kontrollierten Vororte von Damaskus massiv bombardiert worden sind und es dabei vermutlich hunderte Todesopfer gegeben hat. Die syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte spricht von einem „Massaker“. Der Angriff wird von der syrischen Regierung nicht bestritten – im Gegensatz zum Vorwurf der Rebellen, dass das Regime dabei auch Chemiewaffen eingesetzt haben.

Gibt es Belege für einen Giftgasangriff?

Eine neutrale und professionelle Untersuchung, ob wirklich Giftgas einsetzt wurde, können einzig die internationalen Waffeninspektoren leisten, die sich derzeit in Damaskus aufhalten. Deren Leiter Åke Sellström signalisierte am Mittwoch Bereitschaft für eine Untersuchung. Gleichzeitig verwies er auf Ungereimtheiten: Die hohen Opferzahlen kamen ihm „verdächtig“ vor. Was daran ihm verdächtig vorkam, wollte Sellström nicht präzisieren.

Sind auf den dutzenden Videos von Rebellen, Anwohnern und Ärzten keine Beweise zu sehen?

Auf den Videos sind Menschen mit Giftgas-typischen Symptomen zu sehen: Krämpfe, Schaum vor dem Mund, verkleinerte Pupillen, Atemnot. Auch Zeugenaussagen von Ärzten weisen deutlich in Richtung Giftgas. Für ein abschliessendes Urteil müssen aber zwingend Umwelt- und Patientenproben entnommen und in einem Speziallabor der Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OPCW) untersucht werden.

Wann reisen die Waffeninspektoren in die Region?

Der UN-Sicherheitsrat hat das Mandat des Inspektoren-Teams bereits entsprechend erweitert. Doch momentan lasse die Sicherheitslage einen Zugang nicht zu, sagte der stellvertretende UNO-Generalsekretär Jan Eliasson nach einer Sondersitzung des UN-Sicherheitsrats. Zudem will die syrische Regierung kurzfristig keinen Besuch der UNO-Experten in dem umkämpften Gebiet östlich von Damaskus erlauben – was wiederum die Frage aufwirft, ob Damaskus etwas zu verbergen hat.

Könnte auch jemand anderes als das Assad-Regime hinter dem Angriff stecken?

Dass der Angriff genau dann stattfand, als die Waffeninspektoren ihre Arbeit hätten aufnehmen sollen, wirkt verdächtig. Der syrische Informationsminister Omran Zoubi nannte die Anschuldigungen der Rebellen „dumm“ und „naiv“. Die beiden Hauptverbündeten des Assad-Regimes äusserten sich ähnlich: Russland sprach von einer „geplanten Provokation“ der Opposition. Der iranische Aussenminister Mohammad Javad Zarif verdächtigt „terroristische Gruppierungen“.

Was ist mit der „roten Linie“, die US-Präsident Barack Obama vor Monaten beschworen hat? Steigt jetzt der Druck auf die westlichen Kräfte, im Syrien-Konflikt militärisch einzugreifen?

Der französische Außenminister Laurent Fabius drohte mit einer „Reaktion der Gewalt“, sollten sich die Vorwürfe bestätigen. Gleichzeitig schloss er eine Entsendung von Bodentruppen aus. US-Präsident Barack Obama, der den Einsatz von Chemiewaffen als „rote Linie“ bezeichnet hat, konnte sich nicht zu einem Eingreifen, etwa durch die Errichtung einer Flugverbotszone, durchringen.