Nach dem Abgleiten der Ukraine in bürgerkriegsähnliche Zustände ringt der Westen mit Russland um das Zustandekommen der für Ende Mai geplanten Präsidentenwahl. OSZE-Präsident Didier Burkhalter will am Mittwoch bei einem Treffen mit Kremlchef Wladimir Putin über Wege zur Stabilisierung des krisengeschüttelten Landes beraten.
Der Westen wirft Russland vor, die Wahl am 25. Mai torpedieren zu wollen. Die Regierung in Moskau erkennt die Übergangsregierung in der Ex-Sowjetrepublik nicht an. Sie fürchtet nach dem Sturz von Präsident Viktor Janukowitsch im Februar um ihren Einfluss in dem Land und der Region. Die neue prowestliche Regierung in Kiew wirft Moskau „Kriegstreiberei“ vor.
„Schlüssel für die Stabilisierung“
Kiews Regierungschef Arseni Jazenjuk betonte am Mittwoch, die „demokratische Wahl“ sei der Ausweg aus der Krise und der „Schlüssel für die Stabilisierung“ der Ex-Sowjetrepublik. Der schweizerische Bundespräsident Burkhalter hatte am Dienstag als ersten Schritt zur Beruhigung der Lage in der Ukraine eine Waffenruhe gefordert. Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) soll die Wahl mit gut 1000 Beobachtern begleiten und so einen fairen Ablauf sicherstellen.
In der Krisenregion gingen die Kämpfe am Mittwoch vorerst weiter. Medienberichten zufolge griffen Regierungstruppen erneut prorussische Kräfte in der Protesthochburg Slawjansk an. In der südostukrainischen Großstadt Mariupol nahe der Grenze zu Russland vertrieben Regierungskräfte nach Wochen der Besetzung prorussische Kräfte aus dem Gebäude des Stadtrates.
Dutzende Tote
Bei der „Anti-Terror-Operation“ im russisch geprägten Osten des Landes starben nach Informationen beider Seiten bereits zahlreiche Menschen, Dutzende wurden verletzt. Separatisten fordern dort mehr Eigenständigkeit bis hin zu einem Anschluss an Russland und haben mehrere Orte unter ihre Kontrolle gebracht. In den bevölkerungsreichen Regionen Lugansk und Donezk planen die Separatisten am kommenden Sonntag (11. Mai) Volksabstimmungen über die Unabhängigkeit der Gebiete. Solche Referenden sind nach ukrainischen Gesetzen nicht zulässig.
Der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier befürchtet, dass in der Region ein offener militärischer Konflikt mit unabsehbaren Folgen entsteht. Er macht sich deshalb für eine zweite internationale Krisenkonferenz zur Ukraine noch vor der Wahl am 25. Mai stark. Ob es dazu allerdings kommt, ist ungewiss. Die Kiewer Übergangsregierung hatte am Dienstag die Forderung Moskaus zurückgewiesen, die prorussischen Kräfte aus dem Osten an Verhandlungen zu beteiligen.
Bei einem ersten Treffen in Genf Mitte April hatten die EU, die USA, Russland und die Ukraine unter anderem einen Gewaltverzicht, eine Entwaffnung illegaler Einheiten und die Räumung besetzter Gebäude vereinbart. Umgesetzt werden die Beschlüsse allerdings bisher nicht.
Milliardenkredit
Die nahezu bankrotte Ukraine erhielt derweil die erste Tranche eines überlebenswichtigen Milliardenkredits des Internationalen Währungsfonds (IWF). In Kiew seien 3,19 Milliarden US-Dollar (2,29 Milliarden Euro) eingegangen, teilte die Nationalbank der Ex-Sowjetrepublik Medien zufolge mit. Insgesamt will der IWF 17 Milliarden Dollar bereitstellen. Russland fordert von dem Nachbarland weiter die Begleichung von Milliardenschulden für nicht bezahlte Gasrechnungen.
Die Nato erwägt unterdessen, dauerhaft Truppen in Osteuropa zu stationieren. Der oberste Nato-Kommandeur, General Philip Breedlove, sagte am Dienstag vor Journalisten in Ottawa: „Ich denke, das ist etwas, was wir erwägen müssen“. Die Idee werde den politischen Führern der Mitgliedsstaaten zur Diskussion vorgelegt, und es sei abzuwarten, was dabei herauskomme, erklärte der US-General nach Angaben des kanadischen Senders CBC.
De Maart

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